Niamey (Fides) - "Die Putschisten in Niamey lassen sich von den Beispielen Bamako und Ouagadougou inspirieren, deren Regierungen sich den Sanktionen widersetzten und sich gegen die ‚internationale Gemeinschaft‘ und die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) stellten, während sie sich gerade einmal zu einer Rückkehr zu einer demokratischen Regierung verpflichteten", so Rahmane Idrissa, ein Niger-Experte der Universität Leiden.
„Wie in diesen beiden Ländern genießt die nigrische Junta derzeit den Zuspruch der Öffentlichkeit. Sie könnte dies als eine Form der Legitimation interpretieren, die sie davon befreit, zum demokratischen Prozess zurückzukehren", erklärt der Forscher. "In der Zwischenzeit wird das ideologische Klima, das auf einen Bruch mit Frankreich und dem Westen drängt, ebenfalls dazu beitragen, den Boden für den Autoritarismus zu bereiten, auch wenn man dem Westen vorwerfen könnte, dass er gegenüber den autoritären Tendenzen der PNDS (der Partei des abgesetzten Präsidenten Mohammed Bazoum) stets ein Auge zudrückt".
In Bezug auf die derzeitigen Regierungen in Mali und Burkina Faso stellt Rahmane Idrissa fest: "Die Ereignisse in Burkina Faso und Mali zeigen, dass sich die Unterstützung für eine solche Junta nach etwa einem Jahr auf überzeugte Ideologen und diejenigen beschränkt, die ihre Zukunft auf ihr Regime gesetzt haben. Andere neigen dazu, die Junta zu akzeptieren, weil sie eine wenn auch minimale materielle Veränderungen in ihrem Leben gebracht haben. Das Ergebnis ist eine Art politischer Rückschritt, auch wenn demokratische Prozesse unter Ibrahim Boubakar Keita in Mali oder das so genannte Gouri-System in Niger (ein System der Kooptation der Opposition, das das demokratische System faktisch sinnentleert hat, Anm. d. Ü.) kaum Fortschritte gemacht haben“.
"In allen drei Ländern kann die Wiederherstellung der Demokratie daher nur durch Druck von außen, insbesondere durch die ECOWAS, erfolgen", so der Wissenschaftler weiter. "Aber in Niger begann diese Druckausübung unter schlechten Vorzeichen. Da Nigeria von dem Putsch überrascht wurde, verärgert über einen Putsch zu viel und unter Führung des Politikers - Bola Tinubu – gehandelt hat, der entschlossen ist, der ECOWAS einen authentischen nigerianischen Stempel aufzudrücken (auch wenn die Nigerianer nur sehr wenig von ihren französischsprachigen Nachbarn wissen und verstehen), war die Reaktion hart. Sie umfasst die Androhung einer militärischen Intervention sowie Sanktionen wie die Unterbrechung der Stromversorgung Nigers, die zu über 70 % aus Nigeria stammt. Die Putschisten in Niamey, die in ihrer Naivität nicht mit dieser Reaktion gerechnet hatten, reagierten mit Empörung - sie riefen Botschafter zurück, brachen Abkommen und weigerten sich, Abgesandte zu empfangen".
Das Szenario, das bevorsteht, ist laut Idrissa düster: „Wenn es den Putschisten gelingt, ihre Herrschaft zu festigen und ihre Unnachgiebigkeit aufrechtzuerhalten, indem sie sich weigern, einen Kompromiss mit den Nigerianern und dem Westen zu schließen, wird das wahrscheinliche Ergebnis der Rückzug der europäischen Militär- und Entwicklungshilfe (wenn nicht sogar der humanitären Hilfe) und die Fortsetzung der ECOWAS-Sanktionen sein, die Niger wahrscheinlich mehr schaden als Mali und das Leiden der nigrischen Bevölkerung noch vergrößern", sagt Idrissa, der abschließend auch an zwei weitere Aspekt erinnert: "Die Haltung der Amerikaner, die ihre Basen in der Wüste behalten wollen, und die der Russen, falls die Junta beschließen sollte, sie unter dem Deckmantel der Wagner-Gruppe nach Niger einzuladen".
(L.M.) (Fides 9/8/2023)