AMERIKA/BRASILIEN - Stichwahl: Bischöfe bedauern Instrumentalisierung der Religion im Wahlkampf

Mittwoch, 12 Oktober 2022 wahlen   katholische kirche  

Brasilia (Agenzia Fides) - "Wir bedauern, dass im derzeitigen Wahlkampf der Glaube und die Religion verstärkt als Mittel zum Stimmenfang im zweiten Wahlgang genutzt werden", so der Vorsitzende der brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB) am 11. Oktober in einer offiziellen Erklärung im Hinblick auf die Stichwahl am kommenden 30. Oktober.
Am vergangenen 2. Oktober fanden in Brasilien Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt, bei denen auch die 27 Gouverneure des Landes gewählt wurden. Doch im Mittelpunkt des stark polarisierten Wahlkampfs stand vor allem die Wahl des neuen Präsidenten. Unter den 12 Kandidaten standen sich als Favoriten insbesondere der scheidende Präsident Jair Bolsonaro von der extremen Rechten und Luiz Inácio Lula da Silva, allen als "Lula" bekannt, jahrzehntelang der Anführer der Linken, der bereits von 2003 bis 2011 als Präsident amtierte, gegenüber (vgl. Fides 15/9/2022). Keiner der beiden Kandidaten konnte jedoch die für einen Sieg im ersten Wahlgang erforderlichen 50 % der Stimmen auf sich vereinen: Luiz Inácio Lula da Silva erhielt 48,43 % der Stimmen und Jair Bolsonaro 43,20 %. Nach den geltenden Wahlvorschriften wird der zweite Wahlgang daher am 30. Oktober stattfinden.
"Insbesondere dürfen religiöse Argumente nicht von den Kandidaten genutzt werden, wenn diese über ihre Wahlprogramme und andere Themen im Zusammenhang mit den Wahlen sprechen", betont die Bischofskonferenz Brasiliens in ihrem Statement. "Religiöse Manipulationen verzerren immer die eigentlichen Werte des Evangeliums und lenken von den wirklichen Problemen ab, die in unserem Brasilien diskutiert und angegangen werden müssen", so die Bischöfe.
Im Schlussteil des Textes wird bekräftigt, dass "die Bischofskonferenz die Instrumentalisierung der Religion durch alle Kandidaten im Wahlkampf auf das Schärfste verurteilt". Die Bischöfe fordern deshalb alle Bürger auf, "diesen Moment zum Anlass zu nehmen, um nachzudenken und Initiativen auf den Weg zu bringen, die die Würde der menschlichen Person und die Suche nach einem gerechteren, brüderlicheren und geeinten Land in den Mittelpunkt stellen".
Vor diesem Hintergrund äußert sich auch Erzbischof Orlando Brandes von Aparecida mit Blick auf das Fest Unserer Lieben Frau von Aparecida, Königin und Schutzpatronin Brasiliens, das im Marienheiligtum in Aparecida stattfindet und von Tausenden von Gläubigen besucht wird, die dort die Gottesmutter vor allem am 12. Oktober verehren. Der Erzbischof äußerte sich insbesondere zum angekündigten Besuch des scheidenden Präsidenten der Republik Jair Bolsonaro. Dem Statement zufolge wird das Heiligtum wie in den vergangenen Jahren den Besuch des amtierenden Staatsoberhauptes ermöglichen und gleichzeitig versuchen, den üblichen Besuch der Pilger zu gewährleisten.
In der Erklärung wird jedoch auch klargestellt, dass die Teilnahme von Jair Bolsonaro am Rosenkranzgebet, das in der Stadt Aparecida stattfinden wird, nicht Teil der offiziellen Feierlichkeiten ist, die unter der Aufsicht des Erzbischofs von Aparecida organisiert werden. „Die Initiative geht von einer unabhängigen Gruppe aus, die in keiner Beziehung zum Nationalheiligtum und dem offiziellen Programm für diesen Tag steht".
(SL) (Fides 12/10/2022)


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