ASIEN/INDONESIEN - Interreligiöse Familien, Indonesiens Aushängeschild: Diese Priester sind Söhne muslimischer Mütter

Mittwoch, 28 August 2024 ortskirchen   familien   dialog  

Von Paolo Affatato

Jakarta (Fides) - Bei den Feierlichkeiten zu seiner Bischofsweihe erwähnt Ciprianus Hormat, Bischof von Ruteng auf der indonesischen Insel Flores, fast beiläufig die breite und begeisterte Teilnahme seiner „muslimischen Verwandten“. Dies ist ein beredtes Zeichen dafür, dass „interreligiöse“ Familien eine weit verbreitete und allgegenwärtige Realität in der indonesischen Gesellschaft darstellen. Eine Realität, in der man im alltäglichen Leben eine Haltung erlebt, die die spirituelle Erfahrung des anderen begrüßt, was auch immer das sein mag: selbst wenn es sich um Kinder handelt, die vielleicht einen anderen Glauben als den ihrer eigenen Familie wählen. „Dies gilt auch, wenn es darum geht, die Berufung zum Priester- und Ordensleben zu respektieren und nicht zu behindern, wenn diese auch von Eltern oder Familienmitgliedern, die sich zum Islam oder zu einem anderen Glauben bekennen, als Geschenk angenommen wird“, betont der Bischof von Ruteng. „Es herrschen familiäre Bindungen vor, und auf geistlicher Ebene wird der Glaube eines jeden Verwandten ernsthaft respektiert, in dem Bewusstsein, dass die Harmonie ein kostbares Geschenk ist, das es zu bewahren gilt“, stellt er fest.
Die Lebensgeschichten von vier indonesischen Priestern aus interreligiösen Familien „zeigen, dass Unterschiede keine Hindernisse sind, dass das geistliche Leben immer ein Reichtum ist, dass die familiäre Bindung ein Geschenk Gottes ist und Bestand hat. Soutane und Schleier sind keine Hindernisse für die Harmonie, sondern Zeichen der Geschwisterlichkeit“, sagte der Bischof und zitierte die Geschichte von zwei Mitgliedern des Ordens der Steyler Missionare, Pater Robert Belarmin Asiyanto und Pater Agustin Horowura, die beide von der Insel Flores stammen; von Pfarrer Mayolus Jefrigus Ghoba aus Sumba und von Pater Edi Prasetyo, einem indonesischen Dehonianer-Priester (von der Kongregation des Heiligsten Herzens Jesu), der im benachbarten Malaysia zusammen mit anderen Mitbrüdern seiner Kongregation zum Priester geweiht wurde.
Auf Flores, einer indonesischen Insel im Osten des Archipels, in der Zivilprovinz Ost-Nusa Tenggara, beginnt die Geschichte von Robertus Belarminus Asiyanto, der 2015 im Alter von 31 Jahren im „St. Paul Ledalero“-Seminar in Maumere zum Priester geweiht wurde.
In dem südostasiatischen Archipel, das mit mehr als 275 Millionen Einwohnern, die zu 85 % Muslime sind, als das bevölkerungsreichste Land mit muslimischer Mehrheit in der Welt bekannt ist, gilt Flores als das „katholische Herz Indonesiens“, weil es unter den 17 000 Inseln eine Ausnahme darstellt: Es ist eine Insel mit katholischer Mehrheit, auf der von den etwa 4 Millionen Einwohnern 80 % Katholiken sind. Flores ist die Insel, auf der die großen und kleinen Seminare mit jungen Menschen überfüllt sind, und wo es zahlreiche Berufungen zum Priestertum und zum geweihten Leben gibt. Sogar Papst Franziskus hat in seiner Predigt bei der Messe zum Tag des geweihten Lebens 2022 angesichts der Berufungskrise daran erinnert, dass man „auf eine Insel Indonesien (Flores, Anm. d. Red.) gehen könne, um welche zu finden“.
Robert Belarmin Asiyantos Mutter, Siti Asiyah, gab als Muslimin ihrem Sohn ihren Segen und unterstützte ihn. Bei der Priesterweihe trug sie islamische Kleidung, einschließlich des Hidschabs, und war zusammen mit den anderen Eltern bei der Eingangsprozession dabei. Die Frau legte ihre Hände auf den Kopf ihres Sohnes und sagte, sie sei sehr glücklich darüber, dass ihr Sohn zum katholischen Priester geweiht wurde. An diesem Tag applaudierten alle Anwesenden ihrer Geste und ihrer öffentlichen Erklärung, die sie während der Weihezeremonie voller Rührung abgegeben hatte. Asiyanto ist seit seiner Kindheit mit dem Einverständnis beider Elternteile katholisch. Mit dem starken Wunsch, seiner priesterlichen Berufung nachzugehen, ging er ins Seminar der Steyler Missionare und bat um den Segen seiner Mutter. Sie sagte: „Folge deinem Herzen“. Eine Mutter, die ihren Sohn mit „dem größten Geschenk im Sinn, der Freiheit, Priester zu werden“, erzogen hat, sagt Pater Robert heute über seine muslimische Mutter.
Der 30-jährige indonesische Priester und Missionar, Pater Agustin Horowura, gehört ebenfalls der Gesellschaft der Steyler Missionare an und ist heute Pfarrer in Brasilien. Seine Berufungsweg begann ebenfalls in Flores und er wuchs im Seminar der Steyler Missionare in der Diözese Maumere (eine der fünf Diözesen von Flores) auf. Schon in jungen Jahren verspürte er den Wunsch, „ganz Gott zu gehören“. Dies erzählte er seinem Vater, einem Katholiken, und seiner Mutter, einer Muslimin. Und die Frau begleitete den kleinen Jungen seit seiner Kindheit zum Katechismus in die katholische Gemeinde und kam seinem Wunsch nach, an der Vorbereitung auf die Erstkommunion und später auf die Firmung teilzunehmen. Ohne zu zögern stimmte sie sich dann mit dem Rektor über seinen Eintritt ins Priesterseminar ab: Agustin wollte Priester werden.
Nach einem Weg, auf dem ihn seine Eltern immer unterstützt haben, kam am Tag seiner Priesterweihe Agustins Familie, katholische Tanten und Onkel, muslimische Großeltern, Verwandte und Freunde, zusammen, um die Freude über eine Lebensentscheidung zu teilen, die für alle, ob Christen oder Muslime, als wertvolles Geschenk angesehen wird, denn „in Indonesien wird die Anwesenheit von Familien mit Angehörigen verschiedener Glaubensrichtungen ganz selbstverständlich gelebt, ohne Vorurteile oder Probleme“, sagte der Pfarrer heute und dankte „meinem Vater, meiner Mutter, allen katholischen und muslimischen Familienmitgliedern: Ihre Unterstützung hat meine Schritte gestärkt“. Heute empfindet er „große Freude, wenn ich an meine Priesterweihe zurückdenke, weil ich meine Familie vereint sehe und alle muslimischen Verwandten, die mit mir in der Kirche und bei der Feier teilnehmen und sich mit mir freuen wollten“.
Auch auf der Insel Sumba, die zur Inselgruppe der Sundainseln gehören, berichtet Pater Frederikus Mayolus Jefrigus Ghoba von der „Atmosphäre der geistigen Gemeinschaft, die er mit seinen muslimischen Verwandten teilte, als er in der Kathedrale von Waitabula zum Priester geweiht wurde“. Die starke menschliche und spirituelle Bindung, so sagt er, hält bis heute an und wird im Laufe der Jahre immer stärker.
Pater Edi Prasetyo (SCJ), ein katholischer Priester der Kongregation vom Heiligsten Herzen Jesu (Dehonianer), erinnert sich mit Rührung an die Umarmung seiner Großmutter, einer glühenden Muslimin, die bei seiner Priesterweihe in Malaysia, wo er zusammen mit anderen Mitbrüdern im Jahr 2019 die Weihe empfing, anwesend war, und sagt: „Alle Mitglieder der Großfamilie und Verwandten der Familien beider Elternteile, christlich und muslimisch, waren bei dieser Feier und vielen anderen anwesend, zur großen Freude aller“.

