ASIEN/HEIIGES LAND - Kommission für Gerechtigkeit und Frieden: Der Krieg in Gaza ist kein „gerechter Krieg“

Montag, 1 Juli 2024 mittlerer osten   gerechtigkeit   frieden   kriege   theologie   morallehre   krisengebiete  

Jerusalem (Fides) - "Als Katholiken des Heiligen Landes, die die Vision von Papst Franziskus für eine friedliche Welt teilen, sind wir empört darüber, dass politische Akteure in Israel und im Ausland die Theorie des "gerechten Krieges" benutzen, um den andauernden Krieg in Gaza aufrechtzuerhalten und zu legitimieren", so die Kommission für Gerechtigkeit und Frieden des Heiligen Landes in einem Dokument, das veröffentlicht wurde, um auf die missbräuchliche Verwendung eines Ausdrucks - des "gerechten Krieges" – hinzu7weisen, der in der katholischen Lehre verwendet wurde und der heute, "was uns Christen beunruhigt, zunehmend zur Rechtfertigung der anhaltenden Gewalt in Gaza verwendet wird".
Das Dokument der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden des Heiligen Landes (vgl. beigefügte Originalversionen auf Englisch und Arabisch) erinnert an die unabdingbaren Bedingungen vor, die es ermöglichen, einen "gerechten" Krieg aus der Sicht der katholischen Lehre zu definieren, die auch im Absatz 2309 des Katechismus der Katholischen Kirche zu finden sind.
Nach der katholischen Lehre ist der Rückgriff auf Waffen nur dann legitim, wenn es sich um eine Aggression handelt, die schwerwiegenden und dauerhaften Schaden und Unrecht verursacht hat, und wenn sich alle anderen Mittel zur Verhinderung des Schadens und zur Beendigung der Aggression als undurchführbar und unwirksam erwiesen haben; außerdem muss die bewaffnete Reaktion eine begründete Aussicht auf Erfolg haben und darf unschuldigen Menschen keine Zerstörung und kein Leid zufügen, das größer ist als das zu beseitigende Übel.
Nach "den schrecklichen Angriffen vom 7. Oktober auf Militäreinrichtungen, Wohngebiete und ein Musikfestival im Süden Israels durch die Hamas und andere Militante und dem katastrophalen Krieg, den Israel als Antwort darauf geführt hat", heißt es in dem auf Sonntag, den 30. Juni, datierten Dokument der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, "haben hochrangige Katholiken, angefangen bei Papst Franziskus, immer wieder einen sofortigen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln gefordert. Auch katholische Moraltheologen in aller Welt haben betont, dass weder die Hamas-Angriffe vom 7. Oktober noch Israels verheerender Antwortkrieg die Kriterien eines 'gerechten Krieges' nach der katholischen Lehre erfüllen".
Wie bereits festgestellt wurde, ist es bei dem neuen Ausbruch von Gewalt im Heiligen Land "aufgrund der fehlenden Zielsetzung Israels unmöglich zu beurteilen, ob es 'ernsthafte Aussichten auf Erfolg' gibt. ‚Gerechte Kriege‘ müssen vor allem klar zwischen Zivilisten und Kämpfenden unterscheiden, ein Prinzip, das in diesem Krieg von beiden Seiten mit tragischen Folgen ignoriert wurde. ‚Gerechte Kriege‘ müssen auch eine verhältnismäßige Gewaltanwendung beinhalten, was in einem Krieg, in dem die palästinensischen Opfer um Zehntausende höher sind als die israelischen, und in dem die eindeutige Mehrheit der palästinensischen Opfer Frauen und Kinder sind, nicht ohne weiteres behauptet werden kann".
„Die zweifelhafte Anwendung der Theorie des 'gerechten Krieges' auf moderne Konflikte", heißt es in dem Dokument von „Justitia et Pax“, "hat zu der Vorstellung geführt, dass es 'gerechte' Kriege nur in sehr seltenen Fällen geben kann. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung der modernen Waffenindustrie, die in der Lage ist, Tod und Zerstörung in unbekanntem Ausmaß zu verursachen".
Das Dokument zitiert auch die ständigen Mahnungen von Papst Franziskus, der bereits am 11. Oktober 2023, vier Tage nach den palästinensischen Angriffen auf den Süden Israels, "an das israelische Recht auf Selbstverteidigung nach dem Angriff der Hamas erinnert hat“, aber auch hinzugefügt, dass er besorgt sei "über die totale Belagerung, unter der die Palästinenser im Gazastreifen leben, wo es auch viele unschuldige Opfer gegeben hat".
Es werde auch vorgegeben - so das Dokument der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden im Heiligen Land - "dass der Krieg den Regeln der 'Verhältnismäßigkeit' folgt, indem man behauptet, dass ein Krieg, der bis zum Ende andauert, das Leben von Israelis in der Zukunft retten könnte und die Tausenden von palästinensischen Opfern in der Gegenwart auf die andere Seite der Skala stellt. Auf diese Weise wird der Sicherheit hypothetischer Menschen in der Zukunft Vorrang vor dem Leben lebender, atmender Menschen gegeben, die jeden Tag getötet werden. Kurz gesagt, bei der Manipulation der Sprache der Theorie des ‚gerechten Krieges‘ geht es nicht nur um Worte: Sie hat greifbare und fatale Folgen".
"Obwohl wir eine kleine Gemeinschaft im Heiligen Land sind", heißt es in dem Dokument der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, "sind wir als Katholiken ein wesentlicher Bestandteil der Identität dieses Landes. Wir wollen deutlich machen, dass wir und unsere theologische Tradition nicht dazu benutzt werden dürfen, diese Gewalt zu rechtfertigen. Das Zeugnis, das wir ablegen, ist nicht das des Krieges, sondern das der verwandelnden Liebe, der Freiheit und Gleichheit, der Gerechtigkeit und des Friedens, des Dialogs und der Versöhnung".
(GV) (Fides 1/7/2024)


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