ASIEN/SRI LANKA - Wirtschaftliche und soziale Krise: Die Erholung kommt nur langsam voran

Montag, 7 November 2022 politik   gesellschaft   entwicklung   finanzwelt   armut  

Colombo (Fides) - Sri Lanka versucht sich mühsam von der wirtschaftlichen und sozialen Krise zu erholen, die das Land seit Anfang 2022 erschüttert. Beobachtern zufolge haben die milliardenschweren Kredite der internationalen Institutionen das Land zwar finanziell vorübergehend stabilisiert, aber das Ausbleiben von Reformen und weitere wirtschaftliche Schwierigkeiten könnten weitere Proteste auslösen. "Wir kämpfen, um die Krise zu überwinden, sehen aber auch viele Menschen in einem ernsten Zustand des Elends", so der Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Sri Lanka, Pfarrer Basil Rohan Fernando aus der Erzdiözese Colombo, gegenüber Fides. "Der Weg nach vorn kann nur darin bestehen, den Egoismus zu überwinden und sich für das Teilen und die Solidarität zu entscheiden. So viele junge Menschen und Studenten fordern einen Regierungswechsel und drängen auf eine bessere Zukunft. Wenn wir an die jüngeren Generationen denken, haben wir alle die Pflicht, für den Wohlstand und die Entwicklung zu arbeiten, um jedem Bürger ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen", betont er.
Auf der 22-Millionen-Einwohner-Insel im Indischen Ozean herrscht seit Anfang 2022 unter einer weit verbreiteten Krise des Mangels an Treibstoff, Rohstoffen und Grundnahrungsmitteln. Dies führte zu einer Welle landesweiter Proteste, die in der Absetzung von Präsident Gotabaya Rajapaksa gipfelten, der das Land im vergangenen Juli verließ. Drei Monate zuvor war Sri Lanka mit der Rückzahlung seinen Auslandsschulden in Höhe von rund 50 Mrd. USD in Verzug geraten.
Indien hat für das Land ein Hilfspaket in Höhe von 4 Mrd. USD genehmigt, mit dem die Regierung des neuen Präsidenten Ranil Wickremesinghe vorübergehend unterstützt werden soll. Das Land steht kurz vor der Bewilligung eines weiteren Darlehens in Höhe von 2,9 Milliarden Euro durch den Internationalen Währungsfonds. Der IWF hat jedoch deutlich gemacht, dass Sri Lanka seine Schulden bei China und anderen Gläubigern umstrukturieren muss: Das IWF-Darlehen ist somit an die Bedingung geknüpft, dass die Regierung strenge wirtschaftliche Maßnahmen ergreift. Die vom IWF skizzierten Maßnahmen zielen darauf ab, "die makroökonomische Stabilität und die Tragfähigkeit der Verschuldung wiederherzustellen, die finanzielle Stabilität zu sichern, die Korruptionsanfälligkeit zu verringern und das Wachstumspotenzial Sri Lankas zu erschließen".
Der neue Präsident Ranil Wickremesinghe von der United National Party (UNP), der im Mai noch vom ehemaligen Präsidenten Gotabaya Rajapaksa zum Premierminister ernannt worden war, wurde einige Monate später, am 13. Juli, zum amtierenden Präsidenten ernannt, nachdem Rajapaksa das Land verlassen hatte. Zu seinen ersten Maßnahmen gehörte die Verhängung des landesweiten Ausnahmezustands, was die Spannungen unter den Demonstranten noch verstärkte. Da er als Präsident nicht gewählt wurde, ist er bei einem Teil der Bevölkerung umstritten, während viele Bürger fordert immer noch die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen fordern. Die Gegner der Regierung Wickremesinghe erklären in diesem Zusammenhang, dass der Präsident dem Volk sein demokratisches Recht auf Wahlen verweigert und dies als politisches Reformprojekt tarnt.
"Die Politisierung von Institutionen, die eigentlich unparteiisch sein sollten, die weit verbreitete Korruption in politischen Kreisen, Vetternwirtschaft und Klüngelei haben der srilankischen Gesellschaft geschadet“, so Beobachter gegenüber Fides zu den jüngsten Entwicklungen auf politischer Ebene, „Es gibt Parlamentarier, die der Korruption und anderer Verbrechen beschuldigt werden. Andere Politiker, die verurteilt worden waren, wurden von Präsident Rajapaksa begnadigt und erhielten staatliche Posten. In einem Klima schwerwiegender politischer Straflosigkeit fordern die Menschen Transparenz und Demokratie".
Vor diesem Hintergrund hat das srilankische Parlament unterdessen in den letzten Wochen eine Verfassungsänderung verabschiedet, die die Befugnisse des Präsidenten einschränken und die Korruptionsbekämpfung stärken soll. Mit der 22. Verfassungsänderung wird ein Teil der Befugnisse des Präsidenten auf den Verfassungsrat übertragen, der sowohl die Regierung als auch die Opposition vertritt, sowie auf andere unabhängige Gremien (wie die Nationale Wahlkommission, die Menschenrechtskommission Sri Lankas und die Untersuchungskommission für Korruption), die von unabhängigen, nicht-politischen Beamten geleitet werden.
(PA) (Fides 7/11/2022)


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