Beirut (Fides) – In ganz Beirut hängen die Werbeplakate des ehemaligen Armeegenerals und aktuelle Präsidentschaftskandidaten Michel Aoun. Sollte es nicht in letzter Minute zu unvorhergesehenen Überraschungen kommen, wird Aoun bei der für den kommenden Montag, den 31. Oktober geplanten Präsidentschaftswahl zum neuen Staatsoberhaupt gewählt werden. “Erste Vorbereitungen”, so der der maronitische Priester Rouphael Zgheib, Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke im Libanon, “finden auch im Präsidentenpalast statt, wo der neue Präsident einziehen soll. Dort stellen sich auch die Medienvertreter aus aller Welt auf, die vom Amtsantritt berichten wollen. Die einzige Ungewissheit ist … ist der Umfang der Zustimmung für Aoun. Es bleibt abzuwarten, ob er bereits im ersten Wahlgang gewählt wird, bei der die Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig ist oder erst im zweiten Wahlgang, bei dem die absolute Mehrheit reicht”.
Mit der Wahl Aouns geht ein zweieinhalbjähriges Machtvakuum im Präsidentenamt zu Ende, das den jeweiligen Vetos der sich gegenseitig lähmenden politischen Blöcke im Libanon geschuldet war. Die Lähmung soll nun durch eine Übereinstimmung zwischen den wichtigsten maronitischen, schiitischen und sunnitischen Parteien überwunden werden. Der Kandidaten der wichtigsten maronitischen Partei wird auch von den ehemaligen anderen rivalisierenden maronitischen Parteien unterstützt und selbst die schiitische Hishbollah und der sunnitischen Zukunftspartei unterstützt.
Die Zustimmung der Zukunftspartei (mit Verbindungen nach Saudi Arabien) zur Kandidatur des ehemaligen politischen Gegners Aoun ebnete den Weg für eine Beendigung der institutionellen Krise im Libanon. Nur noch kleiner Parteien lehnen den “großen Kompromiss” ab.
Das komplexe politische System des Libanon sieht vor, dass das Amt des Präsidenten mit einem Maroniten besetzt wirde. Auf geopolitischer Ebene wird die bevorstehende Wahl Aouns als Signal für den schwindenden Einfluss Saudi Arabiens im Kontext des Nahen Osten bewertet.
Anlässlich eines Empfangs des katholischen Pressezentrums im Casinò du Liban begrüßte auch der maronitische Patriarch, Kardinal Bechara Rai die bevorstehende Wahl eines „starken Präsidenten ”. Der Kardinal dankte in diesem Zusammenhang auch den ehemaligen Premierminister Saad Hariri von der Zukunftspartei für die Zustimmung, die das Land vor dem Absturz bewahre. "Der Patriarch”, so Pfarrer Rouphael Zgheib “hat stets an die Dringlichkeit einer Überwindung des Machtvakuums im Präsidentenamt erinnert, unabhängig von dem Kandidaten, wenn dieser in der, die notwendige Unterstützung genießt, damit die Institutionen die Lähmung überwinden und wieder auf der Grundlage der Verfassung funktionieren können”.
(GV) (Fides 28/10/2016).