ASIEN/INDIEN - Corona-Krise: Zivilgesellschaftliche und Kirchliche Organisationen beklagen Zunahme der „Versklavung“

Donnerstag, 14 Mai 2020 coronavirus   arbeit   menschenrechte   zivilgesellschaft   ortskirchen  

New Delhi (Fides) - In einigen Bundesstaaten Indiens werden infolge der Corona-Krise die Arbeitszeiten verlängert und die Mindestlöhne ausbesetzt wodurch das Phänomen der "Versklavung", die mit Ausbeutung und Verstößen gegen die Menschenwürde einhergeht, zunimmt. Dies berichten Kirchenführer, Menschenrechtsaktivisten und zivilgesellshaftliche Organisationen in Indien. Pfarrer Jaison Vadassery, Sekretär der Kommission für Migranten der Katholischen Bischofskonferenz (CCBI), beklagt gegenüber Fides, dass "die Regierungen auf Bundes- und Länderebene den Arbeitnehmerfragen nicht genügend Aufmerksamkeit schenken". Die Arbeitszeiten wurden in sechs indischen Bundesstaaten über einen Zeitraum von drei Monaten von acht auf zwölf Stunden pro Tag verlängert.
"Die Wiederbelebung der Wirtschaft oder die Eindämmung von Verlusten aufgrund der Pandemie darf nicht auf Kosten von Arbeitnehmern, Migranten und Armen gehen", betont der Priester, der in der Vergangenheit auch Sekretär der Abteilung für Arbeitsfragen der indischen Bischöfe war.
Gewerkschaftsvertreter teilen mit, dass bereits mehrere Landesregierungen Unternehmen "grünes Licht" für eine solche “Ausbeutung” von Arbeitnehmern gegeben haben. "Eine Änderung der bestehenden Bestimmungen auf grund von Geschäfts- und Gewinninteressen kann zu einer Zunahme der Sklaverei führen und soziale Konflikte auslösen", so Lenin Raghuvanshi, der einen Beobachtunggsstelle für Menschenrechte der Arbeitnehmer auf den Weg hat. Er sei besorgt, dass die Arbeitnehmer gebeten werden, während des Lockdowns länger zu arbeiten, und ihnen die Erlaubnis verweigert wird, nach Hause zurückzukehren."
Akhtar Khan, ein Bauarbeiter aus Chhatigargh, beklagt gegenüber Fides: "Es ist unmenschlich, Arbeiter zu zwingen, 12 Stunden zu arbeiten, ohne höhere Löhne zu zahlen. Dis ist Sklaverei, die von der Regierung und den Arbeitgebern gebilligt wird."
 Wie der prominente indishe Menschenrechtsaktivist Raghuvanshi betont haben mehrere Staaten "neue Bestimmungen für Überstunden verabschiedet, anstatt die Arbeitsgesetze auszusetzen". Ein Forum von Wissenschaftlern und Gewerkschaften bestätigt, dass mindestens sechs Staaten planen, die Arbeitsgesetze auszusetzen, um die Erhohlung der Industrie nach dem siebenwöchigen Lockdown zur Eindämmung der Coronaepidemei zu begünstigen, der noch bis zum 17. Mai in Kraft ist und voraussichtlich verlängert wird. Die Maßnahmen haben Millionen von Arbeitnehmern und Wanderarbitern besonders hart getroffen, die in verschiedenen Teilen des Landes gestrandet sind, und sich allgemein auf die Lebensgrundlage von Millionen von Arbeitnehmern im ganzen Land ausgewirkt.
 Experten aus der Arbeitswelt zufolge würde die Entscheidung, Bundes- und Landesgesetze auszusetzen, die die Rechte der Arbeitnehmer garantieren, noch mehr Menschen in den Sektor der informellen Wirtschaft drängen, was zu einer Senkung der Löhne und einer weiteren Verschlechterung der Bedingungen im Hinblick auf Arbeitssicherheit und Menschenwürde führen würde. Nach Aussage von Beobachtern beabsichtigen verschiedene Staaten, zur Erholung der Wirtschaft Mindestlöhnen und die Gründung von Gewerkschaften für einen Zeitraum von drei Jahren auszusetzen. Sozialversicherungeb, einschließlich der Rentenfonds oder Bestimmungen für die Gesundheit und Sicherheit berufstätiger Frauen, würden rückgängig gemacht.
Diese Maßnahmen sollen angeblich den lokalen Unternehmen helfen, erlittenen Verluste wieder gut zu machen und einen Neuanfang ermöglichen. Doch "eine Änderung der Arbeitsgesetze wäre ein Rückschritt", so der Arbeitsökonom Shyam Sundar, Professor an der Xavier School of Management der indischen Jesuiten.
Über 90% der rund 450 Millionen Einwohner Indiens arbeiten im informellen Sektor mit niedrigen Löhnen und ohne soziale Sicherheit. Diese Arbeiter wurden von der Schließung von Fabriken, Baustellen und anderen Arbeitsplätzen schwer getroffen.
Indien hat laut dem "Global Free Slavery Index", der von einer in Australien ansässigen NGO entwickelt wurde, acht Millionen "moderne Sklaven", und Zwangsarbeit ist die häufigste Form der Sklaverei im Land.
(SD-PA) (Fides 14/5/2020)


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