AFRIKA/D.R. KONGO - „Wir wollen ein inklusives Abkommen, das die kongolesische Bevölkerung berücksichtigt“

Samstag, 15 November 2025 kriege   zivilgesellschaft  

Kinshasa (Fides) – „Wir wollen, dass die Stimme der Bewohner im Osten der Demokratischen Republik Kongo in den Friedensverhandlungen Gehör findet“, sagt die Rechtsanwältin Néné Bintu Iragi, Präsidentin der Zivilgesellschaft von Südkivu und Koordinatorin des Kollektivs „Maman Congo“, in dem sich vertriebene Frauen zusammenschließen, sowie Mitglied der Kommission „Gerechtigkeit und Frieden“ der Diözese Bukavu gegenüber Fides.
Bukavu, die Hauptstadt der kongolesischen Provinz Südkivu, wurde am 16. Februar von den Rebellen der M23 mit Unterstützung ruandischer Truppen eingenommen (vgl. Fides 17/2/2025). Zuvor war im Januar bereits Goma, die Hauptstadt von Nordkivu, in die Hände der M23 gefallen (vgl. Fides 29/1/2025). Seitdem gab es Friedensabkommen wie das am 27. Juni in Washington unter amerikanischer Schirmherrschaft unterzeichnete Abkommen zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda und das am 19. Juli in Doha (Katar) unterzeichnete Grundsatzabkommen zwischen der Demokratischen Republik Kongo und der M23-Bewegung (vgl. Fides 21/7/2025). Letzteres sollte zu einer endgültigen Einigung führen, doch derzeit gibt es noch einige Hindernisse.
Im Interview mit Fides spricht Néné Bintu Iragi über die Lage in den Provinzen Nord- und Südkivu und über die Aussichten auf Frieden im Osten der Demokratischen Republik Kongo.

Sie können nicht nach Bukavu zurückkehren. Warum?

Als die Rebellen in Bukavu einmarschierten, befand ich mich in Daressalam (Tansania) zu einem Treffen über den Friedensprozess, der in Nairobi und Luanda begonnen hatte. Ich war dort als Sprecherin der Bevölkerung von Südkivu, um zu bekräftigen, dass diese weiterhin an den zuvor eingeschlagenen Weg des Friedens glaubte. Leider kam es anders. Bereits vor meiner Abreise nach Tansania am 6. Februar waren in den sozialen Medien Drohungen gegen Vertreter der lokalen Zivilgesellschaft aufgetaucht. Auf meiner Rückreise in meine Heimat, als ich mich in Bujumbura in Burundi befand, erfuhr ich dann vom Fall von Bukavu. Ich konnte nicht dorthin zurückkehren, weil während des Angriffs der M23 die Gefängnisse von Bukavu von ihren Insassen geräumt worden waren. Unter ihnen befanden sich Personen, zu deren Verurteilung ich beigetragen hatte. Es handelt sich um gefährliche Banditen, die Reisende auf den Nationalstraßen Nr. 2 und Nr. 5 ausgeraubt und oft getötet haben.

Wo befinden Sie sich derzeit und wie setzen Sie Ihre Arbeit zur Sensibilisierung für das Drama im Osten der Demokratischen Republik Kongo fort?

Ich war gezwungen, mich in Uvira niederzulassen, das noch unter der Kontrolle der Regierung steht. Von dort aus halte ich Kontakt zu den Gebieten, die von der M23 kontrolliert werden, um die Gewalttaten zu dokumentieren, die sowohl von den Guerillakämpfern als auch von den regierungsnahen Paramilitärs, den so genannten „Wazalendo“, gegen die Zivilbevölkerung verübt werden. Einige meiner Kollegen und Kolleginnen werden von Letzteren bedroht, weil wir Menschenrechtsverletzungen anprangern, unabhängig davon, wer sie begeht.
Als Zivilgesellschaft befinden wir uns im Spannungsfeld der verschiedenen Konfliktparteien, weil wir uns weigern, Partei zu ergreifen, und unsere Neutralität betonen.
Aus unseren Berichten geht hervor, dass die humanitäre Lage katastrophal ist. Allein in Goma wurden in den Tagen der Eroberung 3.000 Frauen vergewaltigt, während in der Woche nach dem Fall der Stadt etwa 10.000 Menschen starben. Und das, obwohl die Soldaten der UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo (MONUSCO) immer noch in der Region präsent sind.

Wie groß sind die Hoffnungen auf Frieden?

Unsere Hoffnung auf Frieden basiert auf der Resolution 2773, die am 21. Februar 2025 vom UN-Sicherheitsrat verabschiedet wurde und die die Einstellung der Feindseligkeiten, den sofortigen Rückzug der ruandischen Armee und der M23 sowie den Schutz der Zivilbevölkerung fordert.
Der von US-Präsident Trump eingeleitete Friedensprozess spricht über alles andere als über die kongolesischen Opfer. Außerdem waren bei der Unterzeichnung des Abkommens am 27. Juni in Washington weder der Senat noch die Nationalversammlung beteiligt. Wir waren bereit, all dies zu akzeptieren, um Frieden zu erreichen, aber am Tag der Unterzeichnung gingen die Morde an Zivilisten 15 km von Bukavu entfernt ungestraft weiter.
Was den anderen Vermittler, Katar, betrifft, so hat dieser sowohl in der Demokratischen Republik Kongo als auch in Ruanda Investitionen getätigt, insbesondere die ruandische Goldraffinerie, die das im Kongo geplünderte Mineral verwendet, wurde mit katarischen Mitteln gebaut und die ruandische Fluggesellschaft befindet sich in den Händen von Doha. Dieser Staat ist also kein neutraler Vermittler, da er in beiden Ländern Interessen zu schützen hat.
Wir wollen ein inklusives Abkommen, das die kongolesische Bevölkerung, aber auch alle anderen am Konflikt im Osten der DR Kongo beteiligten Parteien, einschließlich Burundi und Uganda, berücksichtigt.
(L.M.) (Fides 15/11/2025)


Teilen: