ASIEN/INDONESIEN - Studierende versammeln sich zu Protesten vor dem Parlament: Katholische Rektoren fordern Dialog und Schutz von Freiheit und Demokratie

Donnerstag, 4 September 2025 kundgebungen   zivilgesellschaft   studenten   freiheit   politik  

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Jakarta (Fides) – Vertreter von Studentenbewegungen, Arbeitnehmer und zivilgesellschaftlichen Gruppen kommen heute vor dem Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Jakarta zu Protestkundgebungen zusammen. Eine Koalition von Studentenvereinigungen, die als „Bem Si” bekannt ist, erklärte, dass im Mittelpunkt der Protest „Korruption und Politisierung des Rechts” stehen. Nach einer Woche voller Proteste in verschiedenen Städten – zunächst wegen der Subventionen für Parlamentarier und dann gegen die Gewalt der Polizei (zehn Tote, über tausend Verletzte, dreitausend Festnahmen im gesamten Archipel) erklärte Präsident Prabowo Subianto, dass Armee und Polizei der Gewalt der Massen, hinter denen sich „Verräter und Terroristen“ verbergen, standgehalten hätten.
Ein offener Brief der Rektoren und Präsidenten der indonesischen katholischen Universitäten, die alle Mitglieder der Vereinigung katholischer Universitäten (APTIK) sind, analysiert die politische und sozialen Lage und warnt vor der Gefahr einer ernsthaften Spaltung zwischen Politik und Zivilgesellschaft.
In dem Schreiben, das Fides vorliegt, schreiben 28 Rektoren katholischer akademischer Einrichtungen: „Wir sind uns bewusst, dass Indonesien derzeit aufgrund globaler geopolitischer und wirtschaftlicher Turbulenzen in einer Welle der Unsicherheit steckt. Diese Situation hat sich auf die nationale Wirtschaft ausgewirkt und zu einer Zunahme der Zahl der schutzbedürftigen Arbeitnehmer und der Arbeitslosigkeit geführt. Ebenso hat die Bevölkerung aufgrund der steigenden Preise für lebenswichtige Güter mit zunehmenden Schwierigkeiten zu kämpfen.“
„In dieser Situation“ – heißt es in dem Brief – „haben die politischen Eliten der Exekutive und Legislative statt Empathie und visionäre Führungsstärke an der Seite des Volkes zu zeigen, Arroganz und Gleichgültigkeit an den Tag gelegt, weit entfernt von Empathie und Mitgefühl. Beamte haben auch auf Korruption zurückgegriffen, und zwar im Rahmen von Maßnahmen, die eigentlich die öffentliche Sicherheit und einen besseren Zugang zu den Bedürfnissen der Bürger gewährleisten sollten. All dies untergräbt das Gerechtigkeitsempfinden der Bürger zusätzlich.“
Die katholischen Akademiker sind der Ansicht, dass „nationale Entwicklungsprogramme, die eigentlich Instrumente zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und des öffentlichen Wohlergehens sein sollten, stattdessen zu Projekten geworden sind, die die Interessen von Oligarchen und Eliten begünstigen”. Viele politische Maßnahmen, so sagen sie, „sind in Wirklichkeit schädlich für die Bevölkerung, wie die Erhöhung der Grund- und Gebäudesteuern in verschiedenen Regionen, die extrem hohen Vergütungen für die Mitglieder der Abgeordnetenkammer, die gleichzeitige Ausübung von Minister- und Vizeministerämtern, die anhaltenden Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung und der Einsatz der Ordnungskräfte zu politischen Zwecken“.
Ein weiterer wunder Punkt sei das Bildungssystem: „Die Bildungspolitik, die ein Grundrecht der Bürger sein sollte, wurde weitgehend den Marktmechanismen überlassen, was zu einer Neoliberalisierung und Kommerzialisierung der Bildung geführt hat“, heißt es in dem Text, der auch die Investitionen in die Sicherheitskräfte thematisiert: „Die Regierung begünstigt eindeutig die Indonesischen Nationalen Streitkräfte (TNI) und die Indonesische Nationalpolizei (Polri), die den größten Anteil des Staatshaushalts unter den Ministerien und Institutionen erhalten.“
