AMERIKA/KOLUMBIEN - ELN kündigt “bewaffneten Streik” an: "Gewalt ist nie eine Lösung“

Montag, 19 August 2024

Bogotà (Fides) – Der Stillstand der Friedensverhandlungen zwischen der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) und der Regierung stürzen Kolumbien in eine immer enger werdende Spirale der Gewalt. In den letzten Stunden hat die ELN sogar einen „bewaffneten Streik“ in der Region am Pazifischen Ozean, genauer gesagt im Departement Chocó, angekündigt.
Ein so genannter „bewaffneter Streik“ bedeutet eine dauerhafte Ausgangssperre mit der damit verbundenen Blockade aller Aktivitäten. Die Guerilla hat klargestellt, dass es sich um eine Aktion auf unbestimmte Zeit handelt, was umgehend zu unzähligen Unannehmlichkeiten für die Bevölkerung geführt hat: betroffen von dieser Aktion sind etwa 50.000 Menschen, darunter Einwohner und Nichtansässige, die sich derzeit in fünf Gemeinden im Departement befinden.
Unterdessen hat Ortskirche bereits ihre Stimme erhoben und in einer vom Nationalen Sekretariat für soziale Seelsorge/Caritas Kolumbiens herausgegebenen, von deren Präsidenten Juan Carlos Barreto, dem Bischof von Soacha, und dem Exekutivsekretär, Pfarrer Rafael Castillo, unterzeichneten Mitteilung ihre Verbundenheit mit den „von diesem illegalen bewaffneten Streik betroffenen Gemeinschaften“ zum Ausdruck gebracht und Solidarität „angesichts der territorialen Kontrolle über das Territorium, das sie zu verteidigen und zu unterstützen behaupten, durch diejenigen, die weder das Leben ehren noch Hoffnung fördern“ bekundet.
In der Verlautbarung wandte sich die kolumbianische Kirche auch an die Guerillas, die Ängste schüren: „An der Kriegsfront der ELN und des Golf-Clans („Autodefensas Gaitanistas“, Anm. d. Red.) sagen wir, dass alles, was mit Gewalt und Drohungen erreicht wird, so bleibt, solange Drohungen anhalten; und dass, wenn es Machtmissbrauch ist, wenn die Starken die Schwachen ausnutzen und wenn die Reichen die Armen ausnutzen, es auch ein Machtmissbrauch ist, wenn bewaffnete Menschen und Gruppen unbewaffnete Menschen ausnutzen“, heißt es dazu. „Sie alle zerstören das, was Sie angeblich aufbauen wollen. Gewalt war nie eine Lösung. Sie hat immer nur größere Übel gebracht“, wird gemahnt.
Auf die Stellungnahme von Bischof Barreto und Pfarrer Castillo folgten auch die Worte des Bischofs von Istmina-Tadó, Mario de Jesús Álvarez Gómez, und des gewählten Bischofs von Quibdó, Wiston Mosquera Moreno, aus den Diözesen des Pazifiks. Die Prälaten haben ihre Stimmen in einem eindringlichen Appell für ein sofortiges Ende des bewaffneten Streiks vereint. „Menschen dürfen nicht sterben. Die Menschen dürfen nicht eingesperrt werden, denn niemand kann ihnen die Freiheit nehmen“, lauten die Worte des designierten Bischofs Moreno.
Erst vor wenigen Tagen hatte die kolumbianische Regierung von Gustavo Petro den ELN-Unterhändlern noch einen „vertraulichen“ Vorschlag vorgelegt: „Wir haben vom Präsidenten die Anweisung erhalten, der ELN einen vertraulichen Vorschlag zu übermitteln, damit diese ihn bewerten und uns antworten kann. Es ist ein vertraulicher Vorschlag und wir werden ihn nicht weitergeben, weil wir die Anweisungen des Präsidenten respektieren und auf eine positive Antwort warten müssen“, erklärte die Chefunterhändlerin der Regierung Vera Grabe dazu.
Zuvor hatte die Regierung Anfang des Monats unterdessen die Wiederaufnahme „offensiver“ Militäreinsätze gegen die Guerillas der Nationalen Befreiungsarmee angekündigt. „Wie immer, wenn kein Waffenstillstand in Kraft ist, führen die Streitkräfte regelmäßig offensive Militäreinsätze durch. Das sind die Hinweise für die Militärkommandos“, sagte Verteidigungsminister Ivan Velásquez.
Diese Ankündigung erfolgte im Anschluss an gegenseitige Vorwürfe hinsichtlich der Verantwortung für das Scheitern des im November 2022 begonnenen Friedensdialogs zwischen den Parteien, der immer wieder in die Krise geriet. Zumindest auf dem Papier laufen die Verhandlungen jedenfalls noch heute.
(F.B.) (Fides 19/8/2024)


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