ASIEN/SYRIEN - Patriarch Yohanna X. ruft zur Zusammenarbeit auf: “Unser Kreuz wird weiterhin den Halbmond der Toleranz in diesem Land umarmen”

Donnerstag, 2 Januar 2025 ostkirchen   krisengebiete   politischer islam  

Damaskus (Fides) - „Wir haben unsere Hand ausgestreckt, um mit euch beim Aufbau des neuen Syriens zusammenzuarbeiten, und wir erwarten, dass Herr al-Sharaa und seine neue Regierung uns ihrerseits ihre Hand zu uns ausstrecken“, so der griechisch-orthodoxe Patriarch von Antiochien, Yohanna X., in seiner Neujahrspredigt am Dienstag, den 1. Januar in der griechisch-orthodoxen Kathedrale von Damaskus.
In seiner eindringlichen Predigt bat der Patriarch Ahmed al-Sharaa, auch bekannt als Abu Muhammad al-Dschaulani, den Führer der Hayat Tahrir al Sham (HTS), der die Offensive anführte, die zum Sturz des Regimes von Bashar al Assad führte, ausdrücklich um seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Al-Scharaa wird unterdessen auch in internationalen politischen und medialen Kreisen als „starker Mann“ des „neuen Syrien“ gehandelt.
In seiner Neujahrspredigt erinnerte der griechisch-orthodoxe Patriarch von Antiochien an die historischen Wurzeln der christlichen Gemeinden in Syrien: „Zeitalter und Epochen sind vergangen. Königreiche und Reiche folgten einander. Die Wurzel unseres Lebens in diesem Land war immer der Glaube, den wir aus dem Munde der Apostel gehört haben“.
Patriarch Yohanna X. erinnerte in diesem Zusammenhang insbesondere die Beteiligung des griechisch-orthodoxen Patriarchats von Antiochien an allen historischen Bemühungen um den nationalen Zusammenhalt, die nach dem Ende des Osmanischen Reiches darauf abzielten, in Syrien eine arabische politische Souveränität zu errichten, die auf der brüderlichen Zusammenarbeit zwischen Christen und Muslimen beruht, frei von äußeren Einmischungen. So erinnerte der Patriarch auch an Patriarch Elias IV. Moawad, dem „Patriarchen der Araber“, der im Februar 1974 auf dem islamischen Gipfel in Lahore (Pakistan) in arabischer Sprache sprach und seine Stimme als Sprecher aller Muslime und Christen erhob.
Auch in der aktuellen Phase, so Yohanna X. weiter, scheine die Ausarbeitung einer „modernen Verfassung“ von grundlegender Bedeutung zu sein, die die Teilhabe aller fördere und die Logik sektiererischer Spaltung überwinde. „Unser Kreuz“, bekräftigte der Patriarch, “wird weiterhin den Halbmond der Toleranz in diesem Land umarmen“.
Der Patriarch erinnerte auch an das „gekreuzigten Palästinas“ und die Krise im Libanon und forderte die libanesischen Politiker auf, „so bald wie möglich einen Präsidenten zu wählen“. Das abschließend Gebet des Patriarchen galt den beiden Metropoliten von Aleppo, dem syrisch-orthodoxen Mar Gregorios Yohanna Ibrahim und dem griechisch-orthodoxen Boulos Yazigi (Bruder von Patriarch Yohanna X.), die 2013 entführt wurden und bis heute vermisst sind.
Zeitgleich traf sich der HTS-Führer Ahmed al-Scharaa nach Angaben des neuen „Syrischen Generalkommandos“ ebenfalls am Dienstag, dem 1. Januar, mit Vertretern der christlichen Gemeinschaften in Syrien und veröffentlichte Fotos des Treffens über seine sozialen Netzwerke.
(GV) (Fides 2/1/2025)


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