Doha (Fides) - „In Doha haben in den letzten Tagen zwei Treffen stattgefunden. Bei dem ersten ging es um interne Fragen und es traf sich eine Taliban-Delegation mit Vertreter der afghanischen Gesellschaft und Regierung, die privat an der Veranstaltung teilnahmen. Bei dem zweiten handelte es sich um die siebte Gesprächsrunde zwischen der Taliban-Delegation und dem Gesandten des US-amerikanischen Präsidenten, Zalmay Khalilzad. Dieser bekräftigte, dass diese letzte Verhandlungsrunde besonders produktiv gewesen sein soll. Aus den durchgesickerten Notizen und Kommentaren einiger Teilnehmer geht in der Tat hervor, dass die Taliban nun bereit sein sollen, einen für Khalilzad grundlegenden Punkt zu akzeptieren und zwar dass es sich bei dem Abkommen um ein umfassendes Vier-Punkte-Paket handeln soll: Abzug der amerikanischen Truppen, Garantie von Seiten der Taliban, dass das Land kein Rückzugsort für internationale Terroristen sein wird, und die besonders umstrittenen Punkte eines Waffenstillstands und des Beginns eines Dialogs mit der afghanischen Regierung", so der italienische Journalist und Wissenschaftler Giuliano Battiston zu den Ergebnissen der jüngsten Friedensverhandlungen für Afghjanistan, die in Katar zwischen Ende Juni und Anfang Juli, stattfanden.
Die Dialogbereitschaft der fundamentalistischen Bewegung ist ein wichtiger Fortschritt: "Bis vor kurzem behaupteten die Taliban, sie würden nicht mit der Regierung in Kabul sprechen, die als illegitim betrachten, weil sie die ‚Marionette‘ der Amerikaner sei. In jüngster Zeit haben sie jedoch damit begonnen, eine gewisse Bereitschaft zu zeigen, jedoch erst, nachdem die Amerikaner die Truppenabzugsagenda festgelegt hatten. Dies ist der wichtigste Punkt für die Taliban, denn der Hauptgrund für deren Mobilisierung von Ressourcen und Kämpfern in den vergangenen Jahren war die Befreiung Afghanistans von Besatzungstruppen ist", Battiston.
Es scheint jedoch, dass die Voraussetzung für Annahme der vier Punkte des Abkommens die im Abschlussdokument des innerafghanischen Treffens festgelegte "Institutionalisierung des islamischen Systems" ist. Dies könnte eine Rückkehr in die Vergangenheit befürchten lassen. In diesem Zusammenhang erklärt Battiston: "Die Regierungsunterstützer haben gute Gründe für das Argument, dass die derzeitige institutionelle Architektur der Republik Afghanistan, ein fairer Kompromiss zwischen den Institutionen einer liberalen Demokratie und der Achtung der islamischen Werte ist. Aber die Taliban wollen in diesem Punkt einen Sieg nach Hause bringen, auch wenn es nur ein symbolischer ist, weshalb sie lange darauf bestanden, dass die Verfassung reformiert werden muss. Sollte dieses stattfinden, hängt alles davon ab, wie die neue Verfassung aussehen wird: denn, diese Reform kann nach den in der Verfassung und ganz allgemein nach afghanischem Recht festgelegten Mechanismen durchgeführt werden, oder aber auf der Grundlage von ‚politischen‘ Aktionen, die den Forderungen der Taliban entsprechen. In Wirklichkeit wissen diese selbst nicht, was sie wollen und welche institutionelle Architektur sie aufbauen wollen. Sie wissen aber, dass das Islamische Emirat Afghanistan der neunziger Jahre, so nicht mehr in Frage kommt, weil die Gesellschaft sich verändert hat und die Erwartungen andere sind.“
Am Vorabend hatte der Leiter der Missio sui iuris Afghanistan, Pater Giovanni Scalese, die Verhandlungen dem Heiligen Herzen Jesu anvertraut: "Wir glauben fest daran, dass Jesus Christus der Herr und König des Universums ist, der will über alle Völker herrschen will. Und sein Reich ist ‚ein Reich der Wahrheit und des Lebens, ein Reich der Heiligkeit und Gnade, ein Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens‘. Wir beten zum göttlichen Herzen, damit es für unser das Heil erwirken möge."
(LF) (Fides, 12/07/2019)