Damaskus (Fidesdienst) – Während seit Beginn des Konflikts in Syrien bereits fast 100.000 Menschen ums Leben kamen, dokumentiert ein von der Organisation „Open Doors International“ herausgegebner Bericht, der dem Fidesdienst vorliegt auf 78 Seiten anhand von objektiven Daten die besondere „Angreifbarkeit“ der christlichen Gemeinden in Syrien und die verheerenden Auswirkungen des Bürgerkriegs auf diese Gemeinden. Verantwortlich für die Herausgabe des Berichts mit dem Titel „Vulnerability Assessment of Syria’s Christians ist der Experte für geo-politische Fragen, Nicholas Heras, der anhand wissenschaftlicher Methoden die Faktoren der „Angreifbarkeit“ auflistet, die auf die Bedingungen der Christen im Szenarium des heutigen Syrien einwirken.
Im Unterschied zu anderen Minderheiten, wie Alawiten und Kurden, die sich auf die Seite der Opposition stellen – heißt es in dem Bericht – ist die Position der Christen im Verhältnis zu den gegnerischen Parteien eher komplex und unklar. Im Unterschied zu dem, was die Oppositionellen behaupten, stehen Christen nicht als ganze Gruppe und bedingungslos auf der Seite Assads. Christliche Intellektuelle, wie Michel Kilo, Faiz Sara und Georg Sabra (der derzeitige Präsident der Syrian National Coalition) spielten von Anfang an eine anerkannte Rolle im oppositionellen Kreisen. Auch viele Christen hatten an den Anti-Regime-Kundgebungen teilgenommen, bei der mehr Freiheit und Demokratie gefordert wurde, bevor sich der Konflikt auf das ganze Land ausbreitete. Die Open-Doors-Studie berichtet auch von Christen, die in den Reihen der Free Syrian Army kämpfen. Auf der anderen Seite sollen auch viele Christen von den Selbstschutzgruppen rekrutiert worden sein, die die eigenen Dörfer und Siedlungen vor Überfällen der oppositionellen Milizen schützen sollten.
Wie aus der Analyse von Nicholas Heras hervorgeht, gab es in der ersten Phase des Konflikts keine gezielten Übergriffe auf Christen als solche. Im Laufe der Zeit haben sektiererische Tendenzen des Bürgerkriegs dazu geführt, dass Morde, Entführungen, Vergewaltigungen und Gewalt gegen Christen seitens salafistischer und dschihadistischer Gruppen zugenommen, was zu Panik unter den Christen führte.
Der Bericht von Open Doors sammelt Informationen verschiedener Quellen zu Episoden der Gewalt gegen Christen und beschreibt im Detail die objektiven Faktoren, die christliche Gemeinden in der blutigen Spirale, die das Land vernichtet, besonders angreifbar machen, angefangen bei ihre Ansiedelung in strategischen Zonen (Damaskus, Homs und Aleppo und Gebiete an der Grenze zum Libanon und zur Türkei), an den zentralen Orten des Bürgerkriegs. Christen – heißt es in dem Bericht – zahlen den Preis dafür, dass „sie sich im Kreuzfeuer des Konflikts befinden und der Gewalt von beiden Seiten ausgesetzt sind“. Sie sind eine „einfache“ Zielscheibe für alle kriminellen Gruppen, die vom Chaos profitieren. Sie leiden besonders unter Feindseligkeiten und Misshandlung in Flüchtlingscamps. Sie sind immer öfter Ziel von Übergriffen islamistischer Banden. Es gibt im Vergleich zu anderen ethnischen und religiösen Gruppen mehr Flüchtlinge und Vertriebene aus christlichen Gemeinden. Und ihre Angreifbarkeit wird durch den Widerstand gegen eine Organisation in bewaffneten Selbstschutzgruppen noch größer. Diese Elemente tragen dazu bei, dass auf den letzten Seiten des Berichts, unabhängig vom Ausgang des Bürgerkriegs, finstere Zukunftsperspektiven für Christen in Aussicht gestellt werden. (GV) (Fidesdienst, 28/06/2013)