ASIEN/ISRAEL - Belgischer Missionar über die neue Regierung: “Fortschritte in der Palästinenserfrage wird es wohl kaum geben“

Freitag, 11 Juni 2021 mittlerer osten   geopolitik   krisengebiete   jerusalem  

moked.it

Jerusalem (Fides) - Die neue Regierung, die nun versuche, das Vertrauen des israelischen Parlaments zu gewinnen, werde niemals eine "Regierung des Wandels" sein können. Die interne Fragilität werde ihre Dauer von vornherein ungewiss machen und eine positive Entwicklung in der "Palästinenserfrage" könne es wohl kaum geben, wobei auch die Beteiligung einer arabischen Partei an der Mehrheit, die die Regierung unterstützen wird, im Hinblick auf die politischer Bedeutung, die Prozesse einer stärkeren Integration der Araber in die israelische Gesellschaft auslösen kann, nicht überschätzt werden sollte. Dies bekräftigt Pater Frans Bouwen zu den aktuellen politischen und gesellschaftlichen Prozessen im Heiligen Land. Der belgischer Missionar der Weißen Väter, lebt und arbeitet seit 52 Jahren in Jerusalem.
Am kommenden Sonntag, den 13. Juni, wird das israelische Parlament die erste Regierung, die nicht von Benjamin Netanjahu, der das Amt des Ministerpräsidenten des jüdischen Staates in den letzten 12 Jahren monopolisiert hat, geleitet wird, das Vertrauen auszudrücken. Auf dem Papier dürfte die neue Exekutive mit einer sehr knappen Mehrheit von 61 Abgeordneten rechnen (insgesamt gibt es 120 Sitze in der Knesset). Die Unterstützung für die Regierung wird von einer gemischten Koalition kommen, die neben der arabischen Ra'am-Partei aus acht Parteien von rechts, der Mitte und der Linken besteht. Das Abkommen sieht vor, dass die Regierung abwechselnd von Naftali Bennett, dem Vorsitzenden der rechtsgerichteten Yamina-Partei, und Yair Lapid, dem Vorsitzenden der zentristischen Partei Yesh Atid, geleitet wird. Die Parteien, die der neuen Regierung angehören, so Pater Bouwen, im Gespräch mit Fides „haben nur einen gemeinsamen Punkt, den Wunsch, Netanjahu aus der Regierung zu verdrängen. Und ich weiß nicht, wie lange dieses gemeinsame Interesse hält. In der Palästinenserfrage sind jedenfalls keine Fortschritte und keine positive Veränderung zu erwarten. Der zukünftige Premier Bennett ist absolut gegen jede Anerkennung eines palästinensischen Staates und hat nicht die Absicht, den Palästinensern Zugeständnisse in Bezug auf Land und größere Autonomie zu machen“.
"In den westlichen Medien betonen mehrere Kommentare die Unterstützung, die die neue Exekutive von den vier Parlamentariern des Ra'am, der "United Arab List" unter Führung des Zahnarztes Mansur Abbas, erhalten hat, die von einigen als "das Zünglein an der Waage" dargestellt wird. In Wirklichkeit“, so Pater Bouwen, „hat die Partei von Abbas den größten Konsens unter den Beduinen des Negev und kann nicht als repräsentativ für die palästinensisch-arabischen Bürger Israels angesehen werden. Die Unterstützung der Regierung Bennett-Lapid scheint vor allem den persönlichen Pläne und Ambitionen zu entsprechen und trägt zur Legitimation einer politischen Ordnung bei, die die israelische Anerkennung des palästinensischen Staates immer weniger vorstellbar macht“.
„Die Kooptierung einer arabischen Partei in der Regierung des jüdischen Staates“, so Pater Bouwen, „bleibt ein Rätsel, insbesondere nach dem, was kürzlich in gemischten Städten passiert ist, wo Palästinenser mit Sicherheitskräften und Gruppen von Juden zusammenstießen. In diesen Städten gab es kein wirkliches Zusammenleben, sondern nur ein Nebeneinander, unter Bedingungen der Ungleichheit. Es war eine faktische Realität, die man nicht zu erkennen wagte und die auf traumatische Weise plötzlich wieder auftauchte. Selbst wenn ich an diese herzzerreißenden Probleme denke, sehe ich nicht, welche Zukunft und welches Gewicht die Initiative der arabischen Partei haben soll, die sich auf eigene Initiative dafür entschieden hat, die neue Regierung zu unterstützen.
(GV) (Fides 11/6/2021)


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