di Gianni Valente
Manama (Fides) - Die heute beginnende Reise von Papst Franziskus in das Königreich Bahrain (3.-6. November) ist auch Anlass, darauf hinzuweisen auf welch überraschende Weise die Verheißung Christi ("Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt") sich Leben von Männern und Frauen in jedem Kontext und in jeder Situation durch die Wechselfälle der Geschichte hindurch verwirklichen kann.
Eine Kirche, die "ohne Auftrag" aufblühte
Bereits in den ersten Jahrhunderten des Christentums fand auch auf der arabische Halbinsel eine Missionstätigkeit der alten Kirche des Ostens nestorianischer Prägung statt, deren Spuren in den Überresten alter Kirchen, die auch in Saudi-Arabien verstreut sind, erhalten geblieben sind. In den letzten Jahrzehnten der jüngeren Vergangenheit haben die Migrationsströme hingegen Millionen von Christen auf der Suche nach Arbeit in die Länder der Halbinsel gebracht. Auf diese Weise sind Nationen, die durch eine politische und soziale Ordnung auf einem festen islamischen Fundament aufgebaut sind, zum Schauplatz eines einzigartigen Phänomens der kirchlichen Blüte geworden
Von den derzeit 1,5 Millionen Einwohnern des Königreichs Bahrain sind rund 210.000 Christen. Die Zahl der Katholiken beläuft sich nach Angaben von Seelsorgern in der Region auf mindestens 80.000. Auf der gesamten Arabischen Halbinsel leben derzeit mehr als zwei Millionen Katholiken unterschiedlicher Nationalität und religiöser Herkunft: Inder, Filipinos, Pakistaner, Sri Lanker, Libanesen, Jordanier, Ägypter oder aus verschiedenen Ländern Europas und Amerikas... Ein mehrsprachiges und multirituelles Christentum, das ungeplant und ohne Rekrutierungskampagne entstanden ist. Eine kirchliche Gemeinschaft, die sich aus den lebenswichtigen und konkreten Bedürfnissen zusammensetzt, die Millionen von Menschen dazu bringen, ihre Heimat zu verlassen, um auf der Arabischen Halbinsel in den Ölförderanlagen, auf den Baustellen der Wolkenkratzer aus Glas und Stahlbeton, in den Häushalten der wohlhabenden Familien vor Ort, in den Dienstleistungs- und Infrastrukturnetzen, die mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der Region gewachsen sind, ein angemessenes Einkommen zu suchen. Die unvorhergesehene und nicht selten unerwünschte Folge ist, dass es auf der arabischen Halbinsel noch nie so viele Christen gab wie heute.
Die vielgestaltige katholische Gemeinde von Bahrain teilt - wie die anderen auf der ganzen Halbinsel verstreuten Auslandsgemeinden - ebenfalls die Bedingung der Vorläufigkeit, die in anderen Formen und Situationen das tägliche Leben eines großen Teils der Menschheit in der Zeit der Globalisierung und der großen Migrationsströme kennzeichnet. Was die vielen im Ausland lebenden Christen auf der Arabischen Halbinsel verbindet, ist nicht die Verwurzelung in gemeinsamen ethnischen, familiären oder kulturellen Traditionen. Was die Menschen zusammenbringt, ist ihre eigene Dynamik - vor allem die sakramentale -, die auch die einzige, authentische Quelle jeder kirchlichen Erfahrung darstellt.
In den Pfarreien, die von Gläubigen mit unterschiedlichen Sprachen und Riten besucht werden, werden jedes Jahr zu Ostern und Weihnachten viele Taufen und Hunderttausende von Erstkommunionen empfangen, während sich Tausende von jungen Menschen im Katechismusunterricht auf den Empfang der Sakramente vorbereiten. Gleichzeitig trägt die Bildungsarbeit vielder Schulen dazu bei, die Wertschätzung für die christliche Gemeinschaft zu fördern.
