Rom (Fides) – Mit der Ankündigung des Austritts der Militärregime von Mali, Burkina Faso und Niger aus der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (Economic Community Of West African States, ECOWAS) am vergangenen 28. Januar wurde der Integrationsprozess in Westafrika abrupt unterbrochen. In ihrer gemeinsamen Erklärung bekräftigten die drei Länder zwar, dass sie die Gemeinschaft "mit sofortiger Wirkung" verlassen würden, doch die Statuten der Gemeinschaft räumen einem Staat eine Frist von einem Jahr ein, um seinen Austritt aus der Organisation zu formalisieren.
Die drei Militärregime, die 2020 (Mali), 2022 (Burkina Faso) und 2023 (Niger) durch einen Staatsstreich an die Macht kamen, haben angespannte Beziehungen zu der Gemeinschaft, der 15 westafrikanische Staaten angehören (neben den drei ausscheidenden Staaten Benin, Kap Verde, Elfenbeinküste, Gambia, Ghana, Äquatorialguinea. Guinea-Bissau, Liberia, Nigeria, Senegal, Sierra Leone, Togo).
Vor allem Niger ist von den Wirtschaftssanktionen, die Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Putsch vom Juli 2023 verhängt hat, hart getroffen worden. Wie Rahmane Idrissa, Forscher an der Universität Leiden, gegenüber Fides erklärte, "führen die Wirtschaftssanktionen gegen Niger nicht zu politischen Ergebnissen, sondern haben nachteilige Auswirkungen auf die Bevölkerung" (vgl. Fides 12/12/2023). "Die Sanktionen zerstören die nigrische Wirtschaft", betonte der Forscher, der ein weiteres Element zum Verständnis der Politik der Junta in Niger hinzufügte: "Die Nigerianer sind stur und bereit, ihre Wirtschaft für einen nationalistischen Stolz zu opfern, der letztlich unangebracht ist. Der Staat hat Mühe, die Gehälter seiner Angestellten zu zahlen, die Preise sind in die Höhe geschnellt, aber die Bevölkerung übt keinen Druck auf die Junta aus, um mit der ECOWAS zu verhandeln".
Die drei von den Putschisten regierten Länder hatten auf Druck der ECOWAS am 16. September einen Verteidigungspakt, die Allianz der Sahel-Staaten (AES), gegründet, deren Gründungsakte sie zur Bekämpfung des "Terrorismus" verpflichtet und ihnen eine "Beistands- und Hilfspflicht" im Falle einer Aggression auferlegt.
Mit ihrem Austritt aus der ECOWAS riskieren die drei Staaten das Ausscheiden aus dem System der Freizügigkeit und des freien Aufenthalts von Personen zumindest für einige der 12 verbleibenden Mitglieder. Allein in Côte d'Ivoire leben rund 5 Millionen Bürger aus Mali, Burkina Faso und Niger. Auch in Ghana, Togo und Benin gibt es eine große Diaspora aus Niger. Alle 15 Staaten der Gemeinschaft wären jedoch von einem Austritt der drei Länder wirtschaftlich betroffen, da die Handels- und Dienstleistungsströme in der Region im Wert von fast 150 Milliarden Dollar pro Jahr unterbrochen würden.
Mali, Burkina Faso und Niger sind jedoch nicht aus der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (West African Economic and Monetary Union, WAEMU) ausgetreten, der einige ECOWAS-Staaten (Benin, Côte d'Ivoire, Guinea-Bissau, Senegal und Togo) angehören und in der die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht weiterhin gelten. Die Mitglieder der WAEMU haben die gleiche Währung, den Franc der Afrikanischen Finanzgemeinschaft (CFA), der von der Zentralbank der westafrikanischen Staaten (Banque Centrale des Etats de l’Afrique de l’Ouest, BCEAO) ausgegeben wird. Es bleibt abzuwarten, ob die Putschistenregime beschließen, ebenfalls aus der Währungsunion und damit aus dem CFA-Franc auszutreten und eine nationale oder gemeinsame Währung einzuführen.
Die Annäherung der drei scheidenden Staaten an Russland, wenn auch mit unterschiedlichen Akzenten, verleiht der Initiative auch eine geopolitische Dimension. Alle drei haben nach ihren jeweiligen Staatsstreichen französische Truppen aus ihrem Hoheitsgebiet vertrieben. Mali tat dies auch mit den internationalen Missionen unter der Leitung der UNO und Europas. Bamako hat ein Kontingent russischer Söldner (ehemalige Söldner der Wagner-Gruppe, die jetzt dem vom Moskauer Verteidigungsministerium kontrollierten „Afrikansky Korpus“ angehören) aufgenommen, um die lokalen Streitkräfte im Kampf gegen dschihadistische Gruppen und bewaffnete Tuareg im Norden zu unterstützen. Burkina Faso hat gerade die ersten hundert von Moskau entsandten Männer des „Afrikansky Korpus“ empfangen, während Niger eine differenziertere Haltung einnimmt. Einerseits beherbergt das Land weiterhin ein italienisches Militärkontingent und es gibt vor allem mindestens zwei amerikanische Stützpunkte im Land; andererseits zieht Niger die Aufnahme militärischer Beziehungen zu Moskau in Betracht.
Das führende Land der Region, Nigeria, sieht diese Entwicklungen mit Sorge, nicht zuletzt, weil die Ankündigung des Austritts der drei Länder aus der ECOWAS in die Zeit fällt, in der der nigerianische Präsident Tinubu turnusmäßig den Vorsitz der Wirtschaftsgemeinschaft innehat.
"ECOWAS verwandelt sich in ein Konfrontationsschauplatz zwischen Russland und den Vereinigten Staaten. Die Tatsache, dass diese Erklärung kurz nach der Abreise des US-Außenministers Anthony Blinken aus Nigeria kam, ist bezeichnend und wir sollten ihr Beachtung schenken", sagte der ehemalige nigerianische Außenminister Bolaji Akinyemi in einer Fernsehdebatte. "Wir wollen nicht Opfer der laufenden Konfrontation zwischen Russland und der NATO werden", fügte er hinzu. "Ich glaube nicht, dass das, was jetzt passiert, einfach gelöst werden kann, denn wir haben jetzt diese Konfrontation zwischen Russland, den westlichen Ländern und der NATO. Das sollten wir im Hinterkopf behalten."
(L.M.) (Fides 3/2/2024)