AFRIKA/SUDAN - Unabhängigkeit des Südsudan: Risiken und mögliche Folgen

Samstag, 8 Januar 2011

Khartoum (Fidesdienst) – Insgesamt 3,9 Millionen Wähler sind berechtigt, im Rahmen des Volksentscheids vom 9. bis 15. Januar ihre Stimme für oder gegen die Unabhängigkeit abzugeben. Die Wähler leben größtenteils im Südsudan, doch auch zahlreiche Südsudaner, die derzeit im Nordsudan leben und Südsudaner im Ausland, sind stimmberechtigt.
Nach Ansicht von Experten besteht am Ausgang des Referendums kaum ein Zweifel: der Südsudan wird sich für die Unabhängigkeit entscheiden und damit einen Präzedenzfall für ganz Afrika schaffen. Bisher haben die afrikanischen Staaten mit Ausnahme von Eritrea den von der damaligen Organisation der Afrikanischen Staaten (seit 2001 Afrikanische Union) bei deren Gründung im Jahr 1963 getroffenen Beschluss respektiert und die nach dem Berliner Kongress 1884-1885 von den Kolonialmächten festgelegten Grenzverläufe unverändert belassen. Nun wird befürchtet, dass das sudanesische Referendum auch in anderen Staaten und Regionen den Weg für Forderungen nach mehr Autonomie oder gar Unabhängigkeit ebnen könnte.
Ein daraus entstehendes Risiko ist die Instrumentalisierung der Religion im Zusammenhang mit Unabhängigkeitsforderungen, In Afrika gibt es zahlreiche Regionen mit sezessionistischem Potential. Angefangen bei der angolanischen Enklave Cabinda, über die äthiopische Region Ogadan bis hin zu Nigeria und der Demokratischen Republik Kongo, wo es immer wieder zu Spannungen kommt. Schließlich gibt es in Somalia bereits den de facto unabhängigen Staat Somaliland (im Norden des Landes), der nur noch auf die Anerkennung durch die internationale Staatengemeinschaft wartet.
Unter regionalen Gesichtspunkten gesehen würde ein unabhängiger Südsudan noch mehr in die politische und wirtschaftliche Einflusssphäre Kenias gelangen. Wie die kenianische Tageszeitung „The Nation“ berichtet, leben bereits 70.000 Kenianer im Südsudan, die dort de facto die Kontrolle über den Bankensektor, die Luftfahrt und das Bauwesen ausüben. Der Bau von neuen Ölpipelines, Straßen und Eisenbahn- und Kommunikationsverbindungen zwischen beiden Ländern würde zu einer weiteren Integration der jeweiligen Volkswirtschaften führen und Kenia im Wettbewerb mit den anderen Ländern der Region stärken. (LM) (Fidesdienst, 08/01/2011)


Teilen: