Quito (Fides) – «Ein Grossteil der Täter sind Jugendliche, junge Menschen ohne Lebenserfahrung und Ausbildung, wie ein Stück Fleisch auf der Schlachtbank, an die Front geschickt, um sich umbringen zu lassen», so Bischof Antonio Crameri gegenüber Missio Schweiz, dem Schweizer Zweig der Päpstlichen Missionswerke. Bischof Crameri leitet das Apostolische Vikariat Esmeraldas in der gleichnamigen Provinz im Nordosten des Landes, einem der Epizentren der derzeitigen Gewalt, die dazu geführt hat, das der ecuadorianische Präsident Daniel Noboa angesichs des „bewaffneten internen Konflikts“ den Ausnahmezustand ausrufen ließ (vgl. Fides 9/01/2024 und 10/01/2024).
Bischof Crameri (der in Locarno in der Schweiz geboren wurde und seit 2002 in Ecuador) ist spricht von bürgerkriegsähnlichen Zuständen und bekräftigt, dass in der Unruheprovinz seit Dezember sieben Drogenbosse umgebracht wurden. Eine Gewalt, welche wiederum Gegengewalt von rivalisierenden Mafiaclans provoziert: brennende Tankstellen, Bombenanschläge auf die Polizeizentrale, verbrannte Fahrzeuge, Plünderungen, willkürliche Zerstörungen und immer wieder Schiessereien. Viele Menschen sind aufgrund der ausufernden Gewalt und der persönlichen Bedrohung auf der Flucht. Sie müssen alles zurücklassen, wenn sie ihr Leben retten wollen. „Es vergeht keine Woche, in der ich nicht ein Telefonat von einer bedrohten Familie erhalte, die mich bittet, sie an einen sicheren Ort zu bringen“, so Bischof Crameri.
Die Kirche versucht in dieser schwierigen Situation den Menschen besonders nahe zu sein, so auch in der Provinz Esmeraldas, wo konkrete Hilfe angeboten wird. Mit dem Sozialzentrum «Hospital de Campaña» leistet Bischof Crameri einen konkreten Beitrag zur Gewaltprävention und Hilfe für die Betroffenen von Gewalt in der Provinz Esmeraldas. Ein ganzheitliches Konzept aus medizinischer, psychologischer und seelsorglicher Betreuung bietet den Opfern der gewalttätigen Auseinandersetzungen eine Rückzugsmöglichkeit und eine Unterstützung, die sie staatlicherseits nicht bekommen können. Das Zentrum ist aber auf finanzielle Hilfe und Spenden aus dem Ausland angewiesen. „Unterstützen Sie uns bitte und beten Sie für uns“, lautet deshalb der beherzte Appell von Bischof Crameri.
In der Zwischenzeit hat das ecuadorianische Verfassungsgericht entschieden, dass Präsident Noboa zwei mit den Vereinigten Staaten vereinbarte Militärabkommen umsetzen kann, die noch vom ehemaligen Präsidenten Guillermo Lasso vor dessen Rücktritt unterzeichnet wurden. Dabei handelt es sich um das Abkommen "über Operationen gegen grenzüberschreitende illegale maritime Aktivitäten" und das Abkommen über den "Status der Streitkräfte". Diese Abkommen gewähren den US-Truppen auf ecuadorianischem Territorium eine Reihe von Vorteilen wie Steuerbefreiung, Amnestie, freie Nutzung des Luft- und Landraums, freie Nutzung des ecuadorianischen Funkspektrums und das Tragen von Waffen. Eine mögliche US-Militärintervention in Ecuador in Form der Entsendung von Waffen, Ausrüstung, Beratern und Militärausbildern ist damit absehbar.
(L.M.) (Fides 25/1/2024)