Jerusalem (Fides) - "Wir fühlen uns völlig machtlos. Alles, was uns bleibt, ist das Gebet"; so der belgische Missionar Pater Frans Bouwen von den „Weißen Vätern“ (Société des missionaires d’Afrique, MAfr), der seit mehr als 50 Jahren in Jerusalem lebt, gegenüber Fides, über den Geist, mit dem viele Christen in der Heiligen Stadt den Tag des Gebets und des Fastens am heutigen 17. Oktober erleben. "Der Aufruf des Patriarchen, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, im Namen aller katholischen Bischöfe des Heiligen Landes, den heutigen Dienstag, den 17. Oktober, zu einem Tag des Fastens und des Gebets für den Frieden zu machen, hat in den Pfarreien und Ordenshäusern ein sehr breites Echo gefunden“, betont er. „Sogar aus anderen Kirchen", fügt der Missionar hinzu, der 46 Jahre lang, von 1969 bis 2015, die renommierte Zeitschrift „Proche Orient Chretien“ leitete, "wird gebetet. Es ist schwierig für uns zu wissen, wie dieser Aufruf in den palästinensischen Gebieten aufgenommen wird. Vielerorts ist die Bewegungsfreiheit der palästinensischen Gläubigen aufgrund der von der israelischen Armee verhängten Blockaden sehr eingeschränkt, und es ist schwierig für sie, sich in der derzeitigen Situation in großer Zahl zu versammeln. Es hat uns ermutigt zu sehen, dass dieser Appell von Papst Franziskus und vielen Kirchen auf der ganzen Welt aufgegriffen wurde".
Pater Bouwen, der sich seit Jahrzehnten für den ökumenischen Dialog zur Förderung der Einheit der Christen einsetzt, hat die Nöte der Menschen im Nahen Osten stets mit Leidenschaft verfolgt. "Jetzt", so berichtet er der Fides, "leben wir in schwerer und ängstlicher Erwartung all dessen, was in den kommenden Tagen geschehen könnte, insbesondere angesichts der Bodenoffensive der israelischen Armee im Gazastreifen. Die Straßen der Altstadt von Jerusalem sind praktisch leer, die Menschen gehen nur noch, wenn es nötig ist. Seit zwei oder drei Tagen sind die letzten Pilger aus Jerusalem verschwunden".
In Bezug auf die Initiativen der Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften betont Pater Bouwen, dass die Patriarchen und Kirchenoberhäupter in Jerusalem "zahlreiche Appelle zur Beendigung der Gewalt und zur Achtung der Zivilbevölkerung veröffentlicht haben. Auch Papst Franziskus hat dies in sehr deutlichen Worten getan. Die ganze Kritik an der Politik des Heiligen Stuhls erscheint uns ungerecht".
Im Hinblick auf die Massaker, die von den Anhängern der Hamas und anderen im Gazastreifen vertretenen Gruppen verübt wurden, und auf das, was darauf folgte und noch bevorsteht, zeigt sich Pater Bouwen erschüttert über die grausame Art und Weise, in der die Gewalt im Heiligen Land erneut explodiert ist: "Es ist klar", sagt er, "dass die brutale Gewalt des Angriffs der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung missbilligt und verurteilt werden muss. Aber die legitime Selbstverteidigungsreaktion Israels muss im Gegenzug das Leben unschuldiger Menschen respektieren, insbesondere das der 2,2 Millionen Zivilisten im Gazastreifen, von denen die Hälfte Kinder sind. Die meisten von ihnen identifizieren sich nicht mit der Hamas. Die Kleinen und die Armen zahlen immer den höchsten Preis".
Pater Bouwen betrachtet die heutigen Ereignisse im Lichte der vergangenen und jüngsten Geschichte. "Wir sind Zeugen eines Kreislaufs der Gewalt, der sich seit fast fünfzig Jahren regelmäßig wiederholt und der nach meiner Erfahrung von mehr als 50 Jahren in Jerusalem immer blutiger wird. Wie Papst Franziskus immer wieder betont, können weder Krieg noch Gewalt eine Lösung bieten, sie können nicht zu wahrem Frieden führen. Nur eine politische Lösung des israelisch-palästinensischen Problems könnte dieser Spirale der Gewalt ein Ende setzen. Doch davon scheinen wir noch weit entfernt zu sein“. „Es scheint, dass es an Mut und politischem Willen mangelt“, betont er diesbezüglich, „Es scheint an Führungspersönlichkeiten zu mangeln, die in der Lage sind, im Namen ihrer Völker zu sprechen, ihren Völkern die Wahrheit zu sagen und die für eine Einigung erforderlichen Zugeständnisse zu machen“. „Israelis und Palästinenser", fügt er hinzu, "scheinen nicht in der Lage zu sein, aus eigener Kraft eine Lösung zu finden. Es besteht ein zu großer Unterschied zwischen der Macht des einen und der Schwäche des anderen. Die internationale Gemeinschaft trägt eine große Last der Verantwortung. Zum einen hat sie es zugelassen, dass sich die Situation so weit verschlechtert hat, wie sie heute ist. Zum anderen hat sie die Verantwortung, beide Seiten bei der Suche nach einer Lösung zu unterstützen und zu helfen".
(GV) (Fides 17/10/2023)
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