Port-au-Prince (Agenzia Fides) - „Die Menschen sind erschöpft. Sie bitten den Staat um Hilfe“, so Vorsitzender der haitianischen Bischofskonferenz und Erzbischof von Port-au- Max Leroy Mésidor, in seiner Beileidsbekundung für die Opfer des Massakers vom 3. Oktober in Pont Sondé.
Das Massaker wurde in den frühen Morgenstunden des 3. Oktober von Mitgliedern der bewaffneten Bande „Gran Grif“ in Pont Sondé, zwischen den Gemeinden Saint-Marc und Estère (Departement Artibonite) verübt. Mindestens 70 Menschen wurden getötet, darunter 10 Frauen und 3 Kinder. Bei dem Angriff wurden 16 Menschen verletzt und 45 Häuser in Brand gesetzt. Mehr als 6.000 Menschen flohen nach dem Massaker aus dem Gebiet.
„Das Land ist völlig krank. Aber die Situation im Westen und in Artibonite, den beiden größten Departements, ist noch schlimmer“, bekräftigt Mésidor, der sich fragt, ob es einen Plan gibt, um diese beiden Gebiete im Besonderen und das Land im Allgemeinen zu zerstören. „Seit zwei Jahren ist die Gemeinde Petite Rivière de l'Artibonite verwaist. Keine Polizeipräsenz. Das Gleiche gilt für die Stadt Liancourt. Diese beiden Gebiete, in denen das Leben einst pulsierte, sind heute von Verzweiflung übermannt“.
In den letzten Jahren wurde das Departement Artibonite im Westen des Landes von Bandengewalt überrollt, wobei Zivilisten ins Kreuzfeuer gerieten. Von April bis Juni 2024 forderten Bandenangriffe in Gros-Morne, L'Estère, Liancourt, Petite Rivière de l'Artibonite und Terre Neuve nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen in Haiti (BINUH) mindestens 76 Menschenleben, darunter auch Kinder.
Das Departement Artibonite gilt wegen seiner Reisproduktion als die Kornkammer Haitis. Die starke Instabilität in der Region hat zu der Nahrungsmittelkrise beigetragen, die zur Sicherheitskrise in einem Land beiträgt, das keinen Frieden zu finden scheint. Nach Angaben einer Gruppe von NRO, die in Haiti tätig sind, leiden 5,4 Millionen Haitianer unter schwerer Ernährungsunsicherheit, von denen 2 Millionen - etwa 18 % der Bevölkerung - an schwerem Hunger leiden.
In ganz Haiti waren seit 2023 mehr als 700.000 Menschen gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen, um der Bandengewalt und der weit verbreiteten Unsicherheit zu entkommen. In der ersten Hälfte des Jahres 2024 (Januar bis Juni) verzeichneten die Vereinten Nationen insgesamt 3.638 Morde, was einem Anstieg von fast 74 Prozent im Vergleich zu 2023 entspricht.
Der amtierende Premierminister Garry Conille reiste unterdessen in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Kenia, um für eine Verstärkung der internationalen Sicherheitsmission in Haiti zu werben, die bisher nur aus 400 meist kenianischen Polizisten besteht.
(L.M.) (Fides 7/10/2024)