AFRIKA/GABUN - Vorsitzender der Bischofskonferenz: “Die Menschen können aufatmen, aber wir bleiben vorsichtig”

Mittwoch, 6 März 2024 bischöfe   putsch  

Libreville (Agenzia Fides) - "Der bleierne Mantel, der über dem Land hing, scheint sich aufgelöst zu haben", sagt der Vorsitzende der Bischofskonferenz von Gabun, Bischof Jean-Vincent Ondo Eyene von Oyem, im Interview mit Fides.
Gabun befindet sich in einer Übergangsphase nach dem Staatsstreich vom 30. August, mit dem Präsident Ali Bongo Ondimba, der Gabun 14 Jahre lang regiert hatte, unblutig gestürzt wurde, und zwar weniger als eine Stunde nach der Verkündung seiner Wiederwahl bei den Wahlen vom 26. August, die von der Opposition als gefälscht bezeichnet wurden (vgl. Fides 30/8/2023).
Am 4. September wurde der Putschistenführer General Brice Oligui Nguema als Übergangspräsident vereidigt, wobei er versprach, "freie, transparente, glaubwürdige und friedliche Wahlen" zu organisieren, ohne jedoch den Zeitpunkt zu nennen (vgl. Fides 5/9/2023).

Wie erlebt die Kirche diese Übergangsphase?

Ich danke Ihnen für die Gelegenheit, über die Situation in meinem Land zu sprechen. Wir haben schwierige Zeiten erlebt, auch in der Kirche, mit dem vorherigen Regime in seiner Endphase. Es war eine harte Regierung. In unserer prophetischen Rolle haben wir darauf aufmerksam gemacht, vor allem bei den Wahlen im letzten Jahr. Während der Messe zum Abschluss unserer Vollversammlung 2023, zu der die gesamte Regierung eingeladen war, wussten die Behörden die Barmherzigkeit der Predigt nicht zu schätzen, die sich nicht speziell an sie, sondern an alle politischen Parteien richtete, um sie aufzufordern, aus dem Teufelskreis der Abhaltung von Wahlen auszusteigen, bei denen ein Gewinner und einen Verlierer verkündet wir, was wiederum das Volk auf die Straße ruft, wobei die Polizei schließlich auf Demonstranten schießt. Und nach all dem beginnt der Dialog über die Aufteilung des "Kuchens", d.h. der öffentlichen Mittel. Dieses Vorgehen hat der Entwicklung des Landes nichts gebracht. Die alte Regierung hat diese unsere Botschaft nicht verstanden, die alle, nicht nur sie, sondern alle politischen Parteien und die Bevölkerung selbst, dazu aufforderte, diese verhängnisvolle Vorgehensweise aufzugeben.
Nach unserer Stellungnahme wurden die Beziehungen zwischen Staat und Kirche kompliziert; wir hatten keine Gelegenheit mehr, mit der alten Regierung oder dem Staatschef zusammenzutreffen, der eigentlich ein Treffen mit uns Bischöfen geplant hatte.
Jetzt danken wir dem Herrn, dass die Bevölkerung nach den Ereignissen vom 30. August zufrieden zu sein scheint; der bleierne Mantel, der auf ihr lastete, scheint verschwunden zu sein und die Menschen können aufatmen. Aber wir bleiben immer vorsichtig.

Die von Ihnen erwähnte "Aufteilung des Kuchens" betrifft hauptsächlich die Gewinne aus der Erdölförderung. Gibt es in dieser Hinsicht Anzeichen für Veränderungen?

Gabun muss Ordnung in die Verwaltung seiner Ölressourcen bringen, die ein Geschenk Gottes sind, das der Mehrheit der Bevölkerung zugutekommen muss. Bislang gab es Familien, die einen sehr hohen Anteil an den Öleinnahmen hatten. Es gibt eine laufende Debatte darüber, wie der Ölreichtum besser verteilt werden kann. Der neue Staatschef versucht dies, indem er neue Projekte zum Bau von Infrastruktur, Wohnungen, Schulen und Krankenhäusern initiiert.

Die Kirche in Gabun, die von Missionaren gegründet wurde, wird heute fast ausschließlich von einheimischen Priestern und Bischöfen geleitet, nicht wahr?

Unsere Kirche wurde von Missionaren gegründet, und dieses Jahr, am 29. November, feiern wir 180 Jahre Evangelisierung. Wie Sie sehen können, gibt es heute keine Missionsbischöfe mehr, sondern nur noch einheimische Geistliche. Um dem Auftrag des Evangeliums immer treuer zu werden, wollen wir die bischöfliche und pastorale Einheit stärken. Der Glaube manifestiert sich auch in gemeinsamen Einrichtungen wie einem zentralen Priesterseminar, das wir in naher Zukunft realisieren wollen.

Wie wird der ökumenische und interreligiöse Dialog in Gabun gelebt?

Gabun ist ein friedliches und gastfreundliches Land. Und wenn wir von Gastfreundschaft sprechen, heißt das, dass wir Menschen aller Art und von überall her willkommen heißen. Der ökumenische Dialog funktioniert also sehr gut. In meiner Kirchenprovinz zum Beispiel, in der es viele Protestanten gibt, erlebe ich bei meinen Pastoralbesuchen, dass die Protestanten zu den Katholiken sagen: 'Wir heißen euren Bischof willkommen'. In Familien kann man Gläubige finden, die von einer Kirche zur anderen wechseln. Das bedeutet, dass wir uns bei Festen treffen. Was die Ausbreitung von Sekten betrifft, so gibt es sie in den großen Städten, aber nicht auf dem Land.
(L.M.) (Fides 6/3/2024)


Teilen: