ASIEN/HEILIGES LAND - Oberhäupter der Kirchen sehen Hoffnung auf Frieden bedroht

Freitag, 8 Mai 2020 mittlerer osten   ostkirchen   geopolitik   heilige stätten   jerusalem  

lpj

Jerusalem (Fides) – Die einseitige Annexion von Westjordanland durch Israel, "die hauptsächlich von rechten Parteien und Fraktionen unterstützt wird", werfe "katastrophale Fragen" über die tatsächliche Möglichkeit auf, weiterhin auf ein friedliches Abkommen zu hoffen, das den langen israelisch-palästinensischen Konflikt beenden könnte, der sich nunmehr über Jahrzehnte erstrecke und „weiterhin viele unschuldige Menschen" in einen "Teufelskreis" zwinge, der Ungerechtigkeiten und endlose Tragödien und Leiden hervorrufe. Dies betonten die Patriarchen und Oberhäupter der Kirchen des Heiligen Landes in einer am gestrigen Donnerstag, dem 7. Mai, veröffentlichten Erklärung zur Stagnation des Nahost-Friedensprozesses.
Wenige Stunden nach der Veröffentlichung der Erklärung der führenden Vertreter der kirchlichen Gemeinschaften beauftragte der israelische Präsident Reuven Rivlin Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit der Bildung der neuen Koalitionsregierung mit dem ehemaligen Rivalen Binyamin Gantz von der "Blau-Weiß" -Partei, nachdem israelische Oberste Gerichtshof de facto grünes Licht für das Regierungsbündnis zwischen Likud und der Gantz-Partei gegeben und Petitionen abgelehnt hatte, in denen er darum gebeten wurde, Netanjahu wegen Korruptionsvorwürfen auszuschließen.
Unterdessen sieht ein von den USA am 28. Januar auf den Weg gebrachter Plan zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts, der von Präsident Donald Trump als "Plan des Jahrhunderts" definiert wurde, für Israel die Möglichkeit vor, die eigene Souveränität auf Siedlersiedlungen im gesamten Westjordanland auszudehnen. Gleichzeitig soll Israel, den Bau neuer Siedlungen in den arabischen Gebieten für vier Jahre einfrieren. Im Februar, auf dem Höhepunkt des Wahlkampfs (vgl. Fides 24/2/2020), hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Bau von über 5.000 neuen Wohneinheiten für israelische Siedler in Schlüsselgebieten Ostjerusalems in den Stadtteilen von Har Homa und Givat Hamatos angekündigt. Bei den beiden Stadtteilen handelt es sich um die letzten Gebiete, die das Westjordanland mit Ostjerusalem verbinden.
Der Rat der Patriarchen und Oberhäupter der Kirchen des Heiligen Landes bringt in der Erklärung von 7. Mai „größte Sorge“ über Israels Annexionspläne zum Ausdruck und fordert den Staat Israel auf, einseitige Schritte zu unterlassen, die jegliche verbleibender Hoffnung "für die Zukunft des Friedensprozesses" zunichte machen würden. Die Kirchenoberhäupter wenden sich in diesem Zusammenhang auch direkt an die "Vereinigten Staaten von Amerika, die Russische Föderation, die Europäische Union und die Vereinten Nationen" und fordern sie auf, "auf einseitige Annexionspläne mit einee gezielte und schrittweise Friedensinitiative auf den Weg zu bringen“ und zwar im Einklang mit dem Völkerrecht und den Resolutionen der Vereinten Nationen über die politische Aufteilung dieses Teils der ,"der von den drei abrahamitischen Glaubensrichtungen als heilig betrachtet wird".
In ihrer Erklärung wenden sich die Patriarchen und Oberhäupter des Heiligen Landes auch an die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO), die sie als "den einzigen legitimen Vertreter des palästinensischen Volkes" bezeichnen. Auch die Grabenkämpfe innerhalb der PLO und die Konflikte zwischen der PLO und anderen palästinensischen politischen Strömungen sabotieren nach Ansicht der Oberhäupter der Kirchen im Heiligen Land letztendlich das Erreichen des Friedens und den Aufbau eines palästinensischen Staates, der auf Pluralismus und demokratischen Werten gründet. In dieser Hinsicht laden die führende Vertreter der Kirchen des Heiligen Landes die verschiedenen palästinensischen Parteien ein, die Spaltungen zu überwinden und sich einheitlich zu präsentieren.
Die Erklärung der Oberhäupter der Kirchen des Heiligen Landes ist von insgesamt 13 Patriarchen, Bischöfen und Kirchenvertretern unterzeichnet, darunter der griechisch-orthodoxe Patriarch von Jerusalem, Theophilos III., der Apostolischer Administrator des lateinischen Patriarchats von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa und der Kustos der Franziskaner im Heiligen Land. Pater Francesco Patton (ofm).
(GV) (Fides 8/5/2020).


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