Penang (Fides) - "Es ist der Pluralismus der Kulturen und ethnischen Gruppen, der Malaysia zu einem 'Miniatur-Asien' macht. Die Koexistenz verschiedener Komponenten ermöglicht es der katholischen Gemeinschaft, das Zusammenwirken der Unterschiede zu erleben, das sich in der Vielfalt abspielt", so Kardinal Sebastian Francis, Bischof von Penang, zum Profil der katholischen Gemeinschaft in einem Land, Malaysia, dessen Bevölkerung (ca. 34 Millionen Einwohner) durch eine breite Koexistenz in Bezug auf Kulturen, ethnische Gruppen, Religionen, Traditionen gekennzeichnet ist: "Obwohl die ethnischen Malaien und die islamische Religion als 'national' gelten, und obwohl die Malaien als 'Kinder der Erde' bezeichnet und als 'besonders' angesehen werden, glaube ich, dass es genug Vielfalt gibt, um die Nation einigermaßen gesund zu erhalten", fährt der Kardinal fort. "Die Malaien sind geschützt und sind nur Muslime, wie es in der Verfassung verankert ist. Aber eine demokratische Nation wie die unsere kann sich heute nicht dafür entscheiden, völlig monokulturell oder monoreligiös zu sein. Unser Land ist von einem interessanten Pluralismus geprägt, der es zu einem wahrhaft asiatischen Land macht, zu einem Mikrokosmos, in dem man die konstituierende Dimension Asiens erleben kann", so der Kardinal. Neben den Malaien (60 % der Bevölkerung) sind die Chinesen (24 %) und die Inder (7 %) wichtige Bestandteile der Gesellschaft, während die indigenen nicht-malaysischen Gemeinschaften (die vor allem im malaysischen Borneo leben) etwa 10 % der Bevölkerung ausmachen.
"Wir sprechen Bahasa, die gleiche Sprache wie Indonesien, aber wir lernen Englisch, weil wir bis Mitte des letzten Jahrhunderts ein britisches Protektorat waren. Es gibt überall eine große kulturelle Vielfalt. In gewisser Weise ist es schön, dass Malaysia all diese Komponenten hat, die auch in der katholischen Kirche zu finden sind, natürlich mit Ausnahme der Malaien (die per Gesetz Muslime sind), aber einschließlich der indigenen Malaysier", erklärt er.
Natürlich", fährt er fort, "ist die Tatsache, dass ein Malaie zwangsweise Muslim ist und die Religion nicht wechseln kann, etwas Einzigartiges: Es ist ein Überbleibsel des britischen Kolonialismus und wurde sanktioniert, als die Nation bereits die Unabhängigkeit erlangt hatte. Die Idee war, das kulturelle und religiöse Erbe der Vorfahren zu bewahren und es vor jeglicher Veränderung oder anderer Macht zu schützen. Heute ist jedoch festzustellen, dass die indische Bevölkerung - wie die, von der ich abstamme - und der chinesische Anteil ebenfalls von Vorfahren abstammen, die vor Jahrhunderten hierher kamen. Heute sind wir vollwertige Bürger, wir sind seit Jahrhunderten hier verwurzelt, wir sind und fühlen uns voll und ganz als Malaysier".
In unserem Land, so der Kardinal, "stehen wir vor den gleichen Herausforderungen, den gleichen Problemen wie in anderen Nationen, in denen es mehr Sprachen, mehr Kulturen und mehr Religionen gibt. Ein schöner Ausdruck besagt, dass die Kirche aus Unterschieden besteht, sie ist das Zusammenwirken der Unterschiede: Wir sehen, dass darin ein Reichtum liegt, denn unsere Gemeinschaften sind nicht durch ethnische Zugehörigkeit oder Sprache getrennt, sondern sie sind vereint, sie leben Gemeinschaft zwischen verschiedenen Komponenten, sie sind gut miteinander integriert, wie die Bibel sagt, in einem Leib, einem Geist, einem Herrn, einem Glauben, einer Kirche. Die Synodalität ist für uns ein gewöhnlicher Weg, eine alltägliche Tatsache. Und jeder hat die Gewohnheit und die Veranlagung, mit Menschen anderer kultureller oder religiöser Herkunft in Dialog zu treten", stellt er fest.
In der katholischen Liturgie wird die Landessprache verwendet, obwohl es vier offizielle Sprachen gibt: Bahasa Malay, Englisch, Chinesisch und indisches Tamil.
Darüber hinaus gibt es in Malaysia, einem ohnehin schon vielfältigen Land, ein weiteres wichtiges Phänomen, das den Schmelztiegel noch größer werden lässt: "Obwohl wir kein so großes Land sind, haben wir viele Zuwanderer, die aus Indonesien, den Philippinen, Vietnam und Bangladesch kommen. Einige bringen natürlich auch christliche Traditionen mit (wie einige Vietnamesen oder Filipinos). Hier können wir sagen, dass wir in der Fülle einer anderen Dimension leben, nämlich der des Willkommens und der Geschwisterlichkeit: Alle sind willkommen, in allen Kirchen im Geiste der Enzyklika ‚Fratelli tutti', in der wir eine besondere Harmonie finden".