Zu den Ursachen des Protests betonen die Rektoren: „Neben der Arroganz der Beamten und den gewalttätigen Aktionen der Polizei, die zum Verlust von Menschenleben geführt haben, glauben wir, dass die heutige öffentliche Wut auch durch Ungerechtigkeit, soziale Ungleichheit und die schwere wirtschaftliche Belastung der Gemeinschaft geschürt wird. Ungerechtigkeit führt immer zu tiefen Verletzungen und Wut in der Bevölkerung, die explodieren, wenn die Grenzen der Menschlichkeit durch Arroganz, mangelndes Einfühlungsvermögen der Beamten und die Unterdrückung durch die Ordnungskräfte überschritten werden.“
Vor diesem Hintergrund fordert die katholische akademische Vereinigung „alle, die Macht in der Exekutive, Legislative und den Strafverfolgungsbehörden innehaben“, dazu auf, „stets die Moral und das Verfassungsmandat der Nation zu respektieren” und fordert: „Die Regierung und die Abgeordnetenkammer müssen sich auf die Seite des Volkes stellen und ihre Politik verbessern, um die Interessen des Volkes zu verteidigen, zum Wohle der sozialen Gerechtigkeit für das gesamte indonesische Volk, in Übereinstimmung mit der Pancasila und dem Auftrag der Präambel der Verfassung von 1945”. Auch „die Exekutive und die Legislative müssen im Dienste des Volkes und der Menschenwürde stehen, nicht im Dienste der Parteieliten oder Oligarchien“. Nur „eine authentische, ehrliche und auf das Wohl der Gegenwart und Zukunft ausgerichtete Führung kann das Vertrauen der Öffentlichkeit und die Ordnung des Zusammenlebens wiederherstellen“, fügen sie hinzu.
Es sei dringend notwendig, „die Demokratie vor gewalttätigen Praktiken und Einschüchterungen zu schützen“. Die APTIK fordert, dass „die Meinungs-, Vereinigungs- und Ausdrucksfreiheit als Grundpfeiler der Demokratie respektiert werden“. „Jeder Versuch, kritische Stimmen durch autoritäre Maßnahmen, Medienzensur, Einschüchterung oder andere Formen der Gewalt zum Schweigen zu bringen, ist ein Affront und ein Verrat an der Demokratie. Die Lösung von Konflikten sollte immer innerhalb der demokratischen Grenzen und unter Achtung der Volkssouveränität erfolgen“, heißt es in dem Schreiben.
„Die Polizei und die indonesischen Streitkräfte müssen die Unterdrückung beenden und einem humaneren Ansatz Vorrang einräumen“, fordern die Unterzeichner des Schreibens, „indem sie den Willen und den emotionalen Zustand der Bürger verstehen, die über die Ungerechtigkeit und Gewalt empört sind, die Opfer gefordert hat. Repression und Aufwiegelung werden nur die Wut und das Leid der Menschen verschärfen, die bereits täglich unter der schweren Last wirtschaftlicher und struktureller Ungerechtigkeit leiden.“
Der Brief ruft deshalb auch zum Dialog auf: „Das Repräsentantenhaus und die Regierung, einschließlich des Präsidenten, müssen unverzüglich einen transparenten und wirkungsvollen Dialog mit den Vertretern der Zivilgesellschaft aufnehmen, die demonstrieren“. Und die APTIK unterstützt die Demonstrationen „als Form des Ausdrucks und der Teilhabe an einer gesunden und würdigen Demokratie, sofern sie nicht anarchisch, destruktiv oder illegal werden.“
Schließlich werden „alle Intellektuellen, Studenten und die Zivilgesellschaft dazu aufgerufen, sich zusammenzuschließen und ihre Stimme zu erheben, um die wahre Wahrheit zu verkünden“. „Die Wahrheit muss mit intellektueller Integrität und moralischem Mut für soziale Gerechtigkeit und das Gemeinwohl zum Ausdruck gebracht werden. Als Bürger haben wir alle die ethische und historische Verantwortung, dafür zu sorgen, dass dieses Land stets die Werte der Menschlichkeit und Gerechtigkeit hochhält“, wird betont.
„Frieden“, heißt es abschließend, „ist die Frucht der Gerechtigkeit, wie Papst Franziskus in seiner Rede im Präsidentenpalast bekräftigt hat. Wir sollten uns immer daran erinnern, dass Frieden und Wohlstand erreicht werden, wenn wir uns nicht nur für unsere eigenen Interessen und Visionen einsetzen, sondern für das Gemeinwohl, indem wir uns gegenseitig umarmen, Vereinbarungen und Synergien stärken und unsere Kräfte bündeln, um jede Form von moralischem, wirtschaftlichem und sozialem Leid zu überwinden und Frieden und Harmonie zu fördern.“
(PA) (Fides 4/9/2025)


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