Missionarischer Realismus
Das Aufblühen der katholischen Gemeinden in Bahrain und auf der Arabischen Halbinsel wurde auch durch die Arbeit von Missionaren - Nonnen, Ordensbrüdern, Bischöfen, Priestern und Laien - begleitet und unterstützt, die mit Flexibilität und Realismus Wege gefunden haben, um die Seelsorge für die getauften Christen zu gewährleisten und sich gleichzeitig an das Umfeld anzupassen. Die Jahresversammlung der lateinischen Bischöfe in den arabischen Ländern im Jahr 2014 hatte den katholischen Einwanderern empfohlen, stets "die Kultur und die Traditionen der Länder zu respektieren, die sie aufnehmen". Und die Bischöfe auf der arabischen Halbinsel haben stets eine realistische und nicht antagonistische Haltung gegenüber der etablierten islamischen Ordnung eingenommen, indem sie geduldig und diskret darauf hinarbeiteten, die erforderlichen Genehmigungen für den Bau neuer Kirchen zu erhalten. Auf die Annahme, dass der Bau christlicher Gotteshäuser in diesen Ländern als Äquivalent für den Bau von Moscheen im Westen nach der Formel "quid pro quo" stattfindet, hat Bischof Paul Hinder (emeritierter Apostolischer Vikar von Südarabien und derzeitiger Apostolischer Administrator von Nordarabien) schon vor langer Zeit geantwort, dass "das Bestehen auf Gegenseitigkeit im mathematischen Sinne nicht funktioniert". Und auch sein Vorgänger Bernardo Gremoli (1926-2017), der von 1976 bis 2015 an der Spitze des Apostolischen Vikariats von Arabien stand, betonte immer wieder, dass man realistisch sein müsse und dass man sich mit der Forderung nach Gegenseitigkeit nicht Randthemen aufhalten solle. Diese Meinung vertrat auch der verstorbene italienische Bischof Camillo Ballin, der im April 2020 starb, als er Apostolischer Vikar von Nordarabien war. Denjenigen, die auf den Gegensatz zwischen Christentum und Islam hinwiesen, antwortete Bischof Ballin, dass es in den Ländern, die zu dem ihm anvertrauten Vikariat gehören, "keine ständigen Verfolgungen gibt", und dass er nie Strategien entwickelt habe, um Muslime zum Christentum zu bekehren, und erinnerte daran, dass in diesen Ländern die Mission darin bestehe, "Jesus nachzuahmen".
Der Respekt vor dem Kontext prägt das alltägliche Leben vieler Kirchengemeinden in Bahrain wie auch auf der übrigen arabischen Halbinsel. Viele Christen wünschen Begleitung und den Trost Christi inmitten der alltäglichen Schwierigkeiten und Opfer und ertragen selbst kleine und große Einschränkungen ohne eine antagonistische Haltung einzunehmen. Sie wissen, dass Proselytismus gegenüber Muslimen nicht toleriert wird. Und dass Kirchen keine Glocken oder ein Kreuz auf dem Dach haben dürfen.
Zeichen des islamischen Wohlwollens
Das Bemühen darum, unnötige Kontraste mit der lokalen Mentalität und den politischen Apparaten zu vermeiden, hat oft dazu beigetragen, dass die Emire und Behörden, die auf der arabischen Halbinsel ihre Macht in Formen ausüben, die weit von westlichen Modellen entfernt sind, den Katholiken und ihren Bischöfen mit Zustimmung und offener Sympathie begegnen.
Seit Jahrzehnten werden auf der Halbinsel, außer in Saudi-Arabien, Kirchen auf Grundstücken gebaut, die von Emiren und Herrschern zur Verfügung gestellt werden, wie in Bahrain die neue Kathedrale Unserer Lieben Frau von Arabien, die am 10. Dezember 2021 im Rahmen einer Eucharistiefeier unter dem Vorsitz von Kardinal Luis Antonio Tagle eingeweiht wurde (vgl. Fides 10/12/2021).
