CHINA/VATIKAN - Fünf Jahre nach dem Abkommen über die Ernennung chinesischer Bischöfe: Interview mit dem belgischen Missionar Pater Jerome Heyndrickx über den Dialog mit China

Freitag, 22 September 2023 papst franziskus   mission   bischöfe  

Knack.be

von Gianni Valente

Löwen (Fides) - Am 22. September 2018, also vor genau fünf Jahren, haben Vertreter des Heiligen Stuhls und der Volksrepublik China in Peking das vorläufige Abkommen über die Verfahren zur Ernennung neuer chinesischer Bischöfe unterzeichnet. Das Abkommen wurde zweimal verlängert, 2020 und 2022. Und der bestätigte vorläufige Charakter veranlasst dazu, eine endgültige Bewertung seiner Anwendung zu vermeiden. Zum Jahrestag der Unterzeichnung befürwortet der belgischen Missionar Jeroom Heyndrickx von der Kongregation vom Unbefleckten Herzen Mariens (Missionare von Scheut) im Interview mit Fides den Dialog mit China. Pater Jeroom ist fast 92 Jahre alt und hat sein ganzes langes Leben dem Dienst an der Kirche in China gewidmet.

Pater Jeroom, gestern haben wir erfahren, dass zwei chinesische Bischöfe an der Synode teilnehmen werden, die demnächst in Rom eröffnet wird. Und heute sind es fünf Jahre seit der ersten Unterzeichnung des vorläufigen Abkommens zwischen China und dem Heiligen Stuhl über die Ernennung chinesischer Bischöfe. Was halten Sie von diesem zufälligen Zusammentreffen?

JEROOM HEYNDRICKX: Die angekündigte Teilnahme von zwei Bischöfen aus Festlandchina bei der kommenden Synode ist offensichtlich eine Ergebnis der von Papst Franziskus gewünschten Vereinbarung mit China, einen ständigen Dialog und Austausch zu initiieren. Eine weiteres konkrete Ergebniswar der kürzliche Besuch der chinesischen Bischöfe in Leuven - nach dem sie auch drei Tage lang die Kirche von Frankreich besuchten und drei Treffen in den Niederlanden hatten. Auf Einladung von Kardinal De Kesel erhielten vier chinesische Bischöfe von den chinesischen Behörden die Erlaubnis, Anfang September nach Leuven zu kommen, um zu erörtern, wie der fruchtbare und sinnvolle Austausch und die Zusammenarbeit mit der Verbiest-Stiftung wieder aufgenommen werden kann.


Nach wie vor kursieren Meinungen und Kommentare zu dem Abkommen, die an seinem Kern vorbeigehen und seinen Hauptzweck aus den Augen verlieren. Was ist der entscheidende Punkt der Vereinbarung?

HEYNDRICKX: Dank dieses Abkommens werden alle neuen katholischen Bischöfe in voller Gemeinschaft mit dem Papst geweiht und sind nun sowohl vom Heiligen Stuhl als auch von China legitimiert und anerkannt. Eines der Haupthindernisse für eine größere Einheit der Kirche ist damit beseitigt. Auf diese Weise vollzieht sich vor unseren Augen eine historische Bewegung hin zu einer größeren Einheit in der Kirche.

Mehrere Beobachter weisen darauf hin, dass es seit der Unterzeichnung des Abkommens kaum neue Bischofsweihen gegeben hat...

HEYNDRICKX: Es stimmt, der Dialog mit China ist auch nach dem Abkommen nicht so reibungslos verlaufen. Warum sollten wir das verschweigen? Auch wir sind enttäuscht, dass keine weiteren Bischöfe ernannt wurden, um die unbesetzten Stellen in mehr als 25 Diözesen in China zu besetzen. Wir glauben auch, dass die Ausübung der Glaubensfreiheit in China zu sehr eingeschränkt ist. Einige Beobachter in westlichen Ländern betonen jedoch nur diese Aspekte, wenn sie über das Abkommen sprechen. Sie kritisieren das Engagement des Papstes für den Dialog und die Förderung der geistlichen Ziele der Kirche. Warum eigentlich? Vielleicht um ihre eigenen politischen Ziele zu verfolgen. Doch Fakten wie der jüngste Besuch chinesischer katholischer Bischöfe in Europa zeigen, dass ihre Kritik unbegründet ist.

Können Sie uns etwas über den Besuch der chinesischen Bischöfe in Belgien erzählen?

HEYNDRICKX: In Löwen fanden die Treffen mit Kardinal De Kesel und den Missionaren des Scheut-Missionaren in Belgien in einer Atmosphäre christlicher Brüderlichkeit statt, bei der nach Wegen gesucht wurde, damit die Kirchen in China und im Westen sich gegenseitig im Glauben bestätigen können. Die Kirchen im Westen begrüßen (und brauchen!) heute diese Bestätigung im Glauben. Sie werden durch den Glauben der Christen in China inspiriert und bestätigt, und die Kirche in China fühlt sich durch die brüderliche Aufnahme im Westen gestärkt.

Die Atmosphäre und der Geist der Begegnungen während des gesamten Besuchs müssen im Vergleich zu den letzten sechzig Jahren gesehen werden, die von gegenseitigen Spannungen und Misstrauen geprägt waren, von einer Spaltung sogar innerhalb der Kirche zwischen "inoffiziell" und "offiziell", "legitim" und "illegitim". Wir dürfen nicht blind sein und diesen großen Schritt nicht anerkennen, der ohne die Zustimmung des Papstes nicht zustande gekommen wäre. Eine größere Einheit innerhalb der Kirche zu erreichen, Missverständnisse innerhalb der Kirche zu überwinden, ist eine missionarische Leistung dieses Papstes. Und es gibt noch mehr. Wir sollten auch die anderen bemerkenswerten Entwicklungen dieser Tage nicht aus den Augen verlieren.

Als Missionar haben Sie den "Neubeginn" der Kirche in der Mongolei in den 1990er Jahren, wo Papst Franziskus Anfang September zu Besuch war, aus nächster Nähe verfolgt...

HEYNDRICKX: Ich war überrascht von dem starken Zeugnis, das dieser Besuch für die Kirche und im Grunde für die ganze Welt darstellt. Er erinnerte mich an die Zeit im Oktober 1991, als ich vom Heiligen Stuhl und dem Oberen meiner Missionskongregation entsandt wurde, um in Ulaanbaatar die Wege der Evangelisierung in Vorbereitung der neuen mongolischen Mission der Scheut-Missionare zu erkunden. Ich hatte die Ehre, vom damaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten, Minister Dorligjav, empfangen zu werden, und war von seinen Worten beeindruckt. Er sagte: "Pater, unser Land stand siebzig Jahre lang unter dem atheistischen Sowjetregime. Nun, da wir befreit sind, kehren wir nicht zu unserem alten Regime mit dem Buddhismus als Staatsreligion zurück. Wir sind jetzt eine unabhängige Republik mit Glaubensfreiheit. Um unserem Volk die Möglichkeit zu geben, an die christliche Religion zu glauben, laden wir Missionare ein, hierher zu kommen. Sie sind willkommen, aber denken Sie daran, dass unser Volk entweder Buddhisten oder Atheisten sind. Seien Sie nicht aggressiv in Ihren Evangelisierungsabsichten. Beteiligen Sie sich vielmehr an den Bemühungen unseres Landes, sich um die Armen zu kümmern. Helfen Sie uns bei der Gesundheitsfürsorge und der Bildung". Und genau das tut die kleine Kirchengemeinde in Ulaanbaatar seit 1992: Sie eröffnet Schulen, kümmert sich um die Bedürfnisse der Armen, kümmert sich um Behinderte, Waisen und verlassene Jugendliche.

Auch aus der Mongolei sandte der Papst eine Botschaft an das chinesische Volk und die chinesischen Katholiken. Was ist der Weg, auf dem wir weitergehen sollen?

HEYNDRICKX: Das Abkommen des Heiligen Stuhls mit China ist nun fünf Jahre alt. Fakten wie die Teilnahme chinesischer Bischöfe an der Synode und der Besuch chinesischer Bischöfe in Löwen, Frankreich und den Niederlanden öffnen uns die Augen und zeigen, dass mehr erreicht wird, als wir wussten. Es ist offensichtlich und klar, dass trotz einiger negativer Nachrichten, die uns aus China erreichen, die offenen Kontakte zwischen der chinesischen Kirche und der Weltkirche in den letzten Jahren erheblich zugenommen haben. Es ist offensichtlich, dass dies auf den anhaltenden positiven Dialog von Papst Franziskus mit China zurückzuführen ist. Wir sind alle eingeladen, uns dessen bewusster zu werden und die unermüdliche Arbeit des Papstes im Dienste der Kirche zu unterstützen. Die Tatsache, dass die Verbesserung der Situation nur langsam voranschreitet, sollte uns nicht überraschen. Beide Seiten - der Heilige Stuhl und die Volksrepublik China - bemühen sich, den Ost-West-Gegensatz des 19. Jahrhunderts, den Opiumkrieg und alle damit verbundenen Feindschaften, gegenseitigen Vorurteile und Unverständnis zu überwinden. Der Papst agiert als Pionier in diesem Sinne, als Missionar für China in unserer Zeit, und hier braucht und verdient er die volle Unterstützung der ganzen Kirche, anstatt aus der Ferne zu beobachten, was passiert. Unsere missionarische Kreativität wird Wege finden, um Straßen zu bauen, wo es keine gibt.
(Fides 22/9/2023)


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