Imphal (Fides) - "Der Weg der Suche nach Frieden ist steil und schwierig", sagt der emeritierte Erzbischof von Guwahati, Thomas Menamparampil, der das "Interreligiöse Forum für Frieden und Harmonie in Manipur" leitet. Er gehört zu denjenigen, die „ihre Stimme erheben, ihre Beine bewegen und ihre Arme in den Himmel strecken“, um einen Weg zu Frieden und Versöhnung in Manipur zu suchen. Der Staat im Nordwesten Indiens wird von interethnischer Gewalt heimgesucht. Fünf Monate nach Beginn des Konflikts, der am 3. Mai zwischen Gruppen der Kuki und der Meitei ausbrach, sind nach offiziellen Angaben der Behörden 178 Menschen getötet worden, während zivilgesellschaftliche Gruppen die Zahl der Opfer auf mehr als 200 schätzen. Etwa 60.000 Menschen sind vertrieben worden, und in dem Gebiet herrschen große Spannungen, weil, wie es heißt, grundlegende Gerechtigkeitsfragen, die dem Ausbruch der Gewalt zugrunde liegen, nicht angegangen und gelöst worden sind. Zusammen mit den anderen leitenden Mitgliedern des Interreligiösen Forums traf der Erzbischof in den vergangenen Tagen mit den Anführern der christlichen Kuki-Gemeinschaften und einigen führenden Vertretern der Meitei zusammen, um sich deren Forderungen anzuhören und gemeinsam nach einem Weg zum Frieden zu suchen.
Erzbischof Menamparampil, der normalerweise in Guwahati im Nachbarstaat Assam wohnt, hat Manipur seit Beginn der Gewalttaten am 3. Mai viermal besucht und versucht, einen Dialog in Gang zu bringen. Erzbischof Menamparampil betont "die Dringlichkeit des gegenseitigen Respekts und der Offenheit für den Dialog in einem heiklen Moment wie diesem". Erzbischof Dominic Lumon von Imphal, einer der Gründer des interreligiösen Forums, sagte "Wir sind eine bescheidene Gruppe religiöser Führer aus Manipur, die dem Kreislauf der Gewalt in all ihren Formen ein Ende setzen wollen", indem sie „aggressive Handlungen, Drohungen oder provokative Äußerungen unterbinden“. „Und um der Gewalt ein Ende zu setzen", schlug er eindringlich vor, "muss man mit der Erzählung beginnen, mit Worten, die nicht übertrieben oder instrumentalisiert werden sollten".
An der Begegnung nahmen führende Vertreter der Kuki und Meitei teil, die gemeinsam zu einem "umfassenden Einsatz für den Frieden in Manipur" aufriefen. Sie riefen in diesem Zusammenhang auch dazu auf, "jede Form von Übertreibung oder Mystifizierung bei der Beschreibung von Ereignissen zu vermeiden und eine negative Projektion der Zukunft zu geben".
Die Teilnehmer des Treffens waren sich einig, dass die Unterstützung der Medien im Bemühen um den Frieden notwendig sei und Initiativen wie die Unterschriftenkampagne für einen öffentlichen und gemeinsamen Waffenstillstand zur Beendigung der Gewalt unterstützt werden müsse. Das Forum rief dazu auf, "alle Anstrengungen zu unternehmen, um Friedensgespräche auf lokaler Ebene zu initiieren und auf jede erdenkliche Weise zusammenzuarbeiten". Zu den wichtigsten Forderungen gehörte, dass "keine Hindernisse für den Transport von Hilfsgütern, einschließlich medizinischer Hilfe und humanitärer Hilfe verschiedener Art, errichtet werden".
Um diesen Weg zu Friedensgesprächen zu unterstützen, so wurde bei den Gesprächen festgestellt, sei die Unterstützung der verschiedenen Teile der Zivilgesellschaft erforderlich: Das Forum hofft deshalb auch auf ähnliche Bemühungen von Frauengruppen, Intellektuellen und anderen Personen guten Willens auf beiden Seiten.
Im Bundesstaat Manipur, einem Gebiet mit fruchtbaren Tälern und üppigen Hügeln an der Grenze zu Myanmar, leben etwa drei Millionen Menschen, deren Alltag beeinträchtigt ist: Fünf Monate nach Beginn des ethnischen Konflikts ist der Internetzugang nach wie vor gesperrt und das normale wirtschaftliche und soziale Leben der Bevölkerung ist unterbrochen. "Während die Zusammenstöße in den letzten zwei Monaten nachgelassen zu haben scheinen, bleibt die Militarisierung des Gebiets bestehen und vor allem fehlt der politische Wille, die Situation zu lösen und den Konflikt an der Wurzel zu packen, so dass die Gewalt jederzeit wieder aufflammen kann", erklärt Erzbischof Menamparampil.
Das zugrundeliegende Problem, das die indische Zentralregierung bisher nicht angegangen ist, betrifft die Beziehung zwischen den beiden ethnischen Gruppen, den Meitei (die die Mehrheit im Bundesstaat bilden, auch als "Manipuri" bezeichnet werden, etwa 1,5 Millionen Menschen zählen und der hinduistischen Religion angehören) und den Kuki, einer ethnischen Minderheit, die der christlichen Religion angehört. Die Meitei leben hauptsächlich im wohlhabenden Imphal-Tal, das etwa 10 % des Staatsgebiets von Manipur ausmacht. Der Rest des Territoriums, d. h. die begigen, von Wäldern und Ackerland eingenommenen Gebiete, ist die Heimat indigener Minderheitengruppen, einschließlich der Kuki, denen der Status einer "Stammesgemeinschaft" zuerkannt wurde. Diese Anerkennung garantiert den verfassungsrechtlichen Schutz von Land, Kultur, Sprache und Identität der historisch am meisten benachteiligten Gemeinschaften Indiens. Aus diesem Grund durften die Meitei in diesen Berggebieten kein Land erwerben.
Am 3. Mai veranstalteten die Kuki-Stämme Demonstrationen und Märsche, um gegen die geplante Entscheidung zu protestieren, nun auch den Meitei den Stammesstatus zu gewähren. Ein Beschluss des Obersten Gerichtshofs von Manipur forderte die Regierung von Manipur auf, eine Empfehlung an die Zentralregierung abzugeben, um die Meitei-Gemeinschaften in die Kategorie der "Scheduled Tribe" (anerkannter Stamm) aufzunehmen, was ihnen Zugang zu Vergünstigungen und insbesondere zu Land, das anderen indigenen Gruppen vorbehalten ist, ermöglichen würde.
Diese Demonstrationen waren der Auslöser für die Gewalt, die bald in eine offene Konfrontation ausartete. Die Kuki beschuldigen die extremistischen Meitei-Gruppen, gezielte Angriffe gegen Familien ihrer Gruppe, die in Imphal und Umgebung leben, zu verüben. Nach Angaben der Meitei begannen die Teilnehmer der Demonstrationen, zu denen die Kuki aufgefordert hatten, mit Vandalismus und Angriffen. Fünf Monate nach diesen Zusammenstößen sind Meitei und Kuki derzeit vollständig voneinander getrennt, und es ist beiden Gruppen verboten, Gebiete zu betreten, die von der jeweils anderen Gruppe bewohnt werden.
(PA) (Fides 5/10/2023)
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