ASIEN/MONGOLEI - Papstbesuch in der Mongolei: Entstehungsgeschichte des „Hauses der Barmherzigkeit“

Mittwoch, 12 Juli 2023 päpstliche missionswerke   evangelisierung   papst franziskus  

Ulanbataar (Fides) - Der Termin ist für Montag, den 4. September, angesetzt: Um 9.30 Uhr wird Papst Franziskus in der letzten öffentlichen Veranstaltung seiner Apostolischen Reise in der Mongolei vor der Abschiedszeremonie mit den caritasarbeitern zusammentreffen und in diesem Zusammenhang - wie es im offiziellen Programm des päpstlichen Besuchs heißt - das "Haus der Barmherzigkeit" einweihen. Ein beredter Abschluss der Reise: Das Bauwerk, das der Papst einweihen wird, kann als Symbol der Nächstenliebe betrachtet werden, die die Präsenz und das Leben der kleinen katholischen Gemeinschaft in der Mongolei antreibt und belebt: Die Kirche steht im Dienst und zum Wohle aller, angefangen bei den Schwächsten.
Während die Arbeiten zur Fertigstellung des Gebäudes im Hinblick auf die Einweihung im Gange sind, trägt das Projekt auch dazu bei, die missionarischen Zusammenarbeit zugunsten der Verkündigung des Evangeliums und der Unterstützung von Werken der Nächstenliebe zu verwirklichen. Das „Haus der Barmherzigkeit“, das von Papst Franziskus eingeweiht werden soll, nahm dank der Intuition der lokalen Kirchenvertreter Gestalt an und wurde durch die konkrete Hilfe der Nationaldirektion der Päpstlichen Missionswerke Australiens (Catholic Mission) unterstützt.
Das Projekt wurde im Jahr 2019 auf den Weg gebracht: Damals hatte der Apostolische Präfekt von Ulaanbataar (und heutige Kardinal) Giorgio Marengo, auch in Absprache mit den Missionaren, die Idee, ein Sozialzentrum zu eröffnen, das sich um Frauen und Minderjährige kümmert, die Opfer häuslicher Gewalt sind.
Das Vorhaben hat sich seitdem weiterentwickelt und verwirklicht: das "Haus der Barmherzigkeit" versteht sich als Ort, an dem Menschen mit Problemen und Zuwendung, Trost und Frieden finden können.
Das im Entstehen begriffene Haus der Barmherzigkeit befindet sich in einem stillgelegten Schulkomplex, der früher den Schwestern von Saint Paul de Chartres gehörte, im Stadtviertel Bayangol.
Das Gebäude verfügt über drei Stockwerke und ein Untergeschoss und wird nicht nur als vorübergehende Unterkunft für Frauen und Minderjährige dienen, die wegen erlittener Misshandlungen von zu Hause fliehen mussten, sondern auch als Erste-Hilfe-Station, in der Obdachlose medizinisch versorgt werden. Die meisten Obdachlosen sind nicht im nationalen Gesundheitssystem registriert und haben daher keinen Zugang zu einer Behandlung in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen. Die Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helfer wollen auch die Wiederherstellung von Kontakten zwischen den Obdachlosen und ihren Herkunftsfamilien fördern, um Prozesse der Familienzusammenführung in Gang zu setzen. Darüber hinaus soll das Haus der Barmherzigkeit auch als vorübergehende Unterkunft für Migranten fungieren, die in der Stadt ankommen und vor Ort keine Bezugspersonen (Verwandte, Freunde) haben, die ihnen eine erste Unterstützung bieten können. Die Betreiber des „Hauses der Bermherzigkeit“ werden dabei mit der örtlichen Polizei, den Sozialarbeitern und den Gesundheitseinrichtungen des Viertels zusammenarbeiten.
In den letzten Tagen besuchte eine Delegation der Päpstlichen Missionswerke Australiens Ulaanbataar und stellte einen vor Ort Bericht voller Daten zusammen, der die vom „Haus der Barmherzigkeit“ angebotenen Dienstleistungen und Absischten konkret erläutert, mit denen auf Notfälle und Probleme reagiert werden soll, die das tägliche Leben der lokalen Bevölkerung bedrohen.
Der Bezirk Bayangol - so heißt es in dem von „Catholic Mission“ erstellten Bericht, der der Fides vorliegt - ist einer der neun Bezirke von Ulaanbaatar m Zentrum der Stadt und hat über 150.000 Einwohner. Der Bezirk zeichnet sich durch ein vielfältiges soziales und wirtschaftliches Umfeld aus, in dem traditionelle Lebensweisen mit Merkmalen, die sich mit der urbanen Modernisierung zusammenhängen, aufeinanderstoßen und sich vermischen. Der Stadtteil Bayangol ist dabei auch ein traditioneller Anlaufpunkt für Einwanderer aus den ländlichen Gebieten der Mongolei. Auch was die Wohnsituation angeht, so stehen im Bayangol-Viertel Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser neben Luxuswohnanlagen und Camps, die aus Gers (Jurten), den traditionellen mongolischen Zelten, bestehen.
Im Bezirk Bayangol hat sich, wie in der übrigen Mongolei, die sozioökonomische Kluft zwischen Arm und Reich in den letzten Jahren vergrößert. Diese Kluft spiegelt sich in den großen Ungleichgewichten beim Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und anderen grundlegenden Dienstleistungen wider.
Das Gesundheitssystem hat sich dem Bericht zufolge in den letzten Jahren verbessert und die Regierung stellt den Bürgern kostenlose Gesundheitsdienste zur Verfügung. Es bleiben jedoch noch Probleme zu lösen, die mit dem Personalmangel und den begrenzten Ressourcen zusammenhängen. Diese Probleme werden durch die Tausenden von Obdachlosen (mindestens 7.000), die sich in den zentralen Bezirken konzentrieren, noch verschärft.
Nach Angaben internationaler Organisationen lag die Armutsquote in Ulaanbaatar im Jahr 2021 bei 27,4 % und die Arbeitslosenquote bei 9,6 %. Die durchschnittliche Feinstaubkonzentration (PM2,5) lag dreimal so hoch wie der von der Weltgesundheitsorganisation als gesundheitsschädlich eingestufte Grenzwert.
(GV) (Fides 12/7/2023)


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