Im Staat Bahrain, einem Emirat, das 2002 zum Königreich wurde, seit dem 18. Jahrhundert von der königlichen Familie Al Khalifa unter britischer Kolonialherrschaft regiert wird und schließlich 1971 unabhängig wurde, ist die Scharia (das islamische Recht) die wichtigste Rechtsquelle. Die Verfassung schützt die Gewissensfreiheit und die Unverletzlichkeit der Kultstätten, weist jedoch darauf hin, dass diese Garantien im Einklang mit den im Land herrschenden Bräuchen ausgeübt werden. So ist es beispielsweise Muslimen faktisch nicht gestattet, zu anderen Religionen zu konvertieren, auch wenn keine Gesetze erlassen wurden, die eine Konversion unter Strafe stellen. Innerhalb dieses Rahmens haben die Herrscher der Familie Al Khalifa der katholischen Kirche und ihren Gemeinschaften gegenüber stets konkretes Wohlwollen gezeigt. Die Herz-Jesu-Kirche in Manama, die 1939 auf einem vom damaligen Emir gestifteten Grundstück errichtet wurde, war das erste katholische Gotteshaus, das in den Golfstaaten in der Neuzeit gebaut wurde. Im Jahr 2008 wurde der derzeitige König Hamad Bin Isa Al Khalifa von Papst Benedikt XVI. in in dessen Sommerresidenz in Castel Gandolfo bei Rom empfangen, der den Papst zu einem Besuch im Königreich einlud. Im selben Jahr wurde der erste bahrainische Botschafter beim Heiligen Stuhl akkreditiert. Dreizehn Jahre später, am 25. November 2021, schickte König Hamad selbst einen engen Mitarbeiter nach Rom, um Papst Franziskus eine offizielle Einladung zu einem Besuch in Bahrain zu überreichen (vgl. Fides 26/11/2021). In dem Einladungsschreiben hob der König die "grundlegende und führende Rolle von Papst Franziskus bei der Schaffung und Förderung des interreligiösen Dialogs und des Verständnisses zwischen den verschiedenen Kulturen und Zivilisationen sowie bei der Verbreitung der Werte der menschlichen Brüderlichkeit und des Zusammenlebens aller Menschen" hervor. Der König von Bahrain bekundete in seinem Schreiben an den Nachfolger Petri auch seine uneingeschränkte Zustimmung zum Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt, das am 4. Februar 2019 in Abu Dhabi vom Bischof von Rom und Scheich Ahmed al Tayyeb, dem Großimam der Al Azhar, unterzeichnet wurde, und zeigte sich überzeugt, dass auf der Grundlage der in diesem Text enthaltenen Grundsätze versucht werden kann, "eine gedeihlichere Zukunft für die gesamte Menschheit" aufzubauen.
Der pastorale Scharfsinn der "Missionsbischöfe" und das Dokument von Abu-Dhabi
Die Zustimmung muslimischer Monarchen und hoher Staatsvertreter zum Dokument von Abu Dhabi bestätigt, dass der Ton und der Inhalt dieses vom Papst und dem Großimam von Al Azhar unterzeichneten Textes in einflussreichen Kreisen der Länder mit islamischer Mehrheit auf eine besondere positive Resonanz gestoßen ist. Ein weiteres Zeichen dafür, dass in diesem Dokument, das auf die Förderung der Koexistenz und der brüderlichen Zusammenarbeit zwischen Christen und Muslimen abzielt, auch der Realismus und die Einsicht zum Ausdruck kommen, die die jüngsten kirchlichen Ereignisse auf der arabischen Halbinsel geprägt haben. Der grundlegende Ansatz des Dokuments von Abu Dhabi scheint mit dem pastoralen Scharfsinn der katholischen Bischöfe übereinzustimmen, die in den letzten Jahrzehnten in diesen Ländern tätig waren. Alsa auf das, was bisher die Existenz und sogar das Wachstum der christlichen Gemeinschaften in den Wiegenländern des Islam begünstigt hat.
(Fides 2/11/2022)