EUROPA/ITALIEN - Für ein Ende des “Krieges zwischen Christen”: Friedensgebet am Grab des heiligen Nikolaus

Montag, 19 Dezember 2022 kriege   frieden   gebet   heilige   Ökumene   krisengebiete  

Bari (Fides) - "Der Friede ist ein Geschenk, das unsere menschlichen Fähigkeiten übersteigt: Wir brauchen dafür Gottes Hilfe, denn allein sind wir, wie wir sehen, dazu nicht in der Lage", so Pater Emmanuel Albano OP, Leiter des Ökumenischen Zentrums "Pater Salvatore Manna OP" an der Päpstlichen Basilika St. Nikolaus gegenüber Fides im Hinblick auf den historischen Moment, anlässlich des Friedensgebets zu dem die italienischen Bischofskonferenz für den 21. Dezember am Grab des Heiligen Nikolaus in Bari einlädt.
In dem Klima der Spannungen aufgrund des bewaffneten Konflikts, der Tod und Zerstörung im Herzen Europas sät, beweisen die Dominikaner, die seit mehr als 70 Jahren für die Basilika des heiligen Nikolaus in Bari leiten jeden Tag, dass - wie Papst Franziskus immer wieder sagt - die Aufnahme des anderen und der Dialog auch mit denen, die eine andere Position als die eigene vertreten, die einzig gültige Alternative zu den Tendenzen der Spaltung und des Konflikts, sowohl in den zwischenmenschlichen Beziehungen als auch zwischen den Staaten, ist. "Die Basilika", fährt Pater Emmanuel fort, "hat nie aufgehört, alle, die sich mit Reliquien des Heiligen verbunden fühlen, bedingungslos aufzunehmen. Die russisch-orthodoxe Gemeinde in Bari feiert weiterhin regelmäßig die Göttliche Liturgie in der Basilika, ebenso wie die ukrainisch-orthodoxe Gemeinde. Das Grab heiligen Nikolaus wird auch heute noch von einzelnen Pilger und Gemeinschaften, sowohl der katholischen als auch orthodoxen Kirche".
Die traditionelle Bereitschaft der Dominikanerpatres, jeden willkommen zu heißen, der zum Grab des Heiligen kommt, zeigt sich heute in ihrer ganzen Bedeutung als prophetisches Zeichen angesichts der sich überstürzenden Ereignisse in der Ukraine. Schon in der Fastenzeit wurde beschlossen, allen einen Raum zum Beten anzubieten, um die einmütige Bitte um Frieden zum Herrn zu bringen: "Anstelle der ökumenischen Vigilien, die normalerweise hier in der Basilika mit Katholiken, Orthodoxen und Protestanten abgehalten werden, haben wir uns in diesem Jahr dafür entschieden, allen christlichen Gemeinschaften die Vesper an jedem Mittwoch zu ermöglichen, einem Tag, der in der volkstümlichen Tradition in Bari traditionell der Verehrung des Heiligen Nikolaus gewidmet ist, um für den Frieden zu beten", so Pater Emmanuel.
Die Gestalt des Heiligen Bischofs von Myra (heute in der Türkei) ist den Ostkirchen besonders wichtig, und in Russland wird er als einer der Schutzpatrone des Landes verehrt. Als einige Fragmente der Reliquien des Heiligen im Mai 2017 in Moskau und im Juli desselben Jahres in Sankt Petersburg vorübergehend zur Verehrung durch die Gläubigen ausgestellt wurden, kamen rund zwei Millionen Pilger aus allen Teilen des Landes in die beiden Städte.
Dank der Aufbewahrung der Reliquien des Heiligen und der geografischen Lage ist Bari seit Jahrhunderten eine Brücke zwischen Ost und West und eine besondere Berufung zur Willkommenskultur. Seit März hat die Stadtverwaltung von Bari Hilfsmaßnahmen für ukrainische Flüchtlinge auf den Weg gebracht, und zahlreiche Familien in Bari haben ihre Häuser für Flüchtlinge geöffnet. In den letzten Jahren ist die Stadt Bari mehrmals zum Knotenpunkt des ökumenischen Dialogs zwischen den Schwesterkirchen geworden. Am 22. Februar 2020, während des Treffens mit den Bischöfen des Mittelmeerraums in der apulischen Stadt nannte Papst Franziskus Bari "Hauptstadt der Einheit der Kirche". Damals hatte der Papst in der Nikolaus-Basilika prophetische Worte gesprochen, die auch für das heutige Europa und für jede vom Krieg gezeichnete Region von Bedeutung sind: „Es gibt keinerlei sinnvolle Alternative zum Frieden, weil jedes Vorhaben der Ausbeutung und Vorherrschaft den Nutznießer und den Leidtragenden gleichermaßen hässlich macht und eine kurzsichtige Auffassung der Wirklichkeit offenbart, wodurch man nicht nur den anderen, sondern auch sich selbst der Zukunft beraubt. Der Krieg erscheint so als das Scheitern jedes menschlichen und göttlichen Plans: Es genügt, eine Landschaft oder eine Stadt zu besuchen, die Schauplätze eines Konflikts sind, um wahrzunehmen, wie aufgrund des Hasses der Garten sich in einen öden und unwirtlichen Landstrich und das irdische Paradies in eine Hölle verwandeln“.
"Die Figur des Heiligen Nikolaus erinnert uns daran, dass eine ungeteilte Kirche zu sein, auch in diesem historischen Moment, vor allem bedeutet, anzuerkennen, dass wir Brüder und Schwestern sind und trotz der unterschiedlichen Ansichten gemeinsam niederzuknien, um für den Frieden zu beten", fährt Pater Emmanuel fort, "denn der Friede ist ein Geschenk, das uns übersteigt, das alle übersteigt. Es kann nicht der Sieg von jemandem sein, sondern ist eine Gnade, die wir von Gott erbitten müssen, weil wir menschlich gesehen nicht dazu fähig sind. Ich glaube, dass das Grab des Heiligen Nikolaus ein Ort ist, an dem wir uns als Brüder wiederfinden können, so wie es in den letzten Monaten mit den ukrainischen und russischen Pilgern geschehen ist, mit denen wir immer wieder im Gebet darum gebeten haben, dass die Waffen aufhören und wir zum Dialog zurückkehren".
Dem aus Kleinasien stammende Mönch Nikolaus, ein Zeitgenosse von Kaiser Konstantin (274-337), der wahrscheinlich um das Jahr 305, während der Verfolgung durch Diokletian, zum Bischof von Myra geweiht wurde, wurden während seines Lebens und nach seinem Tod zahlreiche Wunder zugeschrieben, was die Verehrung in Ost und West wachsen ließ. Als die Stadt Antiochia im Jahr 1085 in die Hände der Seldschuken fiel, beschloss eine Gruppe von Seefahrern aus Bari, die Gebeine des Heiligen aus der Stadt Myra zu holen, auch um die Wirtschaft von Bari wieder anzukurbeln, wo der Heilige Nikolaus bereits als Schutzpatron der Seefahrer verehrt wurde, und gleichzeitig seine Reliquien zu retten. Am 9. Mai 1087 nahmen die Einwohner von Bari die sterblichen Überreste des Heiligen feierlich entgegen. Seiter ist er nicht nur als Nikolaus von Myra, sondern auch als Nikolaus von Bari bekannt.
Seit 1951 ist die Basilika dem Dominikanerorden anvertraut. Die dort ansässige Ordensgemeinschaft besteht heute aus 18 Brüdern, deren Prior und Rektor der Basilika Pater Giovanni Distante (OP) ist. Als Paul VI. 1968 beschloss, die Nikolauskirche zur Päpstlichen Basilika zu erheben, ernannte er auch den Erzbischof von Bari zum Päpstlichen Delegaten pro tempore. Der heutige der Erzdiözese Bari-Bitonto, Giuseppe Satriano, ist derzeit Päpstlicher Delegat der Basilika ist, kündigte am 6. Dezember (dem Fest des Heiligen Nikolaus nach dem gregorianischen Kalender) die bevorstehende Gebetswache mit folgenden Worten an: "Der Heilige Nikolaus ist auch heute noch für uns und für die gesamte Christenheit, insbesondere für unsere Brüder und Schwestern im Osten, die Brücke zwischen Himmel und Erde, der wir uns in schwierigen Momenten großer Verzweiflung anvertrauen können. Angesichts des Krieges, der zwischen Christen in der benachbarten Ukraine ausgebrochen ist, können wir nicht gleichgültig bleiben und müssen unser Leben für eine Lösung des Konflikts einsetzen, der so viel Schmerz in die Häuser von Ukrainern und Russen bringt [...]. Der Ruf nach Frieden ist nicht die einfache und bequeme Haltung derer, die vor der Geschichte zurücktreten, sondern der revolutionärste Akt, den die Geschichte kennen kann, da er den Mut erfordert, die Herzen von allen Formen des Stolzes zu entwaffnen und jene Brüderlichkeit zu suchen, die notwendig ist, um eine erneuerte Menschheit aufzubauen".
Die Gebetswache am 21. Dezember am Grab des Heiligen Nikolaus in Bari beginnt um 18.30 Uhr und wird von Kardinal Matteo Zuppi, dem Vorsitzenden der italienischen Bischofskonferenz, geleitet.
(CD) (Fides 19/12/2022)


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