ASIEN/PAKISTAN - Parlament verurteilt Lynchjustiz und fordert Achtung der rechtsstaatlichen Prinzipien

Dienstag, 25 Juni 2024 menschenrechte   religiöse minderheiten   blasphemie  

Islamabad (Fides) - Das pakistanische Parlament hat eine Resolution verabschiedet, die sich mit der schwerwiegenden Praxis der "Lynchjustiz" befasst und diese verurteilt, die in jüngster Zeit durch mehrere Vorfälle wie zum Beispiel die Ereignisse in Sargodha (vgl. Fides 27/5/2023) und Peschawar (vgl. Fides 21/6/2024 ) in die Schlagzeilen geraten ist. Die am 23. Juni verabschiedete Resolution bekräftigt die Bedeutung der Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit und unterstreicht die Dringlichkeit des Schutzes von Minderheiten. In den pakistanischen Medien wird darauf hingewiesen, dass es sich um einen bedeutenden Schritt im Bereich der Gesetzgebung handelt, um die Gewalt zu bekämpfen und die Sicherheit und die Rechte aller Bürger zu gewährleisten. In der von Justizminister Azam Nazeer Tarar initiierten Resolution wird betont, dass das Recht auf Leben das wichtigste in der pakistanischen Verfassung verankerte Recht ist.
„Jede Person muss im Einklang mit dem Gesetz und nicht anders behandelt werden", heißt es in der Resolution. Das pakistanische Parlament äußerte seine ernste Besorgnis über die Lynchmorde an Bürgern, denen Blasphemie vorgeworfen wird, in Swat und Sargodha und stellte mit großer Sorge fest, dass solche Vorfälle zunehmen. „Solche Taten dürfen in keiner zivilisierten Gesellschaft toleriert werden", so der Minister. In dem Text werden sowohl die Bundes- als auch die Provinzregierungen aufgefordert, die Sicherheit aller Bürger, einschließlich religiöser Minderheiten und anderer gefährdeter Bevölkerungsgruppen, zu gewährleisten, und es werden sofortige Maßnahmen zur Ermittlung, Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung der an diesen Vorfällen Beteiligten gefordert.
Die Resolution wurde von allen politischen Kräften unterstützt. Sie fordert strenge Maßnahmen zur Verhinderung von Lynchjustiz und zur Eindämmung des Missbrauchs der Blasphemiegesetze, um das Leben Unschuldiger zu schützen. Während der Parlamentsdebatte betonte der Bundesminister für Planung und Entwicklung, Ahsan Iqbal, dass es sich nicht nur um Einzelfälle handele, sondern um eine besorgniserregende Serie von Gewalttaten, die im Namen der Religion begangen werden. Verteidigungsminister Khawaja Muhammad Asif schloss sich dem an und forderte die Abgeordneten auf, eine klare Position zu diesem Thema einzunehmen. Justizminister Azam Nazir Tarar, der zusammen mit anderen Abgeordneten maßgeblich an der Ausarbeitung und Einbringung der Resolution in der Versammlung beteiligt war, bekräftigte das Engagement der Regierung für Gerechtigkeit und den Schutz der Menschenrechte.
Eine ähnliche Resolution wurde am gestrigen 24. Juni auch vom Regionalparlament der Provinz Punjab vorgelegt und einstimmig verabschiedet. In dem Text werden Vorfälle von Blasphemie scharf verurteilt und Schutz für alle Bürger gefordert. In der von der muslimischen Abgeordneten Raheela Khadim Hussain von der Pakistanischen „Muslim League-Nawaz“ initiierten Resolution heißt es, dass "Vorfälle von Gewalt wegen angeblicher Blasphemie äußerst besorgniserregend sind und nicht toleriert oder ungestraft bleiben dürfen“. Der Sprecher der Versammlung des Punjab, Malik Muhammad Ahmed Khan, sagte bei dieser Gelegenheit, dass solche Gewalt und Lynchmorde eine eklatante Verletzung der Verfassung seien, die die Rechte aller Bürger garantiere.
Die beiden Resolutionen auf Bundes- und Provinzebene wurden von verschiedenen Abgeordneten, darunter auch christlichen Abgeordneten, unterstützt. Ihre Unterstützung und ihr Engagement in dieser Sache haben entscheidend dazu beigetragen, das Thema in den Vordergrund zu rücken, um gegen die Gewalt des Mobs vorzugehen und gefährdete Gemeinschaften zu schützen.
Nach Ansicht der pakistanischen zivilgesellschaftlichen Organisationen ist dies „ein wichtiger Schritt zur Förderung von Gerechtigkeit und Gleichheit im Lande“. Man müsse den Mut der Politiker, die begonnen haben, dieses Gesetz im Parlament zu diskutieren, würdigen. Es gebe ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass der fortgesetzte Missbrauch des Blasphemiegesetzes gestoppt werden müsse, und diese Resolution sei ein Hoffnungsschimmer, dass diese Diskussion nicht hier ende, sondern dass „konkrete Lösungen gefunden werden, um unschuldige Leben zu retten", betont Nasir Saeed, Direktor der Nichtregierungsorganisation „Centre for Legal Aid, Assistance and Settlement“ (CLAAS). "Diese Resolutionen ebnen den Weg für umfassendere Rechtsreformen, die hoffentlich zu spürbaren Veränderungen vor Ort führen und sicherstellen, dass die Rechte aller Bürger geachtet werden. Die Regierung und die Gesetzgeber haben nun die Aufgabe, diese Resolutionen wirksam umzusetzen und auf eine gerechtere und integrativere Gesellschaft hinzuarbeiten", stellt er fest.
In Peschawar in der nördlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa leitete die Polizei unterdessen Ermittlungen gegen Hunderte von Menschen ein, die eine Polizeistation angegriffen und einen Mann getötet hatten, der verdächtigt wurde, den Koran geschändet zu haben. Mithilfe der in den sozialen Medien verbreiteten Videos hat die Polizei versucht, die Personen zu identifizieren, die am 20. Juni die Polizeistation in Madyan, einem beliebten Touristenort in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, angegriffen und niedergebrannt haben und den der Blasphemie beschuldigten Mohammad Ismail getötet haben. Die Polizei hat jedoch bisher noch keinen der Angreifer festgenommen.
(PA) (Fides 25/7/2024)


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