AFRIKA - Auch Seoul umwirbt afrikanische Länder auf der Suche nach strategischen Mineralien, neuen Märkten und UN-Unterstützung

Samstag, 15 Juni 2024 wirtschaft  

Seoul (Fides) - "Gemeinsames Wachstum, Nachhaltigkeit und Solidarität". Dies sind die drei "Säulen" der Zusammenarbeit zwischen afrikanischen Ländern und Südkorea, wie es in der gemeinsamen Erklärung heißt, die zum Abschluss des Gipfeltreffens zwischen Afrika und Südkorea, das am 5. Juni in Seoul zu Ende ging, veröffentlicht wurde.
Südkorea fügt sich damit ein in die Reihe der verschiedenen nicht-afrikanischen Länder (China, USA, Frankreich, Japan, Italien, Vereinigtes Königreich, Türkei) oder kontinentalen Institutionen (wie die Europäische Union), das afrikanische Staats- und Regierungschefs zu einem gemeinsamen Gipfel einlädt.
Seouls Interesse an Afrika konzentriert sich auf drei Themen: den Zugang zu strategischen Rohstoffen, die Schaffung neuer Märkte für seine Produkte und die politische Unterstützung in UN-Gremien, insbesondere im Hinblick auf Pjöngjang.
Die afrikanischen Länder ihrerseits sehen in diesem neuen "Wettlauf um Afrika" der großen und mittelgroßen Mächte die Chance, sich von einer alten postkolonialen Logik zu befreien (dies gilt für die ehemaligen französischen Kolonien) und bessere Bedingungen im Austausch für ihre Rohstoffe oder ihre politische und strategische Unterstützung aushandeln zu können (z.B. im Hinblick auf die Überlassung von Militärstützpunkten an nicht-afrikanische Mächte).
Am Gipfeltreffen in Seoul nahmen 48 afrikanische Länder (30 davon waren durch ihre Staatschefs vertreten) sowie Vertreter der Afrikanischen Union und der Afrikanischen Entwicklungsbank (African Development Bank Group, AfDB) teil.
Südkorea hat zugesagt, seine Entwicklungshilfe für Afrika bis 2030 auf 10 Mrd. USD zu verdoppeln und 14 Mrd. USD an Exportfinanzierung bereitzustellen, um koreanischen Unternehmen zu helfen, ihren Handel und ihre Investitionen auf dem Kontinent zu steigern. Seoul unterstützt auch die Initiative zur Schaffung eines einheitlichen afrikanischen Marktes, wie sie in den Vereinbarungen zur Errichtung der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (African Continental Free Trade Area, AfCFTA) vorgesehen ist. In diesem Zusammenhang erklärt sich Südkorea bereit, bei der Schaffung von Zollverfahren zur Erleichterung des innerafrikanischen Handels zu helfen. Die koreanische Regierung beabsichtigt außerdem, die Rolle einheimischer Unternehmen beim Bau "traditioneller" Infrastrukturen (Straßen, Eisenbahnen, Brücken, Häfen, Flughäfen, Staudämme, Meerwasserentsalzungsanlagen, Elektrizitäts- und Wasserwirtschaftssysteme) und innovativer Infrastrukturen (die so genannten "Smart Cities") zu verstärken, womit sie nicht nur in direktem Wettbewerb mit China, sondern auch mit einer mittelgroßen Macht wie der Türkei steht. Nach Angaben Seouls können bei der Digitalisierung der Verwaltungen afrikanischer Staaten die in Südkorea bereits bestehenden Programme genutzt werden. Darüber hinaus engagiert sich das asiatische Land im Rahmen des Programms "Tech4Africa Initiative" für die "Verbesserung der digitalen Fähigkeiten junger Menschen in Afrika" durch Schulungen und Stipendien. Dabei handelt es sich um Soft-Power-Maßnahmen, die darauf abzielen, mittel- bis langfristig Verbindungen zu künftigen afrikanischen Führungskräften in Politik und Wirtschaft herzustellen. Darüber hinaus versucht Südkorea, durch die Unterstützung der industriellen Infrastruktur und der digitalen Transformation einen großen und schnell wachsenden Markt zu erschließen, der 1,4 Milliarden Menschen umfasst, von denen die meisten unter 25 Jahre alt sind.
Gegenwärtig hat jedoch der Zugang zu den Bodenschätzen Afrikas, die von allen Weltmächten umstritten sind, Priorität. Während des Gipfels wurde der „Korea-Afrika-Dialog über kritische Mineralien“ (Korea-Africa Critical Minerals Dialogue) ins Leben gerufen, der als wichtige institutionelle Grundlage für die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Korea und Afrika dienen wird. "Wir haben die gemeinsame Vision, die Zusammenarbeit zu verstärken, um eine stabile Versorgung mit kritischen Mineralien zu gewährleisten und die technologische Zusammenarbeit bei kritischen Mineralien zu gegenseitig vereinbarten Bedingungen zu fördern", heißt es in der gemeinsamen Erklärung, die den Weg für eine Zusammenarbeit ebnet, die über die bloße Gewinnung von Mineralien hinausgeht, um in Afrika eine Mineralverarbeitungskette für fortschrittlichere Volkswirtschaften zu schaffen.
Auf der politischen Seite ist die Verpflichtung Seouls, "zu Frieden und Sicherheit in Afrika beizutragen, unter anderem durch die Verbesserung und Ausweitung von Kooperationsprojekten in den Bereichen Verteidigung, Verteidigungsindustrie und öffentliche Sicherheit zwischen Korea und Afrika", nicht zu unterschätzen. Der Verweis auf die Verteidigungsindustrie ist interessant, wenn man bedenkt, dass Südkorea laut dem jüngsten SIPRI-Bericht (TRENDS IN INTERNATIONAL ARMS TRANSFERS, 2023) auf der Liste der waffenexportierenden Staaten an zehnter Stelle steht.
Schließlich hat Seoul ein geopolitisches Interesse daran, sich in den UN-Gremien bei einem Block von 54 Staaten, der drei rotierende Sitze im UN-Sicherheitsrat innehat, Stimmen zu sichern. Nicht zufällig heißt es in Ziffer 21 der gemeinsamen Erklärung: "Wir bekräftigen unser Engagement für die vollständige Umsetzung aller Resolutionen des UN-Sicherheitsrats und betonen die Bedeutung der Bemühungen der internationalen Gemeinschaft um eine vollständige, überprüfbare und unumkehrbare Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel".
(L.M.) (Fides 15/6/2024)


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