Was die kirchliche Dimension betrifft, so stellt der Kardinal fest, dass "wir im Bereich der Berufungen zum Priestertum und zum gottgeweihten Leben Gott sei Dank über die notwendigen Ressourcen für das pastorale Leben verfügen, während in den Ordensgemeinschaften der Missionare, die vor allem aus Frankreich, Irland und Italien kommen, ein gewisser Rückgang der Berufungen zu verzeichnen ist. Durch Gottes Gnade verfügen die lokalen Kongregationen, die vor Ort entstanden sind, über Berufungen, um hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken, und wir sehen dies bereits in den Priesterseminaren, wo es nicht sehr viele Studierende gibt, aber der Herr lässt die Arbeiter in seinem Weinberg nicht fehlen, die Zahl ist ausreichend".
Wichtig ist auch die Zunahme der missionarischen Berufungen von Laien, sowohl von Männern als auch von Frauen: "Wir haben der Glaubensbildung und der Verkündigung des Wortes von Beginn des Lebens unserer Kirche an große Bedeutung beigemessen. Wir kümmern uns um das christliche Leben der Laien, und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil haben wir den Schwerpunkt auf die Ausbildung der Laien gelegt, insbesondere durch Schulungen oder Fortbildungsveranstaltungen in den Pfarreien".
Unterdessen gab es im Land einen politischen Wandel: "Unser Einfluss im Bereich der Bildung hat enorm abgenommen, weil die Regierung die Kontrolle über die Bildung in den öffentlichen Schulen, sowohl den staatlichen als auch den privaten, übernommen hat. Wenn wir im Bildungsbereich präsent sein wollen, müssen wir als private Akteure auftreten, aber die Regierung kontrolliert auch das private Bildungswesen, entscheidet über die Lehrpläne und zahlt den Lehrern ihr Gehalt. Wir sind also Eigentümer der Immobilien und des Grund und Bodens, auf dem die Schulen gebaut werden, aber es ist die Regierung, die das Schulleben tatsächlich kontrolliert. Technisch gesehen gehört uns also zwar das Gebäude, aber nicht das System. Wir leisten einen Beitrag, ohne jedoch dem Bildungssystem eine konkrete Gestalt geben zu können".
„Dies", erklärt er, "ist der politische Rahmen seit der Unabhängigkeit (die 1957 stattfand), und die Kirche hat ihre Dimension in dieser Situation gefunden. Heute gibt es in Malaysia ein sehr hohes Maß an Bildungsnieveau. Es gibt ein breites Bildungsangebot, sowohl in den staatlichen Schulen als auch in den privaten Schulen, aber letztere sind teuer. Und auch das Gesundheitssystem ist von der Regierung sehr gut organisiert und effizient. Vor diesem Hintergrund hat die Kirche ihren sozialen Auftrag neu ausgerichtet, denn angesichts der hervorragenden Arbeit des Staates brauchen wir uns in diesen Bereichen nicht zu engagieren. Wir haben unsere Ressourcen und Energien zum Beispiel in den Bereich der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung verlagert: Wir arbeiten vor allem mit Migranten und Flüchtlingen oder in Situationen von Armut und Not, oft auch in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen, für die soziale Entwicklung".
"Natürlich", fährt der Kardinal fort, "pflegen und leben wir den Glauben und die Sakramente in den Pfarrgemeinden, die die Grundlage für das Leben der Kirche sind, ich würde sagen, das Herz. Die Menschen sind nach wie vor sehr präsent und nehmen am Gemeindeleben und an den Sakramenten teil: Unsere Kirchen sind normalerweise voll. Ich kann sagen, dass es in der Nation auf allen Ebenen ein religiöses Erwachen gibt, für das Christentum, aber auch für den Islam und andere Religionen. Die Religion ist immer noch ein zentrales Element im Leben der Menschen, selbst in einem Land, das sich schnell modernisiert hat. Diese Dimension schafft Raum für die Verkündigung und den Auftrag der Kirche: Unsere Verkündigung besteht darin, die Freude des Evangeliums weiterzugeben, insbesondere die Dimension Christi, die den Menschen Hoffnung gibt. Es ist eine Botschaft, die das Herz des Menschen erreicht, der immer auf der Suche nach Glück ist".
Die Mission der malaysischen Kirche (insgesamt 1,3 Millionen Gläubige) umschreibt der Kardinal mit drei Worte: "Freude, Barmherzigkeit und Hoffnung, wie der Papst in ‚Evangelii gaudium‘ sagt. Das ist die Richtung, die wir in den letzten zehn Jahren eingeschlagen haben. Wir bereiten uns geistig und mit großer Erwartung auf das Gnadenereignis des Heiligen Jahres vor: Zu diesem Anlass wollen wir eine nationale Versammlung der Gläubigen aus den neun Diözesen der malaysischen Halbinsel und Borneo, den beiden größten Teilen des Landes, durchführen. Bischöfe, Priester, Ordensleute, Katecheten, Gläubige: es wird ein historisches Treffen sein, bei dem wir Hoffnung finden werden, denn der Titel dieses Heiligen Jahres passt perfekt zu unserem Pastoralplan. Um die Richtung für die Kirche in Malaysia zu bestimmen, werden wir uns mit den Themen Kirche, Gesellschaft, Familie und ganzheitliche Ökologie befassen".
Abschließend betont Kardinal Francis, dass er auch "die Verbindung mit der Föderation der asiatischen Bischofskonferenzen gestärkt hat und natürlich immer intensiv die Beziehung der Gemeinschaft mit der Weltkirche und dem Heiligen Stuhl fördern will, in der Gewissheit, dass der Heilige Geist uns auf unserem Weg als kleine vielfältige, offene, dialogfähige und gastfreundliche Gemeinschaft leitet".
(PA) (Fides 15/6/2024)