ASIEN/INDONESIEN - Wahlkampf für die Präsidentschaftswahl beginnt: Religionsvertreter äußern Besorgnis

Dienstag, 12 Dezember 2023 demokratie   politik  

Jakarta (Fides) - Zum fünften Mal seit dem Ende des autoritären Regimes von Mohammad Suharto, das 1998 zusammenbrach, bereitet sich Indonesiens junge Demokratie auf Präsidentschaftswahlen vor, die für Februar 2024 geplant sind. Dieses Regime war gekennzeichnet durch die Verfolgung politischer Gegner und den systematischen Einsatz der Armee, um die Kontrolle über Regionen des Landes zu behalten, in denen sich regimekritische Bewegungen entwickelten. Mit Beginn des Wahlkampfs äußern Beobachter ihre Besorgnis über die Qualität des politischen Lebens und die Zunahme von "Dynastien", die den Weg und die Entwicklung des demokratischen Systems Indonesiens mit der Schwächung seiner Kontrollinstitutionen und einer echten sozialen Gerechtigkeit belasten.
Zu den Themen, die in der öffentlichen Debatte diskutiert werden, gehört die Tatsache, dass der glaubwürdigste Präsidentschaftskandidat, Prabowo Subianto, der zusammen mit Gibran Rakabuming Raka, dem Bürgermeister von Surakarta und ältesten Sohn des derzeitigen indonesischen Präsidenten Joko Widodo, antritt. Dies wurde offiziell, nachdem das indonesische Verfassungsgericht dem 36-jährigen Gibran Rakabuming Raka die Möglichkeit einer Kandidatur für das Amt des Vizepräsidenten eingeräumt hatte, und zwar durch eine Entscheidung, die von vielen als "politische Begünstigung" bezeichnet wurde: Es gab nämlich eine Mindestaltersgrenze von 40 Jahren für Kandidaten, eine Klausel, die mit einer "Ad-hoc"-Maßnahme umgangen wurde, die eine Ausnahme für Bürgermeister und Provinzchefs (wie Gibran Rakabuming Raka) vorsieht.
Eine weitere wichtige Frage, die von Beobachtern aufgeworfen wurde, betrifft die Kontrollinstitutionen wie die "Agentur für Korruptionsbekämpfung" (KPK), einst ein Leuchtturm der Unabhängigkeit von der Exekutive, die in der Regierung Widodo stattdessen zu einem Instrument zur Konsolidierung der Präsidentschaftskoalition geworden ist. Selbst der Vorsitzende der KPK, Firli Bahuri, wird beschuldigt, von einem Minister, gegen den die KPK selbst ermittelt, Schmiergeld angenommen zu haben.
Die zweite Amtszeit Widodos war gekennzeichnet durch die Anwendung von Zwang gegen die Regierungsgegner, einerseits islamische Parteien, andererseits liberale Gruppierungen, und die Reaktivierung der Rolle der Armee in verschiedenen Bereichen des zivilen Lebens, z. B. durch Militäroffiziere auf Dorf- und Bezirksebene. In der Zwischenzeit gibt es Beschwerden über Maßnahmen von Sicherheitsbeamten in verschiedenen Regionen, die darauf abzielen Gegner des Präsidentschaftskandidaten Prabowo Subianto zu behindern.
Der derzeitige Präsident Widodo ist nach wie vor äußerst populär (seine öffentliche Zustimmung liegt bei etwa 75 % der Bevölkerung), und es scheint, dass sein Einfluss ausschlaggebend dafür sein könnte, dass Prabowo Subianto, ein Mann mit einer zutiefst autoritären politischen Vergangenheit, die Präsidentschaft erlangt. Während des Suharto-Regimes war Prabowo der Anführer einer unnachgiebigen Militärfraktion, aber während seiner Amtszeit als Verteidigungsminister unter Widodos Regierung gab der ehemalige General seine populistischen Töne auf und milderte seine autoritären Bestrebungen.
Vor diesem Hintergrund unterzeichneten und veröffentlichten Vertreter von acht Religionsgemeinschaften, die sich im "Peaceful Indonesian Care Forum" zusammschließen, einen Aufruf zur Wahrung der nationalen Einheit und zur Gewährleistung friedlicher und transparenter Wahlen. Religiöse Führer, die den Buddhismus, den Hinduismus, den Islam, den Katholizismus, den Konfuzianismus, den Protestantismus und die Gruppe "Spirituelles Archipel" vertreten, unterzeichneten und verbreiteten in Anwesenheit des Erzbischofs von Jakarta, Kardinal Ignatius Suharyo, einen "Appell für ein friedliches Indonesien", in dem sie ihre "tiefe Besorgnis über die Bedingungen des nationalen Lebens" und die Zukunft der indonesischen Demokratie zum Ausdruck bringen.
