Bagdad (Fides) - Die „Alte Kirche des Ostens“ trauert um ihren Patriarchen Mar Addai II. Giwargis, der am 11. Februar im Alter von 74 Jahren gestorben ist. Mit dem Tod ihres Patriarchen beginnt eine neue Zeit für die für die kleine, aber nicht unbedeutende Kirche der assyrischen Kirchenfamilie. Die „Alte Kirche des Ostens“, die etwa 70.000 Mitglieder zählt, hat ihre Wurzeln im frühen Christentum und ist aus einer Spaltung der Assyrischen Kirche des Ostens hervorgegangen. Zusammen mit der chaldäischen und der assyrischen Kirche des Ostens schöpft die Kirche, die bis heute von Mar Addai II. geleitet wurde, aus dem Erbe der ersten alten Kirche des Ostens, die das Christentum zuerst nach Persien, Indien und China brachte.
Das Schisma, das zur Gründung der „Alten Kirche des Ostens“ führte, erfolgte 1964 als Reaktion auf die liturgischen Reformen, die von Patriarch Schimun XXII., dem damaligen Oberhaupt der Assyrischen Kirche des Ostens, eingeführt wurden. Zu dieser Zeit lebte Patriarch Schimun im Exil in den Vereinigten Staaten, nachdem er 1933 aus dem Irak vertrieben worden war. Als Jugendlicher hatte er eine britische Ausbildung unter der Schirmherrschaft des Primas der Kirche von England erhalten. Seine Entscheidung, die Fastenzeit zu verkürzen und den gregorianischen Kalender zu übernehmen, rief im Irak eine Reaktion der kirchlichen Kreise hervor, die seit langem die damals geltende Praxis der erblichen patriarchalischen Sukzession (bei der das Amt des Patriarchen von Onkel zu Neffe weitergegeben wurde) anfechten und sich gegen weitere "Neuerungen" wehren, die aus dem Ausland auferlegt wurden.
Der Teil des Klerus, der dadurch in einen Konflikt mit Patriarch Shimun XXII. Geriet, stellte sich fortan unter die Jurisdiktion von Bischof Thoma Darmo, der 1969 zum Patriarchen geweiht wurde, seinen Sitz in Bagdad einrichtete und begann, die neue kirchliche Struktur, die so genannte Alte Kirche des Ostens, zu leiten. Nach dem Tod von Thoma Darmo im Jahr 1970 wurde Mar Addai II. zu seinem Nachfolger gewählt, der das Amt bis zu seinem Tod innehatte.
In den langen Jahrzehnten des Patriarchats von Mar Addai verbesserten sich die Beziehungen zwischen der Assyrischen Kirche des Ostens und der Alten Kirche des Ostens: In den 1970er Jahren schaffte der assyrische Patriarch Mar Dinkha IV. den erblichen Charakter der patriarchalischen Nachfolge innerhalb der Assyrischen Kirche des Ostens ab. Im Jahr 1999 erkannte die Synode der Assyrischen Kirche des Ostens die Gültigkeit aller von der Alten Kirche des Ostens verliehenen Bischofs- und Priesterweihen an. Im Jahr 2006 kehrte die Assyrische Kirche des Ostens dazu zurück, Ostern nach dem julianischen Kalender zu feiern, während die von Mar Addai geleitete Kirche auch ein Zeichen der Offenheit gegenüber den getrennten Brüdern der Assyrischen Kirche des Ostens setzte und 2010 begann, Weihnachten nach dem gregorianischen Kalender zu feiern. Mar Awa III., der derzeitige Patriarch der Assyrischen Kirche des Ostens, sprach nun im Namen seiner gesamten Kirche sein Beileid an die Synode der Alten Kirche des Ostens aus.
Im Juni 2015 machte der chaldäische Patriarch Louis Raphael Sako den Vorschlag, die vollständige Einheit der drei kirchlichen Gemeinschaften unter der Leitung eines einzigen Patriarchen wiederherzustellen. Dieser Vorschlag wurde bisher jedoch nicht konkretisiert. Die Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft würde aber auch dazu beitragen, das Überleben der einheimischen christlichen Gemeinschaften im gesamten Nahen Osten gemeinsam zu sichern. Ein Weg, der gewinnbringend auf die Erfahrung der Gemeinschaft des ersten christlichen Jahrtausends zurückblicken könnte - wie auch Papst Franziskus mehrfach vorgeschlagen hat. Der offizielle theologische Dialog zwischen der katholischen Kirche und der Assyrischen Kirche des Ostens wurde 1984 aufgenommen und führte 1994 zur Gemeinsamen Christologischen Erklärung, in der sich Katholiken und assyrische Christen zum gemeinsamen Glauben an Christus bekannten.
(GV) (Fides 15/2/2022)