ASIEN/PAKISTAN - Pakistanisches Gericht bestätigt Kinderehe und Zwangsbekehrung: Kirche und Zivilgesesellschaft protestieren

Donnerstag, 29 Oktober 2020 religiöse minderheiten   islam   christentum   gewalt   entführungen   konversion  

Karatschi (Fides) - „Wir bitten die Behörden der Regierung von Sindh, die Polizeibeamten und die Justiz um Gerechtigkeit und ein faires Verfahren. Wir wünschen uns strenge Maßnahmen gegen die wachsende Welle von Entführungen, Zwangskonvertierungen und Zwangsheiraten von Mädchen religiöser Minderheiten in Pakistan. Im Moment fühlen sich die Bürger, die Minderheiten angehören, nicht als sicher und gleichberechtigt", so Kardinal Joseph Coutts, Erzbischof von Karatschi, über den Fall des entführten katholischen Mädchens, Arzoo Raja, die gezwungen wurde einen muslimischen Mann zu heiraten und zum Islam konvertierten (vgl, Fides 21/10, 22/10 und 24/10/2020)
Pfarrer Saleh Diego, Generalvikar der Erzdiözese Karatschi und Leiter der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, leitete am gesterigen 28 Oktober eine Protestkundgebung von über 300 Menschen, darunter Christen, Hindus und Muslime, vor dem Eingang St. Patrick-Kathedrale. Pater Diego sagte: „Wir bitten um Gerechtigkeit für die minderjährige Arzoo Raja, die erst 13 Jahre alt ist. Der Gerichtsbeschluss, der die Entführung legitimiert, hat die christliche Gemeinschaft Pakistans traurig gemacht. Gemäß der Verordnung muss das Mädchen bei ihrem Entführer leben und die Polizei wird dem Ehepaare Schutz garantieren“. „Das entführte Mädchen ist bereits seit zwei Wochen bei ihrem Entführer und das Gericht hat zugunsten des Entführers entschieden. Das ist schrecklich”, so der katholische Priester, “Um Gerechtigkeit einzufordern, werden wir alle möglichen Anstrengungen unternehmen“.
Arzoo Raja wurde am 13. Oktober 2020 von einem Mann namens Ali Azhar entführt, der in der Nachbarschaft des christlichen Mädchens lebte. Noch am selben Tag wurde das Mädchen mit ihm verheiratet und musste zum Islam konvertieren.
Ein Gerichtsbeschluss vom 27. Oktober besagt nun, dass Arzoo Fatima (der muslimische Name) eine Einverständiserklärung unterzeichnet hat. Des weiteren wird erwähnt, dass Arzoo Fatima zwar ursprünglich katholisch war, aber mit der Zeit erkannt hätte, dass der Islam eine universelle Religion ist, und sie soll ihre Eltern und andere Familienmitglieder gebeten haben, sich dem Islam anzuschließen zu dürfen, was diese kategorisch ablehnten. Arzoo habe sich also freiwillig dem Islam angeschlossen und sei aus freiem Willen eine Ehe mit einem muslimischen Mann, Ali Azhar, eingegangen.
Außerdem ordnet der Beschluss an, dass im Zusammenhang mit der gemäß Artikel 364-A des pakistanischen Strafgesetzbuchs (über die Entführung einer Person unter 14 Jahren) registrierten Beschwerde (First Information Report) keine Festnahme vorzunehmen. Vielemehr soll die Polizei das frisch verheiratete Mädchen schützen.
Die muslimische Menschenrechtsaktivistin Shema Kirmani, betont: "Wir verurteilen nachdrücklich solche Handlungen, die im Namen der Religion durchgeführt werden. Keine Religion zwingt jemanden, den eigenen Entführer zu heiraten zu konvertieren. Dies ist Entführung und Vergewaltigung". "Nach dem Gesetz über die Eheschließung von Kindern in der Provinz Sindh darf niemand unter 18 Jahren heiraten. Die Behörden müssen die Schuldigen verhaften und bestrafen", fügt sie hinzu.
Die christliche Menschenrechtsaktivistin Christ Ghazala Shafiq, die sich insbesondere für den Schutz der Frauenrechte einsetzt betont: „Dieser Gerichtsbeschluss akzeptiert die erzwungene Bekehrung von Arzoo Raja, einem 13-jährigen Mädchen. Der Richter bat nicht einmal um ihre Geburtsurkunde, um das Alter nachzuweisen, und erlaubte ihr nicht, ihre Eltern zu treffen. Dies ist eine ungerechte Entscheidung, die die von den Eltern vorgelegten Dokumenten, die das korrekte Alter des Mädchens belegen, in keiner Weise berücksichtigt".
(AG-PA) (Fides 29/10/2020)


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