Seoul (Fides) - Die „People Power Party“ (PPP), die Regierungspartei des koreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol, diskutiert angesichts der Reaktionen der Bevölkerung und der Bemühungen des Parlaments, das ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten zu organisieren versucht, intern über einen möglichen Rücktritt Yoons im kommenden Februar. Die PPP spricht in diesem Zusammenhang von möglichen vorgezogenen Neuwahlen im April oder Mai 2025 und hat, um einen möglichst „reibungslosen“ Übergang zu ermöglichen, den Präsidenten „unter Vormundschaft“ gestellt, womit er nicht mehr an den Staatsgeschäften beteiligen wird.
Die Oppositionsparteien hingegen bringen im Parlament Anträge auf ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten ein, und für den 14. Dezember ist ein neues Misstrauensvotum im Parlament geplant. In der Zwischenzeit hat die koreanische Staatsanwaltschaft am 3. Dezember einen Haftbefehl gegen Verteidigungsminister Kim Yong-hyun erlassen, der beschuldigt wird, sich mit Präsident Yoon Suk Yeol im Hinblick auf die Verhängung des Kriegsrechts am 3. Dezember verbündet zu haben. Dem Minister wird vorgeworfen, die Armee angewiesen zu haben, das Parlament militärisch zu blockieren, das laut Verfassung von der Verhängung des Kriegsrechts hätte in Kenntnis gesetzt werden müssen: Das Parlament hätte so die Beendigung des Kriegsrechts durch eine Mehrheitsentscheidung verlangen können.
Unterdessen befürworten auch in der katholischen Glaubensgemeinschaft Gruppen, Verbände und Pfarreien öffentlich das Amtsenthebungsverfahren: Die Bewegung „Catholic Climate Action“ lud zu einer Gebets- und Aufklärungskampagne vor dem Gebäude der Nationalversammlung ein an der etwa 200 Gläubige teilnahmen, und forderte in diesem Rahmen das Amtsenthebungsverfahren und das umfassende Engagement der Christen „für das Gemeinwohl“. Pater Lim Hyeon-ho, stellvertretender Vorsitzender des der Abteilung für Umweltpastoral der Erzdiözese Seoul, erklärte am Rande der Veranstaltung: „In der Politik geht es um Liebe und Dienst am Gemeinwohl, aber die derzeitige Politik verursacht in Wirklichkeit Schmerz und Leid“. Pater Park Joo-ryung, ein weiterer teilnehmender Priester, betonte: „Die derzeitige Situation ist möglicherweise auch das Ergebnis unserer Nachlässigkeit, Gleichgültigkeit und Verantwortungslosigkeit: Wir sind nun aufgerufen, darüber nachzudenken und gemeinsam zu handeln“. Die anwesenden Bürgerinnen und Bürger forderten die Abgeordneten, insbesondere die Mitglieder der „People Power Party“, Yoons eigener Partei, auf, für ein Amtsenthebungsverfahren zu stimmen.
Pfarrer Cho Seung-hyeon, Priester und Journalist im Mediendienst der koreanischen Bischofskonferenz, erklärt: „Durch dieses illegale Kriegsrecht ist das Vertrauen des Volkes in Präsident Yoon in unserer demokratischen Republik erschüttert worden. Wer würde einem Präsidenten folgen, der Soldaten in die Nationalversammlung schickt, nur weil er nicht bekommt, was er will?“. Er fährt fort: „Rufe nach dem Rücktritt des Präsidenten kommen aus allen Gesellschaftsschichten und aus der politischen Welt. Die sechs Oppositionsparteien beschuldigen ihn des Verrats. Der koreanische Gewerkschaftsbund hat einen unbefristeten Generalstreik begonnen und fordert seinen Rücktritt“.
Auch die Nationale Kommission für Gerechtigkeit und Frieden und die Vereinigung der Ordensoberen haben sich in diesem Sinne geäußert. In einer gemeinsamen Erklärung, die auch von anderen Gremien wie den „Kommissionen für Gerechtigkeit und Frieden“ der koreanischen Diözesen unterzeichnet wurde, heißt es: „Wir fordern die Nationalversammlung, die Vertreter des Volkes, auf, den Präsidenten so schnell wie möglich mit einem Amtsenthebungsverfahren zu konfrontieren“. „Der Präsident muss zurücktreten, und wenn er das nicht tut, müssen die Nationalversammlung und das Verfassungsgericht Berufung einlegen und die Amtsenthebungsmaßnahme so schnell wie möglich verabschieden.“ Dieser Schritt sei notwendig, „um ein nationales Chaos zu verhindern“. „Jetzt ist es an der Zeit zu zeigen, dass das Volk regiert und dass der Präsident nicht der Herr des Landes ist“, heißt es abschließend.
Südkorea blickt auf eine lange Geschichte autoritärer Militärregierungen und Diktaturen zurück, und das politische Bewusstsein der Südkoreaner ist von dieser historischen Erinnerung geprägt. Was am 3. Dezember mit dem Kriegsrecht und dem Eingreifen der Armee geschah, rief diese Erinnerung in das Bewusstsein der Bürger zurück.
(PA) (Fides 10/12/2024)