ASIEN/MYANMAR- Wahlkampfauftakt im Kontext der Pandemie und anhaltender Konflikte

Dienstag, 22 September 2020 politik   menschenrechte   religiöse minderheiten   soldaten   pandemie   coronavirus   flüchtlinge  

Yangon (Fides) – Während im Land die Fälle von Covid-19 exponentiell zunehmen und der Konflikt an der Nordwestgrenze des Landes nicht aufhört, hat der Wahlkampf für die Parlamentswahlen in Myanmar begonnen: Es ist das zweite Mal nach der Wahl im Jahr 2015, dass das Land demokratischen Wahlen veranstaltet. Laut Analysten erfreut sich die Liga für Demokratie (NLD) unter Leitung von Aung San Suu Kyi zwar weiterhin großer Beliebtheit, doch es gibt auch viele Unbekannte. In Yangon wie auch in anderen Städten des Landes ist überall die Farbe Rot, die Farbe der Liga zu sehen. Der Schatten der Pandemie, der das Land zunächst entkommen zu sein schien (mit nur sechs Toten bis zum 16. August), belastet die Wahl am 8. November: Mitte September gab es bereits über 3.600 Infizierte und 39 Tote, womit sich die Infektionen in nur einem Monat verdreifacht haben. Trotzdem lehnte die Wahlkommission Anträge (insbesondere der Opposition) auf Verschiebung der Wahl ab und bestätigte das Datum im November. Der Hauptherd der Pandemie befindet sich im westlichen Bundesstaat Rakhine, ein Gebiet des Landes, das sich mit einem anderen ernsten Problem konfrontiert sieht: dem Krieg.
In Rakhine und Chin, zwei Pufferstaaten an der Grenze zu Bangladesch und Indien, hetrschen seit nunmehr etwa zwei Jahren heftige Kämpfe mit der Arakan-Army, einer separatistischen bewaffneten Gruppe, die im nationalen Friedensprozess nicht als Gesprächspartner anerkannt ist (vgl. Fides 26/8/2020), weshalb mit ihr nicht verhandelt wird. Rakhine ist der Staat der muslimischen Rohingya-Minderheit, die zwischen 2012 und 2017 weitgehend aus dem Land vertrieben wurde: diejenigen, die geblieben sind, leben in Flüchtlingslagern unter schlechten sanitären Bedingungen oder in Dörfern unter der Kontrolle der Armee. Tausende von Rohingya, die nach Bangladesch geflohen sind, haben in den letzten Monaten versucht, illegal in ihre Häuser zurückzukehren, und haben zusammen mit dem enormen Leid auch das Virus im Gepäck. Wie andere Rückkehrer aus dem Ausland (Indien, Thailand, China, wo viele Burmesen arbeiten) wurden sie bei der Einreise kontrolliert und es erwiesen sich einige von ihnen als positiv, so dass die Regierung in Rakhine erneut eine Lockdown verhängt hat. Aus Sicherheitsgründen werden die Maßnahmen überall ausgeweitet und nur der Staat Kayah (in dem eine wichtige katholische Gemeinde lebt) ist nach wie vor das einzige Gebiet des Landes ohne Infektionen ist.
Die Angelegenheit der Rohingya bringt ein weiteres Problem mit sich: die Vertretung muslimischer Bürger im Parlament, einer Minderheit, die in Myanmar (ohne die Rohingya) etwa 4 Millionen Menschen umfasst. Die Liga von Suu Kyi, die bei der vergangenen keine muslimischen Kandidaten nominiert hatte, präsentiert diesmal zwei muslimische Bewerber: ein Schritt in Richtung größerer Offenheit gegenüber denen, die nicht Teil der buddhistischen Mehrheit sind. Das Problem betrifft auch andere ethnische und religiöse Minderheiten, wie Mitglieder der birmanischen katholischen Kirche wiederholt hervorgehoben hatten.
Neu besetzt wird die Obere Kammer des Parlaments (Haus der Nationalitäten) und die Untere Kammer (Repräsentantenhaus) des birmanischen Zweikammerparlaments. Das Unterhaus besteht aus 440 Sitzen, von denen 330 gewählt und 110 von den Streitkräften ernannt werden. Das Oberhaus besteht stattdessen aus 224 Sitzen, von denen 168 vom Militär gewählt und 56 ernannt wurden. Das System, das die Liga in der gegenwärtigen Legislaturperiode erfolglos zu ändern versucht hat, gibt der Armee daher ein Viertel der Sitze: Dies ermöglicht es ihr, ein erhebliches Vetorecht bei jeder Verfassungsänderung auszuüben, für die mehr als 75% der Stimmen erforderlich sind. Das Militär leitet auch die wichtigste Oppositionspartei, die Union Solidarity and Development Party (USDP), angeführt vom ehemaligen General Than Htay. Die Partei verspricht eine bessere demokratische Zukunft, Gewährleistung der Menschenrechte und Festigung des Friedensprozesses. Die USDP sieht sich jedoch mit den Vorwürfen konfrontiert, die die Vereinten Nationen und die wichtigsten Menschenrechtsorganisationen wie "Amnesty International" und "Human Rights Watch" gegen die birmanische Armee erheben, die sie für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich machen. Eine Klage gegen sie wegen Verstoßes gegen die Genozid-Konvention von Gambia ist beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag anhängig.
(MG-PA) (Fides 22/09/2020)


Teilen:
politik


menschenrechte


religiöse minderheiten


soldaten


pandemie


coronavirus


flüchtlinge