La Paz (Fides) - "Im Evangelium wollte die Frau, die Witwe, Gerechtigkeit, und sie hatte es mit einem Richter zu tun, der sich weder um Gott noch um die Menschen kümmerte“, so Bischof Robert Flock von Ignacio de Velásquez, der dann einen Vergleich zum heutigen Bolivien zog, „wo viele eine Reform der Justiz fordern, ohne gehört zu werden“. Der Bischof tat dies am gestrigen 16. Oktober bei einem Firmgottesdienst in der Pfarrei San Rafael. Dem Richter, von dem im Evangelium die Rede war, dem Verwalter der Gerechtigkeit, fehlten zwei der sieben Gaben des Heiligen Geistes, betonte der Bischof: Er hatte weder die heilige Gottesfurcht noch die Barmherzigkeit, "weil er Menschen leiden ließ, die weiterhin Unrecht erlitten".
Bei mehreren Gelegenheiten haben die bolivianischen Bischöfe daran erinnert, dass dringend ein Reformprozess unter Beteiligung und im Konsens aller Institutionen und Kräfte des Landes eingeleitet werden muss, denn "es ist dringend notwendig, ein angemessenes und unparteiisches Justizsystem zu haben, das vielen Menschen, die Opfer von Verzögerungen und Manipulationen der Justiz sind, Vertrauen und Hoffnung zurückgibt", heißt es dazu in einer vom Ständigen Rat der bolivianischen Bischofskonferenz am 17. Februar dieses Jahres veröffentlichten Erklärung (vgl. Fides 18/2/2022).
Auch in anderen Pfarreien und Diözesen nutzten die Geistlichen das Evangelium des Tages (Lk 8,1-8), um in ihren Predigten auf das Thema zurückzukommen. So erinnerte der Erzbischof Percy Lorenzo Galván von La Paz (Flores) in seiner Predigt beim Sonntagsgottesdienst in der Kathedrale daran, dass sich "etwa 60 Prozent der in La Paz Inhaftierten in Untersuchungshaft befinden" und bis zur Klärung ihrer Situation im Gefängnis bleiben werden, also Tage, Wochen, Monate und für viele bereits Jahre. "Wir müssen auch wissen, liebe Brüder und Schwestern, dass sie in vielen Fällen aus rein politischen Gründen im Gefängnis sitzen, und wir dürfen unsere Stimme angesichts dieser Ungerechtigkeit, angesichts des Beispiels des Gleichnisses, das uns das Wort Gottes vor Augen führt, nicht verstummen lassen." Der Erzbischof wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die medizinische Versorgung dieser Häftlinge ebenso wie die Achtung der Menschenrechte minimal ist. „Wir müssen viel beten, aber auch diese Zustände anprangern, das darf nicht nur in Bolivien passieren, eine Justiz, die von der Politik manipuliert wird", sagte der Erzbischof von La Paz, "als Kirche haben wir die Pflicht, diese Gerechtigkeit einzufordern, eine unabhängige Gerechtigkeit, eine saubere Gerechtigkeit, eine Gerechtigkeit, die die Würde und die Rechte eines jeden Menschen verteidigt.
Auch Erzbischof René Leigue Césari von Santa Cruz de la Sierra, erinnerte daran, wie wichtig es ist, im Gebet beharrlich zu bleiben und darauf zu vertrauen, dass Gott die Bitten zu seiner Zeit erhören wird, selbst in einem sehr schwierigen und komplizierten Moment wie dem, den die Bolivianer gerade erleben. "Hier in Santa Cruz stehen wir am Rande eines Streiks, um Gerechtigkeit zu fordern, um etwas zu fordern, das nicht nur für eine Region, nicht nur für einige wenige ist...“. Der Erzbischof rief dazu auf, Verantwortung zu übernehmen, anstatt "jemanden zu suchen, bei dem man das zu lösende Problem abladen kann", und zu einem "offenen und aufrichtigen Dialog ohne jegliche Bedingungen", um gemeinsam Lösungen zu finden.
(SL) (Fides 17/10/2022)