In dem Text werden Politiker und Bürger aufgefordert, "den nationalen Interessen Vorrang vor persönlichen Interessen, Gruppen- und Parteiinteressen" einzuräumen, und alle Gruppierungen, die sich an Wahlkämpfen beteiligen, werden gebeten, ihre Loyalität und ihren Konsens auf der Grundlage der "Pancasila" - dem "Gesetz der fünf Prinzipien, die den Staat untermauern" - und der Verfassung von 1945 zu bekräftigen.
Die religiösen Führer appellieren an die Institutionen, eine "sichere, friedliche, ehrliche, faire, freie und transparente" Wahl zu gewährleisten, und fordern die Organisatoren und Wahlhelfer des Staatsapparates auf, bei der Umsetzung der Bestimmungen des bestehenden Wahlgesetzes nach dem Kriterium der Neutralität zu handeln.
Das höchste Gut, das es zu schützen gelte, sei "die Aufrechterhaltung und Erreichung nationaler Stabilität, die Vermeidung gegenseitiger Kämpfe, die Zurückweisung der Verbreitung von Fake News und die Verhinderung sozialer und politischer Konfliktszenarien, die zu zerstörerischen und chaotischen Situationen führen könnten". Nur wenn man sich der verschiedenen möglichen politischen Turbulenzen, Herausforderungen und Unruhen, die den nationalen Interessen schaden, bewusst sei und sie wahrnehme, heißt es in dem Appell, "kann man sich rechtzeitig für Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit, Transparenz der Institutionen und gegen alle Formen von Korruption, Absprachen und Vetternwirtschaft einsetzen". Die Führer der Religionsgemeinschaften ermutigen zu einem Weg der "nationalen Versöhnung" und hoffen auf eine Annäherung zwischen den Vertretern der verschiedenen politischen und religiösen Gruppen, "um das Leben der Nation und der ethischen Demokratie zu retten und soziale Gerechtigkeit für das gesamte indonesische Volk zu verfolgen".
Neben der ethischen Verpflichtung ruft der Text alle indonesischen Bürger aller religiösen Traditionen dazu auf, "Gebete zu erheben und die spirituelle Kraft für die Sicherheit der Nation und des Staates zu mobilisieren" und stets für ein friedliches Indonesien einzutreten. Dieser Ansatz, so die Vertreter der verschiedenen Religionen, betreffe nicht nur "den Moment der Wahl", sondern gehe darüber hinaus und berühre das ethische und demokratische Leben der Nation.
Kardinal Suharyo, der Gastgeber des Treffens im Pastoralzentrum der Erzdiözese Jakarta war, betonte, dass "die drei Säulen der öffentlichen Zivilisation, d. h. der Staat, der Markt und die Bürger, unterschiedliche Funktionen erfüllen müssen, die jedoch alle den Grundprinzipien der Moral folgen. Ohne Moral zerfällt das Land". Eines der größten Übel, das es zu bekämpfen gilt, ist also die Korruption in den demokratischen Staatsinstitutionen, aber auch in der Welt der Wirtschaft und der Unternehmen sowie in den lokalen Gemeinschaften. "Gegenseitiges Vertrauen, das auf Moral und Ethik beruht, ist das, was die Gesellschaft harmonisch und geschwisterlich macht", sagte er.
Die religiösen Führer hofften, dass der Aufruf für ein friedliches Indonesien "von allen Parteien, insbesondere von der staatlichen Verwaltung, wirklich gehört wird", damit "eine substantielle Demokratie, nicht nur eine Verfahrensdemokratie, in der sich Gerechtigkeit für alle, Ehrlichkeit, Offenheit und Gleichheit weiterhin widerspiegeln", im Rahmen des Grundwerts "Einheit in Vielfalt", dem Motto der indonesischen Nation, verwirklicht wird.
Im Rahmen des Wahlkampfs für die Präsidentschaftswahlen haben die Kandidaten ihre landesweite Wahltournee gestartet, die sie quer durch den Archipel führen wird, um die 204 Millionen Wahlberechtigten für die Präsidentschafts-, Parlaments- und Regionalwahlen von den eigenen Programmen zu überzeugen. Rund 106 Millionen der 204 Millionen Wahlberechtigten, das sind etwa 52 %, sind unter 40 Jahre alt. Fast ein Viertel gehört zur Generation Z, die ab Ende der 1990er Jahre geboren wurde.
(PA) (Fides 12/12/2023)


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