ASIEN/HEILIGES LAND - Die Hölle im Heiligen Land

Mittwoch, 15 November 2023

Von Jacques Mourad*

Gaza (Fides) - Wer die Hölle sehen will, muss in den Libanon, nach Syrien und heute besonders ins Heilige Land kommen.
Der teuflische Geist treibt heute die Welt in die Hölle. Er will die Welt in die Hölle verwandeln. Und wir leben tatsächlich in der Hölle.
Der abscheuliche Tod von Tausenden unschuldiger Menschen in wenigen Tagen. Die Bombardierung von Orten der Fürsorge und des Leidens, die die letzten Bollwerke der Menschheit sein sollten. Geiseln, die gewaltsam aus ihren Häusern verschleppt werden. Humanitäre Organisationen, die bei ihrem Versuch, den vom Krieg gezeichneten Körpern und Seelen Hilfe zu bringen, getroffen werden. Die internationalen Institutionen, die nur ihre Ohnmacht unter Beweis stellen können, da keine Entscheidung wirklich in ihren Händen zu liegen scheint. Auch in Syrien sehe ich jeden Tag, wenn ich durch meine Diözese gehe, alte Menschen und Kinder, Männer und Frauen, die im Müll nach etwas Essbarem suchen. Wenn die kalte Jahreszeit beginnt, wird keiner von ihnen die Mittel und Ressourcen haben, um seine Wohnung zu heizen. Das ist eine Welt, die zur Hölle geworden ist.
Wenn unser Land zur Hölle wird, dann deshalb, weil in unserem Land unersättliche Kräfte unersättliche Interessen verfolgen. Papst Franziskus sagte dies auf ruhige und doch entschlossene Weise, als er wiederholte, dass beide Völker das Recht auf einen Staat haben.
Es ist nicht menschlich, wenn Palästinenser Israelis in Kibbuzen töten. Und es ist nicht menschlich, wenn Israelis Kirchen und Krankenhäuser bombardieren. Wir waren schockiert und erschüttert, als wir die Bomben auf Krankenhäuser in Homs und Aleppo sahen. Jetzt wiederholt sich dies in Gaza.
Die Rechtfertigung der Bombardierung und des Beschusses des Gazastreifens als Mittel zur Auslöschung des Bösen ist ebenfalls Teil der Hölle, die in den Raum unserer Länder eindringt. Denn das Böse wird nicht mit dem Bösen ausgerottet.
Wer das Böse, das Körper und Seelen zerstört, beseitigen will, muss zuerst das Böse aus den Herzen entfernen. Nur ein reines Herz kann andere Herzen läutern. Und die Läuterung der Herzen kommt immer nach der Gerechtigkeit. Nicht vor der Gerechtigkeit. Nicht gegen die Gerechtigkeit. Nicht mit Gewalt.
Die Palästinenser haben das Recht, in Freiheit in ihrem eigenen Land zu leben. Dieses Land ist auch ihr Land. Seit 1948 leben sie als Flüchtlinge in Lagern, die über den gesamten Nahen Osten verstreut sind, und jetzt geschieht dasselbe mit Millionen von Syrern.
Die Palästinenser leiden seit Jahrzehnten unter einem Schmerz, der von Generation zu Generation weitergegeben wird, ohne dass es Antworten gibt und ohne dass jemand zuhört.
Papst Franziskus erinnert an die Notwendigkeit von zwei Staaten für zwei Völker und fordert, alle offenen Fragen und Konflikte im Nahen Osten zu lösen, nicht nur das israelisch-palästinensische Problem.
Die Palästinenser haben jahrzehntelang gelitten, ohne Antworten zu erhalten und ohne gehört zu werden. Sie sind Opfer von Gewalt, die von verschiedenen Seiten ausgeht. Nicht nur vom israelischen Militär, sondern auch von anderen Ländern, einschließlich arabischer Länder.
Diejenigen, die die Absicht verfolgen, alte Königreiche im historischen Raum zwischen Euphrat und Nil wiederherzustellen, diejenigen, die sagen, dass andere Völker in dem Land vom Fluss bis zum Meer ausgelöscht werden müssen, wollen die Möglichkeit eines Staates Palästina und die Idee des Zusammenlebens zweier Völker in zwei Staaten für immer aus dem Horizont der Zukunft und der Geschichte ausschließen. Wenn die Welt dies duldet und rechtfertigt, bestätigt sie die Ungerechtigkeit und nimmt die Hoffnung.
Die Frage, die wir uns heute stellen müssen, lautet: Wollen die Mächte der Welt in dieser Richtung weitermachen? Die Antwort auf diese Frage hat mit der Zukunft dieses Landes und der ganzen Erde zu tun.
Die Antwort hat nicht nur mit den Kriegen von heute zu tun, sondern mit der möglichen katastrophalen Streuung der Saat von Kriegen, die in zehn, zwanzig oder fünfzig Jahren explodieren werden. Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was heute in den Kriegsgebieten geschieht: Wir werden für die gesamte Zukunft der Erde mit allen Folgen des Krieges Rechenschaft ablegen müssen, was die Migrationsströme, die Schaffung neuer Flüchtlingslager und die Erschöpfung lebenswichtiger Ressourcen wie Wasser angeht. Deshalb bin ich auch beeindruckt von der Reise von Papst Franziskus nach Dubai, um an der COP 28 teilzunehmen: Auch dies zeigt die Sorge der Kirche um die Klima- und Umweltkrise. Und für alles, was das Leben und das Wohl der Menschen und der Welt berührt.
(Fides 15/11/2023)

* Erzbischof von Homs, Hama und Nabek


Teilen: