AFRIKA/ÄGYPTEN - Islamische Bewegungen verzeichnen große Wahlerfolge: ein Missionar kommentiert

Mittwoch, 7 Dezember 2011

Kairo (Fidesdienst) – „Bei der ersten Wahlrunde gab es zwei große Überraschungen: der hohe Stimmenanteil und Sieg der Muslimbrüder und die Wahlerfolge der salafistischen Bewegungen“, so der Comboni Missionar P. Luciano Verdoscia zum Fidesdienst in einem Kommentar zu den Ergebnissen der ersten Wahlrunde bei der Parlamentswahl vom 29. November und vom 5. Dezember. Die Liste „Freiheit und Gerechtigkeit (Muslimbrüder) erhielt 36,2% der Stimmen und die Partei „El-Nour“ (Salafisten) 24,6%. Hinzu kam die Partei „Wasat“ (gemäßigte Muslime) mit 4,27%. Ein Wahlbündnis mit 15 liberalen Parteien erhielt 13,35% der Stimmen.
„Am Vorabend der Wahl hatten alle Beobachter den Sieg der Muslimbrüder vorhergesagt, doch nur wenige hatten sich einen so großen Stimmenanteil erwartet“, so P. Luciano. „Was die Salafisten anbelangt, so haben diese Gruppen viel Werbung in den ärmeren Stadtvierteln gemacht, aber auch die Stimmen bestimmter Berufsgruppen erhalten (Ärzte, Anwälte, Ingenieure), die zwar gebildet sind, ihre eigene Kultur aber trotzdem über den Islam definieren“.
Bei der Stichwahl am 5. Dezember kam es zu Zusammenstößen zwischen Muslimbrüdern und Salafisten. P. Luciano nennt die Unterschieden zwischen beiden Gruppen: „Der Unterschied zwischen den Muslimbrüdern und den Salafisten besteht hauptsächlich darin, dass Letztere die Ideologie der saudischen Wahabiten vertreten. Einige ihrer Vertreter haben Erklärungen abgegeben, die unter den Ägyptern zu Empörung führen, wie zum Beispiel, dass für Frauen das Autofahren verboten sein soll. Die Partei der Muslimbrüder basiert zwar auf den Werten des Islam erklärte aber, man werde die Freiheit aller respektieren. Es muss jedoch genau verstanden werden, was sie unter Freiheit verstehen“, so der Missionar. „Wir sollten verstehen, dass in der ägyptischen Gesellschaft einige Probleme, die man nach westlicher Auffassung in die Sphäre der individuellen Freiheit einordnen würde, hier Teil der gesellschaftlichen Sphäre sind. Dazu gehört zum Beispiel Sexualität: im Westen handelt es sich dabei um eine persönliche Angelegenheit, hier ist es, vor allem was Frauen anbelangt eine gesellschaftliche Angelegenheit, die zum Beispiel die Ehre der Familie betrifft….“
Abschließend würdigt der Missionar die Position des Großimam der Al Azar-Moschee, der betonte, dass islamische Parteien sich der Politik widmen und die religiöse Sphäre ihm überlassen sollten. „Dies ist interessant, auch weil dies auch die Ägypter so sehen. Doch wie werden abwarten müssen, wie sich die Dinge entwickeln“, so der Missionar. (LM) (Fidesdienst, 07/12/2011)


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