ASIEN/PAKISTAN - Islamkunde für nicht-muslimische Schüler nicht mehr obligatorisch

Dienstag, 23 Januar 2024 bildungswesen   islam   religiöse minderheiten  

Islamabad (Fides) - Es ist ein Wendepunkt für religiöse Minderheiten in Pakistan: Das Studium des Islams ist für nicht-muslimische Schüler in Schulen aller Stufen nicht mehr obligatorisch. Das Bundesministerium für Bildung hat den "Lehrplan für den Religionsunterricht 2023" genehmigt, der für Schüler der Klassen 1 bis 12 (von der ersten Klasse bis zum Gymnasium) bestimmt ist und für diejenigen, die sich nicht zur islamischen Religion bekennen, das bisher obligatorische Studienfach "Islamkunde“ ersetzen wird. Wie die pakistanische Lehrervereinigung für Minderheiten berichtet, betrifft die am 22. Januar von der Regierung offiziell bekannt gegebene Mitteilung den Bildungsweg pakistanischer Schüler, die anderen offiziell anerkannten Religionen als dem Islam angehören, nämlich Bahai, Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Kalasha, Sikhismus und Zoroastrismus. Für jede dieser Gruppen verpflichtet sich das Ministerium, einen spezifischen Text für den Lehrplan "Religionsunterricht" zu entwickeln und zu genehmigen. Diese Schüler müssen von nun an nicht mehr zwingend den Islam studieren, ein Fach, das sich bisher auf ihren Durchschnitt und ihre Schulnote auswirke, sondern können sich mit Themen und Inhalten ihrer eigenen Religion befassen.
Der neue Lehrplan für den Religionsunterricht der Klassen 1-12 wird ab dem nächsten Schuljahr 2024-2025 eingeführt. Anjum James Paul, ein pakistanischer Katholik und Lehrer an der Spitze der Pakistan „Minorities Teachers' Association“, der sich immer für eine gerechte Bildung im Land eingesetzt hat, erklärt gegenüber Fides: "Wir arbeiten seit 2004 an der Frage des Religionsunterrichts für Minderheitenschüler. Nach einem 20-jährigen Kampf, in dem wir uns an verschiedene Gremien, Institutionen, Regierungen und den Obersten Gerichtshof gewandt haben, hat die pakistanische Regierung dieses Recht nun endlich anerkannt und die nicht-muslimischen Schüler von der Pflicht zum Islamstudium befreit. Wir sind dem Sekretariat des Nationalen Lehrplanrates und all jenen Organisationen dankbar, die sich ebenso wie wir dafür einsetzen, dass alle Schüler ohne Diskriminierung die gleichen Rechte und Chancen haben und der Pluralismus gewahrt bleibt". „Gemäß Artikel 22 der pakistanischen Verfassung", so der Dozent, "ist niemand, der eine Bildungseinrichtung besucht, verpflichtet, Religionsunterricht zu erhalten, an religiösen Zeremonien teilzunehmen oder einem anderen religiösen Kult als dem eigenen zu folgen“. "Dieser Artikel soll die Religions- und Weltanschauungsfreiheit garantieren, die die Regierung in Pakistan zu schützen hat, um alle Formen der Intoleranz zu beseitigen", betont er.
Anjum James Paul unterrichtet Sozialwissenschaften an einer staatlichen High School in Lahore, wo er sich dafür einsetzt, eine Mentalität, die Hass und Vorurteile fördert, im Keim zu ersticken. "Ein weiteres Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die in den pakistanischen Schulen verwendeten Schulbücher frei von religiösen Vorurteilen sind, die für Minderheiten schädlich sind. Wenn in den Schulbüchern für den Religionsunterricht nur vom Islam die Rede ist oder andere Religionen negativ dargestellt werden, liegt ein Denkfehler vor, der sich sehr negativ auf die Psyche von Kindern und Jugendlichen und damit auf die Gesellschaft insgesamt auswirkt". Paul hofft, dass "die in den öffentlichen Schulen verwendeten Schulbücher friedliche Koexistenz, soziale Harmonie, Gleichheit, Menschenwürde, kulturelle und religiöse Vielfalt, Gewaltlosigkeit und Gleichberechtigung fördern und Pakistan als multireligiöses und multikulturelles Land darstellen".
Nach der Kampagne und dem Antrag der Verbände erlaubte der Nationale Lehrplanrat (NCC) die Veröffentlichung von Schulbüchern für Schüler der sieben anerkannten Religionsgemeinschaften unter Aufsicht der Bundesregierung bereits im Jahr 2023. Nach der Genehmigung des NCC kann die „National Book Foundation“ (NBF) Schulbücher über Hinduismus, Sikhismus, Christentum, Bahai, Zoroastrismus, Kalasha und Buddhismus veröffentlichen. Wie die Leiterin des NCC, Maryam Chaghatai, mitteilte, wurde diese Praxis in den Bildungseinrichtungen der Bundeshauptstadt Islamabad (die Einrichtungen, die unter der direkten administrativen Kontrolle des Bundesbildungsministeriums stehen) bereits „ad experimentum“ eingeführt und soll nun auf die Provinzregierungen ausgedehnt werden.
Die christliche Gemeinschaft in Pakistan hat bereits Lehrbücher für den neuen nationalen Lehrplan für den Religionsunterricht für die Klassen 1 bis 6 vorgelegt und veröffentlicht, während Teams von Lehrern und Fachleuten Texte über andere Religionen verfassen, und zwar "frei von jeglicher kulturellen und religiösen Voreingenommenheit", so Paul abschließend.
(PA) (Fides 23/1/2024)


Teilen: