Multan (Fidesdienst) – Eine offiziellen Anzeige wegen Blasphemie wurde bei der Polizei in Multan gegen insgesamt 222 schiitische Muslime erstattet, von den 72 namentlich genannt und 150 nicht identifiziert sind. Die anzeige wurde von sunnitischen Gruppen nach einer Schlägerei erstattet, zu der es gestern in Multan am Rande einer schiitischen Prozession zum „Ashura“-Fest gekommen war. Wie Beobachter dem Fidesdienst berichten, kam es zu Ausschreitungen, nachdem gewaltbereite Sunniten von der extremistischen „Sipah-i-Shaba“-Gruppe versuchten die Prozession aufzuhalten oder umzuleiten, da ein Teil des Weges angeblich nicht genehmigt war. Die Schiiten sollen in diesem Zusammenhang Steine auf ein Spruchband geworfen haben, auf dem der Name des Propheten Mohammeds geschrieben war und sich deshalb der Blasphemie schuldig gemacht haben. Vertreter der schiitischen Glaubensgemeinschaft, darunter Fazal Shah und Ali Hussain Shah, dementierten dies. Nach Ansicht der Beobachter kam es hier, wie in vielen anderen Fällen zu einer Instrumentalisierung des Blasphemieparagraphen, deren Opfer nicht nur christliche oder andere Minderheiten sondern auch muslimische Bürger werden.
„Der Missbrauch des Gesetzes führt immer wieder zu Streitigkeiten und Uneinigkeit in der pakistanischen Gesellschaft“, so Prof. Mobeen Shahid, als pakistanischer Staatsbürger die Situation in Pakistan gut kennt und an der Päpstlichen Lateran-Universität als Professor für „Muslimisches Gedankengut und Religion“ tätig ist und in kürze eine Studie zum Thema „das Blasphemiegesetz und die Islamische Republik Pakistan“ veröffentlichen wird, die er zusammen mit N. Daniel vom Institut für Politische Studien Pio V herausgibt und die dem Europaparlament und dem Büro der Vereinten Nationen in Genf vorgelegt werden soll.
Nach Ansicht von Professor Mobeen „wäre die Abschaffung des Blasphemieparagraphen in Pakistan mit Bezug auf die Universale Menschenrechtserklärung und die Kairoer Erklärung der Menschenrechte des Islam möglich“. Aus diesem Grund „muss die Zustimmung der Bevölkerung und eine Debatte im pakistanischen Parlament gefördert werden“. Zustimmung in der Bevölkerung sei jedoch erst durch eine Reform des Bildungswesens von der Grundschule bis zur Universität möglich „die die beiden Menschenrechtserklärungen reflektiert“: ein solcher Ansatz würde einen radikalen Wandel in der Gesellschaft herbeiführen „und damit langfristig auch zur Abschaffung des Blasphemieparagraphen führen“. (PA) (Fidesdienst, 28/11/2012)