Islamisch-christliche Familien sind über das ganze Land verstreut.
Auf der Insel Sumatra, wo die soziale und religiöse Situation sehr unterschiedlich ist und die Christen eine kleine Minderheit darstellen, hat die Geschichte zweier Zwillingsschwestern, die zwei unterschiedliche Wege eingeschlagen haben, Aufmerksamkeit erregt und ein Beispiel für Koexistenz und tiefe Zuneiugung geliefert. Die eine ist gläubige Muslimin, folgt den Praktiken ihres Glaubens und nimmt an der Pilgerfahrt nach Mekka teil; die andere ist katholisch und ist in den Orden der Töchter Unserer Lieben Frau vom Heiligsten Herzen von Merauke im indonesischen Papua eingetreten. Beide empfinden eine innige Liebe füreinander und haben eine enge Beziehung zu ihrer Familie, zu der sie gerne zurückkehren und wo sie tiefen Respekt für ihre unterschiedlichen Glaubensrichtungen erleben.
Auch auf der Insel Java gibt es Beispiele: Das Ehepaar Budi und Rosa (fiktive Namen aus Gründen des Datenschutzes, Anm. d. Red.) lebt in Cibinong in der Provinz West-Java. Der Ehemann kümmert sich jeden Tag um das kleine Familienunternehmen, das aus dem Verkauf von Hühnern an Märkte und Restaurants besteht. Er und seine Frau sind Anhänger des konfuzianischen Glaubens. Sie haben drei Kinder: Das älteste, Cakra, ist 35 Jahre alt und mit Rena, ebenfalls 35, verheiratet. Sie haben zwei Kinder und bekennen sich zum christlichen Glauben. Die zweite Tochter von Budi und Rosa, Kristin (33), ist mit Karam verheiratet; sie haben ein Kind und bekennen sich zum Islam. Tara (30), die dritte Tochter, ist mit Rudi verheiratet, sie haben ein Kind und sind Katholiken. Budi und Rosa nehmen die unterschiedlichen Glaubensrichtungen ihrer Kinder gelassen hin. Wenn ein religiöser Feiertag begangen wird, gratulieren die Familien der Verwandten gemeinsam und feiern gemeinsam. Religiöse Unterschiede sind kein Hindernis für harmonische Familienbande. Das ist es, was Rosa und Budi ihren Kindern beigebracht haben.
(Fides 28/8/2024)


Teilen: