AFRIKA - Militärputsche in der Sahelzone: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Freitag, 1 Dezember 2023 putsch   soldaten   bischöfe  

Lagos (Fides) - Die Militärputsche, die in den letzten zwei bis drei Jahren in der Sahelzone stattgefunden haben, unterscheiden sich von denjenigen, die in den 70er und 80er Jahren stattfanden. Dies erklärten die Bischöfe des Ständigen Ausschusses des Symposiums der Bischofskonferenzen von Afrika und Madagaskar (SECAM/SCEAM), die anlässlich des 50jährigen Gründungsjubiläums des Panafrikanischen Bischofskomitees für soziale Kommunikation (CEPACS) in Lagos (Nigeria) zusammen gekommen waren.
Die afrikanischen Bischöfe erklärten: "Wir sind in Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche, die die Machtergreifung durch Gewalt entschieden ablehnt, gegen Staatsstreiche. Die Kirche steht für die Demokratie".
In ihrem abschließenden Kommuniqué analysieren die Mitglieder der SECAM die Situation und sind der Meinung, dass die aktuellen Putsche "im Gegensatz zu den Putschen der 1970er und 1980er Jahre stehen, deren Hauptziel die Erlangung und der dauerhafte Erhalt der Macht war“. „Die jüngsten Putsche zeichnen sich durch eine Absicht aus, die angeblich darauf abzielt, die Bevölkerung von Ungerechtigkeiten zu befreien und das Monopol des nationalen Reichtums durch etablierte politische Eliten und ihre internationalen Verbündeten zu beenden", betonen sie und fügen hinzu, dass "die breite Bevölkerung die Staatsstreiche unterstützt und diese Handlungen als Ausdruck einer tiefen Frustration und Wut über seit langem bestehende Ungerechtigkeiten betrachtet".
Rahmane Idrissa, Forscher an der Universität Leiden, stimmt dieser These zu, vergleicht jedoch die aktuelle Situation mit den Putschen Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre, die durch eine Übergangsphase und eine schnelle Rückkehr zur Demokratie gekennzeichnet waren. Im Interview mit Fides zeichnet der Forscher ein Bild der Militärputsche, die in den drei Ländern der Sahelzone (Mali, Burkina Faso und Niger) stattgefunden haben.

Was sind die Gemeinsamkeiten und was die Unterschiede im Hinblick auf die drei Putsche in der Sahelzone?

Es gibt einige Gemeinsamkeiten, denn alle drei Länder haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen, insbesondere mit den Aktionen der terroristischen Gruppen in der Sahelzone. Ich bin daher der Meinung, dass diese Putsche nicht stattgefunden hätten, wenn es diesen „Krieg“ nicht gegeben hätte.
Gleichzeitig unterscheiden sich die drei Putsche aber auch durch die Umstände, unter denen sie stattgefunden haben. Vor allem in Mali und in geringerem Maße auch in Burkina Faso erfolgten die Putsche nach einer langen Reihe von Protesten der Bevölkerung gegen die etablierte Macht. Im Gegensatz dazu gab es in Niger zur Zeit des Putsches keine Proteste der Bevölkerung. Vielmehr war es eine sehr ruhige Zeit. Darüber hinaus wurden die Putsche in Mali und Burkina Faso von jungen Offizieren durchgeführt, während sie in Niger von altgedienten, hochrangigen Offizieren ausgeführt wurden.
Der Staatsstreich in Mali hat ein Muster geschaffen, bei dem das Militär verspricht, die Macht an eine zivile Regierung zurückzugeben, dies dann aber nicht tut und den Termin für die Machtübergabe zwischen Militär und Zivilisten auf unbefristete Zeit verschiebt. In diesem Sinne ahmen die Militärs in Burkina Faso die Militärs in Mali nach, und ich denke, dass die Militärs in Niger dasselbe tun werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich diese drei Putsche von denen der jüngsten Vergangenheit unterscheiden, auf die eine Übergangszeit und eine schnelle Rückkehr zur Zivilregierung folgten.

Wird es den Putschisten gelingen, die Terroristen zu besiegen und die Kontrolle über das Gebiet wiederzuerlangen?

Nein, denn die Sicherheitskrise ist sehr komplex und kompliziert. Eine rein militärische Lösung allein reicht nicht aus, um sie zu überwinden. Es ist eine politische und wirtschaftliche Lösung erforderlich. Die Militärs denken aufgrund ihres Berufes hauptsächlich an eine militärische Lösung. Meiner Meinung nach sind sie nicht in der Lage, das Problem zu lösen, ich fürchte sogar, dass sie es noch verschärfen werden.

Erwarten Sie weitere Putsche, zum Beispiel im Tschad? Halten Sie einen Putsch in Nigeria für möglich?

In Nigeria halte ich dies unter den derzeitigen Umständen für kaum wahrscheinlich, und ich glaube nicht, dass es in anderen Ländern der Region zu Putschen kommen wird. Der Tschad hat bereits ein Militärregime. Ich glaube eher, dass es in den drei Ländern, die das bereits erlebt haben, zu weiteren Putschen kommen wird. Das liegt daran, dass die Situation nicht stabil ist. Die Militärs haben die Macht übernommen, weil sie versprachen, die Sicherheitskrise zu lösen, und sie haben keine andere Legitimation als Gewalt. Und wer mit Gewalt an die Macht kommt, kann von einer überlegenen Macht gestürzt werden.
(L.M.) (Fides 1/12/2023)


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