AFRIKA/ÄGYPTEN - Präsident al-Sisi bestätigt neue städtebauliche Richtlinien: „Wo es eine Moschee gibt, muss es auch eine Kirche geben“

Montag, 7 März 2022 ostkirchen   politik   islam  

Kairo (Fides) – Beim Städtebau müsse künftig auch der Bau einer christlichen Kirche in die städtebaulichen Planung berücksichtigt werden, auch wenn das Gotteshaus nur von einer kleinen Anzahl von Gläubigen genutzt wird. Dies bekräftigte der ägyptische Präsident Abdel Fattah al Sisi kürzlich bei einem Treffen mit Regierungsmitgliedern, die für Fragen im Zusammenhang mit den massiven Urbanisierungsplänen der ägyptischen politischen Führung zuständig sind. "Wo es eine Moschee gibt", sagte der ägyptische Präsident und fasste die Kriterien zusammen, die für die operativen Entscheidungen vor Ort maßgeblich sind, "muss es auch eine Kirche geben. Und wenn die zu bauende Kirche auch nur von 100 Menschen besucht wird, muss sie trotzdem gebaut werden. Es muss sich künftig also niemand in einer Wohnung versammeln und ein Privathaus als Kirche nutzen".
Der Beschluss des Präsidenten wird von Vertretern der Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in Ägypten beggrüßt. Andrea Zaki, Präsidentin der evangelischen Gemeinde in Ägypten, bemerkte unter anderem, dass "der Bau von Gotteshäusern während der Ära von Präsident Sisi eine nationale Bedeutung erlangt hat und in der Geschichte des modernen Ägyptens nicht vergessen werden wird".
Im Rahmen des intensiven Stadtentwicklungsprogramms, das in Ägypten eingeleitet wurde, wird jeder neue Stadtteil, der nach den von den zivilen Behörden festgelegten Richtlinien gebaut wird, gemäß dem Masterplan also auch eine eigene Kirche haben. Die Absicht der präsidialen Bestimmungen ist nach Ansicht ägyptischer Politologen betonen (vgl. Fides 7/2/2022), sicherzustellen, dass alle Bürger, Muslime und Christen, an den Feierlichkeiten, Riten und Aktivitäten ihrer jeweiligen Glaubensgemeinschaft teilnehmen können.
Die nun von den ägyptischen politischen Behörden auf den Weg gebrachten Leitlinien vor allem auch angesichts der vielen Probleme und Streitigkeiten von Bedeutung, die in der Vergangenheit im Zusammenhang mit dem Bau neuer Kirchen immer wieder aufgetreten waren.
Bis 2016 wurde der Bau neuer christlicher Gotteshäuser durch die so genannten "10 Regeln", die 1934 vom Innenministerium in die osmanische Gesetzgebung aufgenommen wurden, eingeschränkt und sogar behindert. In vielen Fällen hatte die strikte Anwendung dieser Vorschriften den Bau von Kirchen in von Christen bewohnten Städten und Dörfern verhindert, insbesondere in den ländlichen Gebieten Oberägyptens.
In den Jahrzehnten nach der Verhängung der "Zehn Regeln" wurden in ganz Ägypten viele Kirchen und Kapellen spontan und ohne alle erforderlichen Genehmigungen gebaut. Auch heute noch werden solche Gebäude, die von lokalen christlichen Gemeinschaften ohne gesetzliche Genehmigung errichtet wurden, von Zeit zu Zeit von Unruhestiftern als Vorwand benutzt, um sektiererische Gewalt zu schüren.
Das neue Gesetz über Gebetsstätten, das im August 2016 vom ägyptischen Parlament ratifiziert wurde, hat es auch ermöglicht, einen methodischen Prozess der "Legalisierung" christlicher Gebetsstätten einzuleiten, die in der Vergangenheit ohne die erforderlichen Genehmigungen errichtet wurden. Der zu diesem Zweck eingesetzte Regierungsausschuss ist 20 Mal zusammengetreten und hat jedes Mal der Legalisierung von Kirchen und Gebäuden zugestimmt, die zuvor ganz oder teilweise als nicht genehmigt galten. Bisher wurden 1958 Kirchen, Kirchengebäude und Nebengebäude, die in der Vergangenheit ohne die erforderlichen Genehmigungen gebaut wurden, genehmigt und "legalisiert", nachdem überprüft worden war, ob sie den Normen des neuen Gesetzes über den Bau von Gotteshäusern entsprechen.
(GV) (Fides 7/3/2022)


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