ASIEN/INDIEN - Erfolgreich bei der Armutsbekämpfung: “Maßnahmen zur Bewältigung sollten auch in Zukunft Priorität haben“

Donnerstag, 20 Oktober 2022 armut   hunger  

Media India Group

Neu-Delhi (Agenzia Fides) – In Indien ist es in einem Zeitraum von 15 Jahren gelungen, insgesamt 415 Millionen Menschen aus der Armut zu befreien. Dies geht aus dem neuen UN-Bericht über den "Multidimensional Poverty Index" (MPI) hervor, in dem die zwischen 2005 und 2021 erhobenen Daten analysiert werden und der vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) in Zusammenarbeit mit der Oxford Poverty and Human Development Initiative (OPHI) veröffentlicht wurde. Der MPI stellt fest, dass in Indien nach wie vor die meisten Menschen unterhalb der Armutsgrenze leben (228,9 Millionen), gefolgt von Nigeria (96,7 Millionen), während die südasiatische Region insgesamt mit 385 Millionen Armen an erster Stelle steht, gefolgt von den afrikanischen Ländern südlich der Sahara mit 579 Millionen Armen. Der Bericht stellt zwar fest, dass die Covid-19-Pandemie die weltweiten Fortschritte bei der Armutsbekämpfung verlangsamt hat, verweist aber auf Indien als ein Land, in dem der Weg zur Armutsbekämpfung in den vergangenen 15 Jahren erfolgreich war.
In Indien gibt es 97 Millionen arme Kinder (Zahlen für 2021), was bedeutet, dass jedes fünfte Kind (21,8 % der Gesamtbevölkerung) von Armut betroffen ist. Dem Bericht zufolge ist Indien das einzige Land in Südasien, in dem von Frauen geführte Haushalte ärmer sind als von Männern geführte Haushalte (19,7 Prozent gegenüber 15,9 Prozent), während 90 Prozent der Armen in Indien in ländlichen Gebieten und 10 Prozent in städtischen Gebieten leben.
Bihar ist nach wie vor der ärmste Bundesstaat des Landes, während zu den zehn ärmsten Bundesstaaten Jharkhand, Meghalaya, Madhya Pradesh, Uttar Pradesh, Assam, Odisha, Chhattisgarh, Arunachal Pradesh und Rajasthan gehören (Westbengalen ist nicht mehr unter den Top 10). Die Armen in Indien sind aufgrund der steigenden Lebensmittel- und Kraftstoffpreise weiterhin gefährdet, so der UN-Bericht. „Politische Maßnahmen zur Bewältigung der anhaltenden Ernährungs- und Energiekrise sollten Priorität haben", heißt es in diesem Zusammenhang weiter. Etwa 18,7 Prozent der indischen Gesamtbevölkerung sind von Armut bedroht.
Der Bericht verweist jedoch auch auf die Erfolge Indiens bei der Befreiung aus der absoluten Armut: Unter den 415 Millionen Einwohnern sind Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 17 Jahren eine der Altersgruppen, die besonders davon profitiert haben. "Indien ist eine wichtige Fallstudie für die Umsetzung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung, deren erstes Ziel es ist, die Armut in all ihren Formen zu beenden und den Anteil der in Armut lebenden Männer, Frauen und Kinder bis 2030 um mindestens die Hälfte zu reduzieren", heißt es im UN-Bericht.
Der jüngste "Welthunger-Index 2022" (GHI) zeigt unterdessen, dass Indien zwar Fortschritte gemacht hat, aber in absoluten Zahlen immer noch schlecht dasteht. Im Vergleich zu allen anderen südasiatischen Ländern liegt Indien auf Platz 107 von 121 Ländern und damit auf dem zweitschlechtesten Platz nach Afghanistan. Indien fällt mit einem Index von 29,1 in die Kategorie "Land mit ernsthaftem Hungerproblem". Der Welthunger-Index ist ein jährlicher Bericht, der gemeinsam von den Nichtregierungsorganisationen "Concern Worldwide" und "Welthungerhilfe" veröffentlicht wird. Er dient der umfassenden Beobachtung des weltweiten Hungers, um Maßnahmen und Prozesse zur Verringerung des Hungers in der Welt anzustoßen. Der GHI basiert auf den Werten von vier Indikatoren: Unterernährung, Wachstumsverzögerung bei Kindern, Untergewicht und Kindersterblichkeit.
Anlässlich des Welternährungstages am 16. Oktober gab auch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) bekannt, dass die Zahl der Menschen, die sich nicht ausreichend ernähren können, erneut gestiegen ist und heute weltweit 828 Millionen Menschen keinen Zugang zu Nahrungsmitteln haben, wie aus dem Bericht "The State of Food Security and Nutrition in the World" aus dem Jahr 2022 hervorgeht.
Vor diesem Hintergrund haben mehrere Gemeinschaften der katholischen Kirche in Indien den Vorschlag geäußert, einen speziellen "Ernährungsgipfel" in Indien einzuberufen, der öffentliche und private Akteure, staatliche Institutionen, die Zivilgesellschaft und religiöse Gemeinschaften zusammenbringt, um eine aktivere Rolle bei der Sicherung der Ernährung für alle zu spielen.
In den verschiedenen und unterschiedlichen regionalen Situationen versucht die katholische Kirche in Indien, mit ihren sozialen und karitativen Werken auf ihre Weise einen kleinen Beitrag zur Linderung von Hunger und Armut zu leisten. Im Rahmen ihrer spezifischen Ernährungsinitiativen hat zum Beispiel die Erzdiözese Kalkutta in Zusammenarbeit mit der „Ann-Bandhu“-Stiftung, einer lokalen Nichtregierungsorganisation, die Initiative "Essen für alle" auf den Weg gebracht. Die Initiative sieht vor, bedürftigen Menschen an sechs Tagen in der Woche eine nahrhafte Mahlzeit zur Verfügung zu stellen und stützt sich dabei auf eine breite Zusammenarbeit von Pfarrgemeinden, Ordensgemeinschaften und ehrenamtlichen Mitarbeitern der Caritas.
Die katholische Gemeinde in Kalkutta wollte damit nicht zuletzt ein kleines Zeichen setzen, um zur Ernährungssicherheit beizutragen, d. h. dazu, dass mittellose Menschen in der 4,5-Millionen-Einwohner-Metropole sicher sein können, jeden Tag etwas zu essen zu haben und nicht hungern zu müssen. Laut einer Umfrage der Kampagne "Right to Food", die von 20 indischen zivilgesellschaftlichen Organisationen unter rund 3.000 bedürftigen Haushalten in Kalkutta durchgeführt wurde, ist die Ernährungslage nach wie vor "kritisch": 18,7 Prozent der Haushalte leiden an Hunger und 44 Prozent benötigen Kredite oder Bargeld, um den Grundbedarf an Nahrungsmitteln für ihre Familienmitglieder zu decken.
(PA) (Fides 20/10/2022)


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