ASIEN/NAHER OSTEN - Ökumenischer Gedenktag soll künftig an Entführte und Vermisste erinnern

Samstag, 15 April 2023 mittlerer osten   ostkirchen   Ökumene   krisengebiete   entführungen  

mecc.org

Aleppo (Fides) - Ab dem kommenden Jahr werden die Kirchen des Nahen Ostens jeden 22. April den einen ökumenischen Tag für Entführte und Vermisste ("Ecumenical Day for the Abducted and the Forcibly Absented”) begehen. Die vom Rat der Kirchen des Nahen Ostens (MECC) auf den Weg gebrachte Initiative wird am Montag, den 24. April, im Rahmen des Gedenkens zum zehnten Jahrestag des Verschwindens der beiden Erzbischöfe von Aleppo, des griechisch-orthodoxen Boulos Yazigi und des syrisch-orthodoxen Mar Gregorios Yohanna Ibrahim, die am 22. April 2013 auf mysteriöse Weise verschwunden sind, präsentiert werden.
Im Rahmen eines Studienseminars, das anlässlich des zehnten Jahrestages des Verschwindens der beiden Bischöfe organisiert wird, steht unter der Schirmherrschaft von Yohanna X., dem griechisch-orthodoxen Patriarchen von Antiochien (leiblicher Bruder des verstorbenen Metropoliten Boulos Yazigi und derzeitiger Präsident des MECC) und von Mor Ignatius Aphrem II. Am Ende der Veranstaltung soll die Erklärung verlesen, mit der der 22. April zum "Ökumenischen Tag für Entführte und Vermisste" ausgerufen wird.
Das Studienseminar - so das vom MECC veröffentlichte Programm - beginnt mit einem gemeinsamen Kommuniqué des griechisch-orthodoxen und des syrisch-orthodoxen Patriarchats von Antiochien, gefolgt von einer Reihe von Rednern und Videobotschaften. Abschließend werden sich der Patriarchen Yohanna X. und Mor Ignatius Aphrem II. jeweils mit einer Videobotschaften an die Teilnehmer wenden.
Das Verschwinden der beiden Erzbischöfe von Aleppo, die auf dem Höhepunkt des syrischen Bürgerkriegs verschleppt wurden, ist eines der bekanntesten Ereignisse dieser Art, die den Weg der einheimischen Kirchengemeinschaften in Syrien in den letzten Jahren seit der Zeit der apostolischen Verkündigung geprägt haben.
Die beiden Erzbischöfe von Aleppo wurden in der Gegend zwischen der syrischen Metropole und der türkischen Grenze entführt. Das Auto, in dem die beiden Bischöfe unterwegs waren, wurde von der Gruppe der Entführer blockiert, und der Fahrer - der Katholik Fatha' Allah Kabboud, Vater von drei Kindern - wurde in den Kopf geschossen. Zu der Entführung hat sich nie irgendeine Gruppe bekannt und es gibt bis heute keine gesicherten Einzelheiten über die Gründe der Entführung und das Schicksal der beiden Geistlichen. Stattdessen gab es im Laufe der Jahre immer wieder Gerüchte und Nachrichtenmeldungen zu dem Fall, die sich später aber als falsch herausstellten.
Im August 2013 musste die Leitung der syrisch-orthodoxen Kirche ein Kommuniqué herausgeben, in dem sie die von einigen lokalen Medien verbreiteten Unterstellungen, wonach mögliche innerkirchliche Rivalitäten und Neid zu den Ursachen der Entführung gehörten, entschieden zurückwies. Sechs Monate nach der Entführung (siehe Fides 30/10/2013) ging General Abbas Ibrahim, Chef der libanesischen Sicherheitsbehörde, so weit, zu erklären, dass der Ort, an dem die beiden entführten Bischöfe festgehalten wurden, identifiziert worden sei und "indirekte Kontakte" mit den Entführern aufgenommen worden seien, um ihre Freilassung zu erreichen. Auch auf diese angeblichen Enthüllungen folgten später keine konkreten Beweise.
Im Januar 2020 (siehe Fides 15/1/2020) enthüllte eine von einem Untersuchungsteam unter der Leitung von Mansur Salib, einem in den USA lebenden syrischen Forscher, durchgeführte und über die digitale Plattform medium.com verbreitete Recherche eine Rekonstruktion des Falles, wonach die beiden Erzbischöfe von Kämpfern von Nour al-Din al-Zenki, einer unabhängigen Gruppe, die in den syrischen Konflikt verwickelt ist und während des Konflikts sowohl von Saudi-Arabien als auch den USA finanziert und bewaffnet wurde, entführt und dann getötet wurden.
Nach Angaben der Autoren der Recherche sollen die beiden Erzbischöfe von Aleppo am 22. April 2013 an verlassen haben, der vom Fahrer Fatha 'Allah Kabboud gesteuert wurde, um gemeinsam die Freilassung des armenisch-katholische Priester Michael Kayyal und der griechisch-orthodoxe Geistliche Maher Mahfouz zu erwirken, die zuvor von Anti-Assad-Rebellen entführt worden, die damals die Gebiete östlich der syrischen Metropole Aleppo kontrollierten.
Wie aus der auf medium.com veröffentlichten Untersuchung hervorging soll auch der türkische Geheimdienst (MIT) an der Entführung beteiligt gewesen sein. Die Recherche basiert auf bereits bekannte Nachrichten, enthält aber auch Annahmen, die ohne objektive Erkenntnisse aufgestellt wurden. Im letzten Teil der Untersuchung wird behauptet, die beiden Bischöfe seien im Dezember 2016 an einem nicht näher bezeichneten Ort getötet und begraben worden, während Gebiete östlich von Aleppo von der syrischen Armee zurückerobert wurden.
Am 20. Januar 2020 teilten das griechisch-orthodoxe und das syrisch-orthodoxe Patriarchat von Antiochien in einem gemeinsamen Kommuniqué in den sozialen Medien mit, dass sie nicht in der Lage seien, die "beunruhigenden Rekonstruktionen" zu bestätigen oder zu dementieren, die um das Verschwinden der beiden Metropoliten von Aleppo kursieren, und bezeichneten diese Rekonstruktionen als Initiativen, die "völlig unabhängig von unseren Bemühungen um die Suche nach unseren beiden vermissten Erzbischöfen" seien.
(GV) (Fides 15/4/2023)


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