Vatikanstadt (Fides) – In aller Welt stehen Missionare und Ordensleute beim Kampf gegen das Phänomen des Menschenhandels mit seinen tragischen und ruinösen Auswirkungen auf oft arme und mittellose Bevölkerungsgruppen an vorderste Front und engagieren sich in Zusammenarbeit mit den Kirchen in Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien für die Rettung von Opfern und ausgebeuteten Menschen und prangern gleichzeitig Ungerechtigkeiten und kriminelle Machenschaften der Menschenhändler an, um eine gerechtere und brüderlichere Gesellschaft aufzubauen.
Auf Empfehlung der zweiten „Santa Marta“-Regionalkonferenz für Afrika, die im vergangenen Herbst in Nairobi stattfand, sollen die verschiedenen Bischofskonferenzen in afrikanischen Ländern spezielle Büros einrichten, die sich mit dem Phänomen des Menschenhandels befassen. In der so genannten "Santa Marta"-Gruppe schließt sich eine globale Allianz von Polizei, Bischofskonferenzen und Ordensgemeinschaften zusammen, die in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft im Kampf gegen den Menschenhandel tätig sind, den Papst Franziskus als "Verbrechen gegen die Menschheit" bezeichnet. Die Gruppe empfahl den verschiedenen Bischofskonferenzen bei der Bekämpfung des traurigen Phänomens des Menschenhandels mit den Polizeibehörden, der Justiz, der Einwanderungsbehörde und den Polizeikräften zusammenzuarbeiten. Der Vorsitzende der Kenianischen Bischofskonferenz, Erzbischof Philip Anyolo von Kisumu forderte "die Schaffung wirksamer Partnerschaften und Kooperationen mit dem Ziel, die Nabelschnur des Menschenhandels und der Sklaverei in unserer Zeit zu durchtrennen". "Es sollte nicht vergessen werden", so Präsident der „Santa Marta“-Gruppe und Erzbischof von Westminster, Kardinal Vincent Gerard Nichols, Erzbischof von Westminster, ,,dass der Menschenhandel ein extrem gewinnbringendes kriminelles Unternehmen ist und dass die Geldgier die Gleichgültigkeit der Menschenhändler gegenüber der Menschenwürde keine Grenzen kennen. Sie müssen gestoppt und die Opfer gerettet, geliebt und unterstützt werden".
In Südasien ist das Phänomen alarmierend. In Bangladesch agieren kriminellen Organisationen, die lokale Menschenhändler damit beauftragen, junge Frauen zu suchen, oft in Stammesgemeinschaften, und sie mit dem Versprechen der Aussicht auf ein erfolgreiches und glückliches Leben im Ausland ihren Familien zu entreißen. Davon berichtet die 28-jährigen Katholikin Ranjita: Sie kehrte mit ihrer dreijährigen Tochter von der Schule nach Hause zurück. Zwei Frauen mit Burka hielten sie an und sagten ihr, dass sie in eines von der Regierung finanziertes Wohnungsbauprogramm aufgenommen werden könnte. Sie boten ihr etwas zu essen an, woraufhin die Frau das Bewusstsein verlor: Als sie aufwachte, befand sie sich an einem unbekannten Ort, in einem verschlossenen Raum, der von dem Muslim Athur Rahman Hasan bewacht wurde. In der Vergangenheit hatte sich der Mann oft dem Dorf vorgestellt und sich fälschlicherweise als Mitglied der lokalen Behörden ausgegeben, die bereit waren, bedürftigen Familien zu helfen. Bangladesch ist nach Angaben der Ortskirche eines der Gebiete in Asien, in denen das Phänomen des Menschenhandels besonders ausgeprägt ist. Offiziellen Angaben zufolge werden jährlich rund 50.000 bangladeschische Mädchen entführt und nach Indien gebracht oder durch Indien in andere Länder weitergeleitet. Polizeiberichten zufolge entführen Banden von Menschenhändlern sollen dann in Libyen und im Iran bangladeschische Frauen, die Arbeit im Ausland suchen, entführen und sie gefangen halten. Vor allem arme und bedürftige Menschen werden Opfer von Menschenhandel.
"Der Menschenhandel ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Wir müssen unsere Kräfte vereinen, um dieses Verbrechen zu stoppen, das immer aggressiver wird und nicht nur den Einzelnen, sondern auch die Grundwerte der Gesellschaft bedroht", so Kim Rattana, Direktor der Caritas Kambodscha und Vertreter der Task Force zur Bekämpfung des Menschenhandels in der Subregion Mekong. "Unsere Mission ist es, für die Bekämpfung des Menschenhandels, die Förderung der Menschenwürde, die weltweite Solidarität und die Stärkung der Menschen entlang des Mekong zu arbeiten", betont er, "das Phänomen wird immer komplexer." "Es ist dringend notwendig, die Bürger durch Ausstellungen, Austausch von Videos, Konferenzen, interreligiöse Gebete, Märsche und Webbotschaften für Fragen des Menschenhandels zu sensibilisieren", so Rattana, der das Thema in den Mittelpunkt der Arbeit des "Interkonfessionellen Forums in Kambodscha", zu dem Mitglieder der kambodschanischen Regierung und religiöse Organisationen gehören. Öffentliche und private Körperschaften, Laienorganisationen und verschiedene Ordensgemeinschaften in Südostasien verpflichteten sich, den Menschenhandel zu bekämpfen und die ‚moderne Sklaverei‘ zu beenden", so Chou Bun Eng, Vizepräsident der Nationalen Kommission zur Bekämpfung des Menschenhandels. In den letzten Jahren wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, um einen Weg des interreligiösen Dialogs zur Bekämpfung des Menschenhandels zu beschreiten. Kambodscha, so die Caritas, sei ein Transit- und Zielland für Männer, Frauen und Kinder, die Zwangsarbeit und sexueller Ausbeutung ausgesetzt sind. Erwachsene und Kinder aus Kambodscha gehen in andere Länder der Region und zunehmend in den Nahen Osten, um dort zu arbeiten. Viele sind auch dort der Zwangsarbeit ausgesetzt oder landen in der Sklaverei bei in der Landwirtschaft, im Bauwesen, in der Industrie oder als Hausangestellte.
"Illegale Aktivitäten wie der Handel mit Menschen aus dem Ausland sind dramatisch normal geworden", beklagen die Caritas und die Kommission "Gerechtigkeit und Frieden" der Bischofskonferenz von Papua-Neuguinea und den Salomonen in Ozeanien in einem gemeinsamen Schreiben. Die Kirche beabsichtigt den bereits in diesem Sektor tätigen Polizeikräften zusammenzuarbeiten, um das Phänomen durch einen multidisziplinären Ansatz angemessen zu untersuchen und die Ursachen und die Prozesse sowie die beteiligten kriminellen Gruppen zu identifizieren. Menschenhandel ist auch in Papua-Neuguinea ist ein sehr komplexes Problem: Laut einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Lokalzeitung "Post Courier" üben mehrere ausländische multinationale Unternehmen Tätigkeiten aus, für die sie keine Lizenzen besitzen und die den Gesetzen Papuas zuwiderlaufen. Die Ortskirche ruft zu mehr Zusammenarbeit bei der Sensibilisierung für den Menschenhandel auf, um Opfer besser zu schützen.
(Fides 8/2/2020)