Imphal (Agenzia Fides) – Infolge von anhaltender Gewalt zwischen den ethnischen Gemeinschaften der Kuki und der Meitei sind im indischen Bundesstaat Manipur (im Nordwesten Indiens) mindestens 98 Personen ums Leben gekommen. Dies teilt das Büro des Premierministers von Manipur mit. Berichten zufolge wurden zudem mehr als 300 Menschen verletzt, es gab über 4.000 Fälle von Brandstiftung. Etwa 37.000 Menschen befinden sich derzeit in Notunterkünften. Anderen lokalen Quellen zufolge soll es bereits sogar mehr als 200 Opfer geben, da die Zahl der Opfer der Gewalt nicht täglich gemeldet werden. Am 2. Juni wurden in der Region Sugnu mehr als 200 Häuser niedergebrannt, während etwa 300 Gebäude, Kirchen, Kapellen oder christliche Gottesdiensträume (verschiedener Konfessionen) beschädigt oder zerstört wurden.
Der ethnische Konflikt zwischen den Gemeinschaften der Kuki und der Meitei begann am 3. Mai, und seither bleibt die Situation instabil (vgl. Fides 9/5/2023). Die Gewalt begann nach einem Protestmarsch der von der Manipur Tribal Students Union, an dem über 60.000 Menschen teilnahmen. Die Studenten wandten sich gegen ein Ersuchen des Obersten Gerichtshofs von Manipur an die Regierung des Bundesstaates, eine Empfehlung an die Zentralregierung zu richten, die Meitei-Gemeinschaften in die Kategorie der "Scheduled Tribe" (anerkannter Stamm) aufzunehmen, was ihnen Zugang zu Vergünstigungen und insbesondere zu Land, das anderen indigenen Gruppen vorbehalten ist, ermöglichen würde.
Am 30. Mai besuchte der indische Innenminister, Amit Shah, den Bundesstaat und forderte beide Gemeinschaften auf, sich in den darauffolgenden zwei Wochen friedlich zu verhalten. Unterdessen hat die Gewalt nicht aufgehört. Die indische Zentralregierung hat deshalb unterdessen eine Kommission eingesetzt, um die Ursachen und die Ausbreitung der Gewalt zu untersuchen. Es wird erwartet, dass die Kommission ihren Bericht innerhalb von sechs Monaten vorlegt. Nach Ansicht einiger lokaler zivilgesellschaftlicher Organisationen ist Premierminister Biren Singh mitverantwortlich für die Eskalation der Gewalt. Die Angehörigen des Kuki-Volkes behaupten, dass die Sicherheitskräfte des Staates mit den Meitei zusammenarbeiten, um ihre Gemeinschaften anzugreifen, während diese nur zur Selbstverteidigung handelten.
Die Stammesgemeinschaften beklagen unterdessen auch eine voreingenommene Berichterstattung der Medien über die Gewalt: Presseberichten zufolge sollen die jüngsten Gewalttaten von militanten Kuki verübt worden sein und zu Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften von Manipur geführt haben. In einer Pressekonferenz erklärte Premierminister Singh zudem, dass "über 40 Terroristen aus dem Volk der Kuki" von den Sicherheitskräften bei Verteidigungsoperationen getötet worden seien. In den lokalen Gemeinschaften wird jedoch beton, dass die Medien aufgrund einer bis zum 10. Juni verlängerten Internetblockade und des fehlenden Zugangs in den Bergregionen derzeit nur Zugang zu den Berichten der Meitei haben.
Angesichts der komplexen Situation stellen die lokalen katholischen Gemeinschaften aber vor allem fest, dass ein großer Bedarf an humanitärer Hilfe besteht. Obwohl die Regierung Hilfspakete angekündigt hat, haben nach Angaben der Gemeinschaften nur sehr wenige Hilfsgüter bisher die Stammesgebiete tatsächlich erreicht. Der emeritierte Erzbischof von Guwahati, Thomas Menamparampil, betont, dass die Gewalt seit über einem Monat anhält und dass die bisher ergriffenen Maßnahmen offensichtlich nicht ausreichen, um die Krise zu beenden und zu bewältigen. Um den Schutz der gefährdeten Bevölkerungsgruppen und der Vertriebenen zu gewährleisten, sollen auf Initiative des Erzbischofs Beobachter über die Lage berichten, während er einen Besuch in einigen zugänglichen Gebieten plant, um seine große Erfahrung in den Beziehungen zwischen den Volksgruppen einzubringen und den Weg für Dialog, Annäherung und Versöhnung zu ebnen.
(PA) (Fides 9/6/2023)
I
ASIEN/INDIEN - Erste Sitzung des neuen Parlaments: Gewalt in Manipur immer noch auf der Tagesordnung