Tripolis (Fidea) - Hunger, Krankheit (insbesondere im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie), Gewalt: Die Situation von Migranten in Libyen wird immer schwieriger. "Die Afrikaner leben hier in Angst und Schrecken", bemerkt Mussie Zerai, ein Priester aus der Eparchie Asmara, der sich seit langem um Migranten kümmert. Migranten haben keinerlei Gewissheit. Die Bewohner der 22 von der Regierung in Tripolis verwalteten Flüchtlingslager, wissen nicht mehr, auf wen sie sich verlassen können: Die Verantwortlichen arbeiten oft mit Menschenhändlern zusammen, die Politiker sind abwesend, das Militär ist gewalttätig." In den Camps leben rund fünftausend Geflüchete. Sie sind vor allem eritreischer, äthiopischer, somalischer, sudanesischer Herkunft. Weitere Camps gibt es in Kyrenaika. Zudem gibt auch viele illegale Camps, die direkt von den Milizen verwaltet werden. Sie sind voll von Menschen, die vor der Armut fliehen und nach einer besseren Zukunft in Europa suchen.
Viele sitzen in Libyen fest, wo seit Monaten der Bürgerkrieg zwischen den Soldaten der Regierung unter Fayez al-Serraj (mit Sitz in Tripolis) und den Streitkräften von General Khalifa Haftar (in Bengasi). In den letzten Monaten waren die Gefechte am Stadtrand von Tripolis sehr heftig. Und die Situation verschlechterte sich mit dem Eintritt internationaler Akteure in den Konflikt: die Türkei auf der Seite von al-Sarraj; Russland, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten zur Unterstützung von Haftar. Es wurden neue und tödliche Waffen getestet, beispielsweise Kamikaze-Drohnen. Und trotz einer Mitteilung der der UN-Mission in Libyen (UNSMIL), in der die Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen den Parteien angekündigt wurde, um einen Waffenstillstand zu erreichen, kommt es immer noch zu Kämpfen vor Ort.
"Die Kämpfe” - so Pfarrer Mussie weiter, “verhindern auch die Kontrolle durch die Vereinten Nationen. Als eritreische Gemeinschaft haben wir das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) gebeten, die Bedingungen von Migranten in einigen Camps zu überprüfen. Die UN-Beamten konnten keines der Camps erreicht oder betreten. Und wir sind uns nicht sicher, was in diesen Einrichtungen passiert. "
Die Kommunikation mit Inhaftierten ist sehr schwierig. "Einige von ihnen haben Telefone”, so Pfarrer Mussie weiter, „aber sie können nicht anrufen oder sprechen, denn sie laufen Gefahr, dass Mobiltelefone von den Wärtern zerstört oder beschlagnahmt werden. Wir wissen also nicht einmal, unter welchen hygienischen Bedingungen sie leben."
Breits unter normalen Bedingungen gab es in den Camps keine medizinische Hilfe und Lungen- und Hautkrankheiten waren weit verbreitet. Hinzu kam in den letzten Wochen die Gefahr einer Corona-Infektion. Insgesamt 152 Infizierte und 5 Tote wurden bisher offiziell registriert, aber die Kämpfe machen es unmöglich, eine genauere Zählung vorzunehmen. "In den Zentren”, so Pfarrer Mussie bemerkt, “sind die Menschen zusammengepfercht. Sie können keinen Abstand halten. Es wurden auch keine medizinischen Hilfsgüter verteilt. Wir befürchten, dass sich das Virus schnell ausbreiten und zahlreiche Opfer verursachen kann."
In dieser Situation fällt es selbst der kleinen örtlichen katholischen Gemeinde schwer, zur Unterstützung von Migranten beizutragen. "Die Kämpfe und die weit verbreitete Gewalt”, schließt der Priester, machen jede Art von Fortbewegung unmöglich. Selbst wenn ich wollte, kann ich den Jungen und Mädchen nicht sagen, dass sie in die Kirchen in Tripolis kommen sollen. Das Risiko besteht darin, dass sie geschlagen und ausgeraubt werden, sobald sie sich fortbewegen. Die Situation ist schwierig. Der Konflikt muss aufhören, damit humanitäre Organisationen wieder in der Lage sind, so schnell wie möglich zugunsten der Migranten, die hier in der Hölle leben, einzugreifen."
(EC) (Fides 15/6/2020)