AMERIKA/ECUADOR - Mord an Präsidentschaftskandidaten macht kriminelle Verbindungen des internationalen Kokainhandels sichtbar

Freitag, 11 August 2023 kriminalität   drogen  

Quito (Fides) - Sechs kolumbianische Staatsbürger wurden am gestrigen 10. August im Zusammenhang mit der Ermordung des Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio (vgl. Fides 10/8/2023) verhaftet. Bei der Polizeirazzia in einem Club in der Hauptstadt Quito wurden bei den Verhafteten Waffen gefunden, darunter ein Sturmgewehr, das denen ähnelt, die in einem in den sozialen Medien verbreiteten Bekennervideo zu sehen sind.
In dem Video behauptete ein Dutzend vermummter Personen, die Waffen schwangen, Mitglieder der Bande „Los Lobos“ (Wölfe) zu sein. Es handelt sich um die zweitgrößten kriminelle Bande Ecuadors, die in den Gefängnissen des Landes stark vertreten ist. In dem Video wurde auch eine Drohung gegen einen weiterer Politiker ausgesprochen: es handelt sich um Jan Topic. Unterdessen behauptete eine andere weiß gekleidete Gruppe mit nacktem Oberkörper, zu „Los Lobos“ zu gehören, bestritt aber, dass die Organisation an der Ermordung des Präsidentschaftskandidaten beteiligt gewesen sei. Der Tod von Villavicencio ist die jüngste Episode in der wachsenden Spirale unkontrollierter Gewalt, die das Land durch kriminelle Gruppen erfährt.
Die Gewalt, die in Ecuador den letzten Jahren ausgebrochen ist, prägt nun auch den ecuadorianischen Wahlkampf. Das Land verzeichnete im Jahr 2022 eine Mordrate von 25,32 pro 100.000 Einwohner, den höchsten Wert in seiner Geschichte.
Die Gewalt wird durch die Kämpfe um die Kontrolle des Kokainhandels aus kolumbianischer Produktion angeheizt, die zwischen lokalen und ausländischen kriminellen Gruppen, vor allem Kolumbianern und Mexikanern, aber auch Albanern ausgetragen werden, wie Fernando Villavicencio selbst beklagte. Die Bande „Los Lobos“ unterhält auch Verbindungen zu albanischen Clans, die kolumbianisches Kokain nach Europa verschiffen.
Paradoxerweise hat das Friedensabkommen Kolumbiens mit der FARC-Guerilla, die ein Monopol auf die Kokainhandelsrouten vom Süden Kolumbiens bis zu den ecuadorianischen Pazifikhäfen hatte, ein Machtvakuum eröffnet, das andere kriminelle Gruppen zu füllen versuchen, wobei die kolumbianische Kokaproduktion einen historischen Höchststand erreicht hat.
Nach Angaben der ecuadorianischen Behörden unterhält das mexikanische „Sinaloa-Kartell“ enge Beziehungen zu „Los Choneros“, der größten Bande des Landes, während die rivalisierende „Jalisco New Generation“ sich mit „Los Lobos“ verbündet hat. Beide ecuadorianischen Banden sind dafür bekannt, dass sie mit europäischen kriminellen Strukturen im Land zusammenarbeiten, die Schmuggelrouten kontrollieren.
(L.M.) (Fides 11/8/2023)


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