Moskau (Fides) - "Es ist möglich, sich die neue Perspektive der Versöhnung zu eigen zu machen, die Christus uns in jeder Situation vorschlägt: von den einfachsten und alltäglichen Situationen bis hin zu den schwerwiegendsten und entscheidendsten im Hinblick die Zukunft der gesamten Menschheit", so Erzbischof Paolo Pezzi, Metropolit der katholischen Diözese der Mutter Gottes in Moskau, gestern in der Predigt beim gestrigen Gottesdienst mit Bezug auf das Matthäusevangelium (Mt 5, 20-26), in dem Jesus sagt: "Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, dann werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen".
Erzbischof Pezzi bot den Gläubigen eine tiefgründige und aktuelle Auslegung des Evangeliums an: "Wir haben die Worte Jesu gehört. Sie sind einfach, aber nicht leicht. Sie sind nie einfach", erklärte er, "weil sie uns auffordern, unsere Sichtweise der Dinge aufzugeben: vielleicht ist sie auch richtig, aber er fordert uns auf, einen anderen Blick, eine andere Perspektive einzunehmen. Es ist erstaunlich, dass Jesus nicht sagt: ‚Wenn du etwas gegen deinen Bruder hast, dann versöhne dich mit ihm‘, sondern er sagt: ‚Wenn dein Bruder etwas gegen dich hat, dann versöhne dich mit ihm‘“. Es sei die „umgekehrte Perspektive“, zu der uns Christus auffordere: "Christus fordert uns auf, unsere menschlichen Sicherheiten und Überzeugungen zu verlassen und eine Perspektive einzunehmen, die uns zunächst mit uns selbst, dann mit Gott und mit allen anderen Brüdern und Schwestern versöhnen kann. Und er sagt, dass wir uns kaum bekehren können, wenn wir uns nicht auf diese Perspektive einlassen".
Mit diesen Worten wollte Erzbischof Pezzi einen Weg aufzeigen, der nur scheinbar unpassierbar ist, indem er einerseits das Paradoxon der Worte und des Beispiels Jesu und andererseits die Notwendigkeit betonte, zum Wohle des Einzelnen und der Menschheit eine authentische Perspektive der Versöhnung auf allen Ebenen, von der innerstaatlichen bis zur internationalen, einzunehmen: "Es ist sicherlich nicht einfach. Der Papst rät den Eheleuten, einander zu vergeben, bevor sie zu Bett gehen, und zwar unabhängig davon, wie sehr man sich seiner Fehler bewusst ist. Dies ist also keine unhaltbare Forderung von Gott. Wir können es tun, weil Gott selbst beschlossen hat, sich auf diese Perspektive einzulassen: Er beschloss, selbst ans Kreuz zu gehen, er, der sich nichts zuschulden kommen ließ und den ersten Schritt tat. Er hat nicht gesagt: 'Geht und vergebt', sondern er hat gesagt: 'Kommt mit mir und vergebt', er selbst hat uns gezeigt, wie wir ihm auf dem Weg der Versöhnung folgen können".
(CD-PA) (Fides 10/6/2022)