ASIEN/LIBANON - Maronitischer Patriarch: Biden soll libanesische “Neutralität“ unterstützen

Montag, 25 Januar 2021 mittlerer osten   ostkirchen   geopolitik   krisengebiete  

Bkerkè (Fides) - Der neue US-Präsident Joe Biden könne einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, den Libanon von Konflikten im Nahen Osten fernzuhalten, wenn er nach dem Motto der libanesischen „Neutralität" handle und es vermeidet, den Libanon im Kontext der Bündnisse mit der einen oder anderen regionalen Macht zu sehen, die im Nahen Osten um die Hegemonie konkurrieren. Dies betont der maronitische Patriarch Bechara Boutros Rai am Ende seiner Predigt beim Gottesdienst im Patriarchat in Bkerkè am Sonntag, dem 24. Januar. Der libanesische Kardinal gratulierte Biden zu seiner Vereidigung als Präsident und appellierte an den katholischen Glauben des neuen US-Präsidenten und sein Engagement für spirituelle Werte, in der Hoffnung, dass seine Regierung "die Libanon-Frage mit diesem Blick betrachtet“, der dabei behilflich sei, es von territorialen Konflikten fernzuhalten, und das Projekt der Neutralität unterstützen, um Stabilität und Wohlstand wiederherzustellen. “
In seiner Predigt bekräftigte der maronitische Patriarch erneut auch seinen Appell an die libanesischen Politiker, die seiner Meinung nach für eine politische Pattsituation verantwortlich sind, die zu einer schweren Wirtschafts-, Sozial- und Gesundheitskrise im Libanon geführt hat: „Wie kann man keine Regierung bilden!“, empört sich der Patriarch und wandte sich dabei an die politischen Verantwortlichen: „Während die Menschen vor Schmerz klagen, hungern und an Armut und Krankheit sterben? (…). Wie kann man keine Regierung bilden, während die Leute vor den Banken stehen und erfolglos darum flehen, ihr Geld abheben zu können?“
„Wie kann man keine Regierung bilden, während die Grenzen ungeschützt sind, der Schmuggel weit verbreitet ist, die nationale Souveränität gefährdet ist, die Unabhängigkeit ausgesetzt ist und die Korruption weit verbreitet ist?“, so der Kardinal weiter, „Wie kann man keine Regierung bilden, wenn mehr als die Hälfte der Bevölkerung arbeitslos ist und unterhalb der Armutsgrenze lebt? (…) Habt ihr keine Furcht vor Gott, vor dem Volk, vor dem Gewissen und dem Urteil der Geschichte?".
Die letzte im Amt befindliche libanesische Regierung unter Vorsitz von Ministerpräsident Hassan Diab fiel nach den Protesten nach den Explosionen im Hafen von Beirut am 4. August 2020. Der sunnitische Politiker Saad Hariri, Vorsitzender der "Zukunft"-Partei wurde am 22. Oktober 2020 mit der Bildung einer neue Regierung beauftragt, konnte aber das neue Kabinett nicht zuletzt, auch aufgrund der institutionellen Spannungen, die zwischen dem zuständigen Ministerpräsidenten und Präsident Michel Aoun um die Liste der Minister, die das Regierungsteam bilden sollten, entstanden sind, noch nicht ernennen. Druck im Hinblick auf die Regierung und das politische Profil der neuen Exekutive kommt zudem auch aus dem Ausland.
(GV) (Fides 25/1/2021)


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