AFRIKA/TSCHAD - Eine Getreidebank gegen Wucher und Armut

Samstag, 27 Juli 2019 wirtschaft   bauern   ortskirchen  

Magis

N’Djamena (Fides) – Eine Bank zur Bekämpfung von Trockenheit, Hunger und Wucher. In ihren Tresoren gibt es weder Goldbarren noch Geld, sondern Getreide. Die hat im Tschad P.Franco Martellozzo, ein italienischer Jesuit gegründet, der seit 50 Jahen Missionar in Afrika ist. Er erklärte Fides, wie seine Idee aus der Beobachtung entstanden ist, dass in weiten Teilen des Tschad Landwirtschaft für den Eigenbedarf praktiziert wurde, was den Bauern nur ein Überlebensminimum bietet. Die Landwirtschaft hat hier nur einen Zyklus, von April bis September; nur in dieser Zeit kann der Boden bebaut werden (für Hirse, Erdnüsse), weil es nur dann genügend Wasser gibt. Die Ernte erfolgt im September-Oktober, die bis zum nächsten Jahr genügen muss.
Alle Bauern verkaufen einen Teil ihrer Hirse direkt nach der Ernte, um etwas Geld für andere Bedürfnisse zu haben. Aber wenn alle zur selben Zeit verkaufen, senken sich die Preise: die Händler dagegen kaufen, speichern und warten darauf, dass die Hirse-Vorräte der Bauern schwinden. Das geschieht in der sog. Zeit der „Überbrückung“, d.h. in der Regenzeit, wenn für die neue Ernte gearbeitet werden muss und die Vorräte auf ein Minimum geschwunden sind. Fast alle kaufen in diesem Moment, der Preis steigt bis um ein Drittel dessen, für den die Bauern an die Händler verkauft hatten. Wer kein Gelt hat, verkauft den Pflug oder sein Vieh, und wenn das nicht reicht, arbeiten sie für die Großhändler, wodurch ein Teufelskreis von Schulden und Krediten entsteht, was für viele Bauern in einer Art Halbsklaverei endet.“Wir haben festgestellt – erinnert sich P. Martellozzo – dass die Verteilung von Lebensmitteln das Problem zwar zeitweilig löste, aber ein Gefühl von Ent-Verantwortung aufkommen ließ. Daraus entstand die Idee einen Speicher zu schaffen, in dem ein Hirsevorrat aufbewahrt wurde, der dann während der Überbrückungszeit den Bauern als Leihgabe zur Verfügung gestellt werden sollte. Die Vorschläge wurden angenommen, und der Speicher wurde zu einer echten „Getreidebank“.
Das System ist einfach: Den Bauern leiht man ein oder zwei Säcke Getreide aus der Bank. Die Bauern verpflichten sich, den Sack nach der neuen Ernte zurück zu geben mit einem Zins von 20kg Hirse. „Nach Überwindung der ersten Zweifel und nach einigen harten Auseinandersetzungen mit den Händlern – vermerkt P. Martellozzo Fides gegenüber – haben wir heute 313 Banken in ebenso vielen Dörfern; die Banken sind in einer Föderation mit 35.000 Familienhäuptern als Mitglieder gebündelt. Das bedeutet, dass auf diese Weise 350.000 Personen erreicht werden, und viele andere Dörfer stehen auf der Warteliste. Das wichtigste Ergebnis ist, dass der Wucher dadurch fast völlig unterbunden wurde. Jetzt arbeitet jeder Bauer auf seinem eigenen Land und hat seine Freiheit wiedergewonnen. (EC) ( Fides 27/7/2019)


Teilen: